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Schwester mit "Wir-Syndrom"


Autor: Björn Hein

Bad Bocklet, Dienstag, 06. August 2013

Gertrud Kutzberger und Dieter Fraunholz verbreiten nicht nur Spaß, sie haben in ihren Rollen auch selbst welchen.
Der Patient (Dieter Fraunholz) leidet sichtlich unter dem "Wir-Syndrom" der Krankenschwester (Gertrud Kutzberger). Fotos: Björn Hein


"Aus dem Leben gegriffen" waren die Sketche, die die Nürnberger Oldiekiste bei einem Gastauftritt in Bad Bocklet zum besten gab. Ob nun die ewig nörgelnde Ehefrau, der ach-so-gebildete Ehemann oder die berühmte Krankenschwester, die am "Wir-Syndrom" leidet - die verschiedensten Charaktere, denen man im Leben so begegnet wurden treffend aufs Korn genommen, was die Zuschauer sehr amüsierte. Gertrud Kutzberger und Dieter Fraunholz gingen ganz in ihren Rollen auf und man merkte, dass beide mit sehr viel Spaß bei der Sache waren. Dabei verfügen beide über langjährige Schauspielerfahrungen: Kutzberger spielt seit fast 25 Jahren und besetzt im Staatstheater in Nürnberg während der Kammerspiele größere Rollen. Ungleich länger auf den Brettern, die die Welt bedeuten ist Dieter Fraunholz: "Ich spiele seit 40 Jahren Theater. In meinem Berufsleben war ich nämlich Handelsvertreter", meinte der sympathische Schauspieler als er sich und seine Partnerin vorstellte. Natürlich hatte er auch da die Lacher auf seiner Seite. Fraunholz ist seit 2004 Mitglied im Ensemble, seit 2007 leitet er es.
Beide nehmen sich nicht allzu ernst, was die beste Voraussetzung dafür ist, dass die Sketche gelingen. Die Rollen waren den beiden auf den Leib geschneidert und sie verstanden es, die Stücke mit sehr viel Persönlichkeit umzusetzen. Man merkte den beiden den "typisch fränkischem Humor" an, als sie auf der Bühne ihr Bestes gaben.

Lätscherter Mann

Besonders die Sketche, in denen die beiden als Ehepaar auftraten, waren sehenswert. Auch zwischen den einzelnen Stücken wirkten beide manchmal, als seien sie ein Ehepaar, das schon ein paar Jahre zu lange miteinander verheiratet ist. Selten kann man erleben, dass Schauspieler so in ihrer Rolle aufgehen.
"Uns macht es einfach Spaß auf der Bühne zu stehen und die Leute zum Lachen zu bringen", merkte Dieter Fraunholz an. Und die Sketche waren wirklich sehenswert. Von Solostücken wie dem romantisch und leicht melancholischen Gedicht "Im Wandel der Zeit", mit der Gertrud Kutzberger den Besuchern aus der Seele sprach über "Das Burle", in dem Fraunholz den schmarotzenden Sohnemann mimte bis hin zu den berühmten Eheszenen reichte die Palette.
Dass auch ein "lätscherter, langweiliger Mann" die Frau fürs Leben finden kann, zeigte das Stück "Der Partnertest", bei dem "Schläfst Du schon?" wurden die Sorgen eines ohnehin gequälten Ehemanns noch gesteigert.
Über die geliebte Stadtwurst wurde in einem anderen Sketch trefflich schwadroniert. Im Stück "Der Besuch" zeigte sich, in welche Nöte man kommt, wenn die reiche Erbtante zu Besuch kommen will, man aber die traute Zweisamkeit nur ungern teilen möchte. Dass man auch als noch so gerissener Finanzamtsbetrüger am Ende der Gelackmeierte sein kann, kam im Sketch "Das Finanzamt" zum Ausdruck.

Schiller und Schaller

Höhepunkt des Abends war aber wohl der Sketch "Schiller und Schaller", bei dem die Zuschauer auf einen Parforceritt durch die deutsche Literatur mitgenommen wurde. Köstlich wusste Kutzberger die Rolle der einfältigen Passantin zu mimen, die mit Klassikern überhaupt nicht vertraut ist. Ob nun Schiller die Jungfrau von Orleans nun tatsächlich auf dem Schreibtisch von Schaller bearbeitete, während Wilhelm Tell hinter einem Busch abdrückte, als er den Hut vom Landvogt Gessler auf einer Stange in einer hohlen Gasse sah, kann natürlich schlussendlich nicht beantwortet werden. Sicher ist nur, dass der "Götz von Berchtesgaden" der "Götz von Berlichingen" ist und nicht von Schiller, sondern von Goethe verfasst wurde. Gleichwohl war das Publikum begeistert und zeigte dies mit großem Applaus am Ende der Darbietung.