"Schwer, den Fuß in die Tür zu bringen"
Autor: Edgar Bartl
Bad Kissingen, Dienstag, 06. Oktober 2015
Der Strom der Flüchtlinge reißt nicht ab. Es wird immer schwerer, sie menschenwürdig unterzubringen. Bernhard Pammer und Alfred Konnerth haben eine Notunterkunft entwickelt, die dafür bestens geeignet ist. Aber niemand will sie haben.
Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Diese Erfahrung machen gerade Bernhard Pammer (Werneck) und Alfred Konnerth (Mainbernheim). Eine von ihnen erfundene Unterkunft für Not- und Katastrophenfälle bietet gegenüber den bislang oft genutzten Massenquartieren in großen Zelten und Turnhallen überragende Vorteile. Dennoch haben sie bislang niemanden gefunden, der die Häuser, die nach einem durchdachten Baukastenprinzip entstehen, einsetzen will.
Eine
Erklärung haben sie dafür nicht wirklich. Petra Ziegler, die sie in Sachen Marketing unterstützt, sagte es so: "Es ist schwer, den Fuß in die Tür zu bringen". Die Entscheider gingen lieber auf den eingefahrenen Wegen. Man habe sich an potentielle Nutzer auf allen Ebenen gewandt und oft gehört, "wir sind nicht zuständig, wir kaufen nicht ein". Es gebe da wohl eine gewisse "Schwerfälligkeit", beklagt Bernhard Pammer.
Tauglichkeit längst bewiesen
Dabei haben die Notunterkünfte längst ihre Tauglichkeit bewährt. Der Prototyp - noch aus Dachlatten und Spezialkarton - trotzt seit über einem Jahr der Witterung. Regen und Wind, Schnee und Sonne haben ihm nicht zusetzen können. Er könnte sofort genutzt werden, so gut ist sein Zustand.Das Nachfolgemodell verbindet dessen Vorteile mit moderner Technik: Seine Wand-, Boden- und Dachelemente bestehen nicht mehr aus Karton, sondern sind in Sandwichbauweise aus dünnem, verzinktem Blech mit einem Kern aus Hartschaum gefertigt worden. Nach Angaben von Bernhard Pammer sind sie für den Außenbereich acht Zentimeter stark. Für innen genügen vier Zentimeter. Sie sind patentrechtlich geschützt.
Aufbau ist leicht und geht schnell
Ansonsten sind sie im Prinzip nicht anders als
die ersten Bauteile. Breite und Länge sind genormt. Der Aufbau ist einfach. Er ist auch von Laien leicht und schnell zu schaffen. Nut und Feder verbinden die Elemente. Profile und Verschraubungen gewährleisten Stabilität. Zum Schluss werden Türen und Fenster montiert. Die Bleibe ist warm, trocken, fast schon gemütlich und "mufft" nicht nach Zelt oder Nachbarn.Bernhard Pammer: "Das Haus kann mehrmals auf- und abgebaut, kann problemlos dem Bedarf angepasst werden." Verschiedene Größen und Konstellationen seien machbar. Es handele sich um eine feste Unterkunft mit senkrechten, 2,20 Meter hohen Wänden. Sie seien langlebig und böten dauerhaften Schutz vor jeder Witterung. Anders als bei Zelten und Hallen gebe es auch eine echte Privatsphäre.
Nicht billig, aber preiswert
Das hat allerdings auch seinen Preis.
Eine (leere) Unterkunft aus Latten und Karton für bis zu sechs Personen kostet nach Angaben von Bernhard Pammer rund 1800 bis 2000 Euro netto. Bei der Blech-/Dämmstoffkonstruktion seien die Produktionskosten fünf Mal höher bei unverändertem Aufwand für Transport und Aufbau. Grob und großzügig geschätzt 15 000 Euro brutto koste das voll ausgestattete und komplett eingerichtete Musterhaus, das auf einem ehemaligen US-Kasernengelände
steht.Das ist nicht billig, aber doch relativ preiswert. "Bei einer angenommenen Nutzungsdauer von fünf Jahren und Belegung mit sechs Personen betragen die Kosten weniger als 20 Cent pro Tag und Person", rechnet Pammer vor. Das sei weniger als bei einem Zelt.
Die Häuser könnten rechtzeitig zum bevorstehenden Winter einsatzbereit sein, so Pammer. Die Lieferzeit betrage nur zwei Wochen. Die Hersteller "machen auch Sonderschichten, wenn das notwendig sein sollte."
Ist es wohl nicht. Zur Vorstellung des weiterentwickelten Prototyps wurden nach Angaben von Petra Ziegler mehr als 400 Einladungen an Empfänger auf allen politischen Ebenen versandt. Zwei hätten Interesse gezeigt.
Info
Baukastensystem Einfach Notunterkünfte von Pammer und Konnerth, die über die Raumikon
GmbH vertrieben werden sollen, funktionieren ähnlich wie ein Baukasten. Die genormten Elemente sind leicht zu handhaben, müssen nur ineinander gesteckt und dann mit baugleichen Boden- und Deckenteilen verschraubt werden. Das geht schnell und ist auch von Laien zu schaffen.Vorteile Die Notunterkünfte sind weltweit bei fast allen klimatischen Bedingungen einsetzbar. Sie sind langlebig und flexibel. Gebäude von 24 Quadratmetern bis zum Vielfachen davon und in beliebigen Varianten sind möglich. Werden sie nicht mehr gebraucht, werden sie einfach abgebaut und eingelagert. Auch das ist kein Problem.
Bedarf Vermutlich reißt der Strom der Flüchtlinge vorerst nicht ab. Weltweit sind nach Angaben der UN-Organisation UNHCR über 50 Millionen Menschen betroffen. Täglich kommen immer noch mehrere tausend Menschen nach Deutschland. Schon jetzt wird ihre Unterbringung immer schwieriger. In den Massenquartieren bleiben Aggressionen und Reibereien nicht aus, es kam sogar schon zu handgreiflichen Auseinandersetzungen.
Informationen und Ansprechpartner unter www.raumikon.de