Schüler von heute testen den 30 Jahre alten C64
Autor: Arkadius Guzy
, Dienstag, 02. Oktober 2012
Der Commodore C64 wird 30. Kann der Computer auch die heutige Generation noch begeistern? Wir nehmen Schüler mit auf eine Reise zu klobigen Männchen und zu Jugenderinnerungen älterer Spieler.
"Süß", sagt eine Schülerin. Timo Hesselbach erinnert sich, die gedrungen geformte Tastatur schon einmal irgendwo in der Verwandtschaft gesehen zu haben. Ansonsten fällt den 13- bis 15-jährigen Realschülern der Klasse 8b aber nicht viel zu dem Gerät ein. Dabei wurde der Commodore C64 millionenfach verkauft. Er war der Heimcomputer der 80er Jahre und noch zu Beginn der 90er eine beliebte Spieleplattform, bis er jäh vom Markt verschwand.
René Keller setzt sich an den Joystick. Der erste Level von "Loderunner" baut sich auf dem Fernsehschirm auf. René steuert ein Strichmännchen über Plattformen, lässt es Löcher in den Boden schießen und Leitern emporklettern. "Das Spiel ist zwar simpel, aber es macht Spaß", sagt er.
René spielt zu Hause Playstation. Die Klötzchengrafik von "Loderunner" kann sich natürlich nicht mit dem optischen Bombast heutiger Spiele messen. Sie hat aber ihren eigenen Charme, der auch die Mitschüler aus der Informatikklasse 8b neugierig auf das Spielgefühl am C64 macht. Bei einem seiner Playstation-Spiele, erklärt René, habe er die Steuerung erst üben müssen. Mit seinem "Loderunner" weiß er auf Anhieb, wie er den feindlichen Strichmännchen auszuweichen muss.
Jedes Mal ein Neustart
An der Playstation tritt René häufig gegen andere Gegner online an. Zu zweit wollen auch die Schüler am C64 spielen. Was wäre da besser geeignet als "Summer Games"? Der Power-Knopf des C64 wird ein- und ausgeschaltet. "Loderunner" verschwindet vom Fernsehschirm, dafür erscheint das blaue Startbild des C 64 Basic-Betriebssystems. "Muss man den Computer jedes Mal ausschalten, wenn man was Neues laden möchte?", fragt Timo Hesselbach. Ja, so wird der Arbeitsspeicher wieder geleert und alles wieder auf Anfang gesetzt.
Eine andere 5,25 Zoll große Diskette wird in das Laufwerk geschoben. Der C64 hat keine Festplatte oder sonst einen internen Massenspeicher. Michael Hufnagel meint: "Die Disketten waren sicher empfindlich." IT-Lehrerin Anita Helle erklärt den Schülern, dass Floppy-Disks mit Vorsicht behandelt werden wollten. So mussten sie vor allem vor magnetischen Einflüssen geschützt werden.
Surren und Grunzen
Währenddessen wird ein Befehl in den C64 getippt: LOAD"*", Generationen hat sich das Start-Kommando für den Lade-Vorgang so tief eingeprägt, dass sie es bis heute nicht vergessen haben. READY teilt der C64 kurz darauf mit. Das wird mit RUN quittiert, um den Bits und Bytes Beine zu machen. Das Lämpchen am Laufwerk zeigt, dass die Magnetscheibe der Diskette gelesen wird. Die Mechanik surrt. Aus dem Plastikgehäuse kommt ab und zu ein grunzendes Geräusch. Das Laden des Spiels in den Arbeitsspeicher dauert mehr als eine Minute. Doch endlich erschein das Intro und danach das Auswahlmenü des Games.
Timo setzt sich neben René an den zweiten Joystick. Der eine tritt unter der Fahne der UdSSR, der andere für "W. Germany" bei den "Summer Games" an. Zwei klobige Männchen gehen beim Staffellauf an die Startlinie.
Der Schuss ertönt, die Uhr läuft: Timo und René drücken die Joysticks kräftig nach rechts und dann wieder nach links. Die Steuerung ist erneut simpel: Rechts, links, rechts, links. Wenn der Rhythmus stimmt, flitzt der Läufer über die gelbe Bahn: So spielte man in den 80er Jahren nach der Schule mit den Kumpels. Joysticks und Handgelenke kamen dabei an ihre Schmerzgrenze. Spiele wie "Summer Games" waren dafür berühmt.