Rhöner Narren auf den Straßen
Autor: Johannes Schlereth,Charlotte Wittnebel-Schmitz
Waldfenster, Montag, 24. Februar 2020
Rosenmontag ist nicht nur in Köln der wichtigste Tag der fünften Jahreszeit, sondern auch in der Rhön. Das zeigte sich bei den Umzügen in Stangenroth und Waldfenster.
Schlechtes Wetter kennen die Rhöner Fosenöchter nicht. Das zeigte sich bei den Rosenmontagszügen in Stangenroth und Waldfenster. Trotz des Dauerregens tummelten sich zahlreiche Kostümierte am Straßenrand.
"Wir haben zwölf Wagen, acht Fußgruppen und eine Musikkapelle", sagt Sebastian Schlereth, einer der Organisatoren des Waldfensterer Umzugs. "Das ist fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr." Was ihm bei der Einweisung der Wagen und Gruppen besonders ins Auge stach: "Es sind unheimlich viele Mottowagen und Fußgruppen." Darunter Politische, die kommunale Probleme thematisierten wie die Waldfensterer Kirche, die bevorstehende Wahl oder das Stralsbacher Kanalproblem - aber auch unpolitische, die sich als Sandmännchen verkleideten.
Andere Zugteilnehmer beschäftigten sich mit dem Klimawandel. Darunter etwa ein Wagen aus Nüdlingen. Ihr Motto: "In der Rhön wird's nimmer weiß, wir feiern trotzdem heiß". Auf ihrer Almhütte hatten die Nüdlinger um Hüttenwirt Stefan Schulz alles Erdenkliche dabei, um dem Motto gerecht zu werden. Selbst ein Grill durfte nicht fehlen. "Heute sind wir etwas weniger auf dem Wagen - normalerweise sind wir circa 20 Leute", sagte der Alm-Wirt. Die etwa 20 Kilometer Anreise nahmen sie stoisch auf sich: "Das geht schon - immerhin sind wir mit Tempo 25 unterwegs."
Mancher Zugbesucher war der Meinung statt in Waldfenster in einem anderen Ortsteil zu sein. Zu ähnlich sah der Waldfensterer Wahlbalkon dem Rathaus in Burkardroth. Von hoch oben buhlte dort ein als Frank Heckelmann kostümierter Einwohner um Wählerstimmen. Die bevorstehende Wahl griffen die Stralsbacher ebenfalls auf. Allerdings scheint in dem Ort noch Unklarheit über den Wahlausgang zu herrschen, fragten sie sich doch: "Wer wird unser neuer Baron und besteigt nach Bug den schuldenfreien goldenen Thron?" Andere Stralsbacher verfielen zurück ins Mittelalter - schuld war nicht die problematische Abwasserleitung sondern die Krönung eines Stroalsbicher Prinzen - und einer Prinzessin. Andere Stralsbacher fanden sich mit RTL im Dschungelcamp wieder und wetterten gegen den Quotenwahn während der Buschfeuer an.
Lokaler war der von Franz Vorndran gestaltete Wagen - die Waldfensterer Kirche. Laut den Narren bekomme die Kirche mehr Spitzgiebel als der Kölner Dom und habe eine optische Ähnlichkeit mit einem Taubenschlag. Die Vermutung der Jecken: Der Architekt sei Vorsitzender im Taubenzuchtverein. Das Thema "Bauen" griff auch eine Waldfensterer Fußgruppe auf. Sie sehnten sich nach neuem Baugrund im Ort. Weniger politisch waren da die Duracell-Häschen aus Waldfenster. Mit einem großen Akku auf dem Rücken hatte die Fußgruppe ausreichend Energie, um ausgiebig zu feiern. Die bunte Mischung fand sichtlich Anklang bei den Gästen am Straßenrand. "Bis auf das Wetter passt alles. Es ist immer wieder eine schöne Sache", sagte Christian Kleinhenz.
"Das Wetter passt perfekt", fand Michaela Nöth aus Langenleiten. Gemeinsam mit ihrem Freund Fabian Metz aus Stangenroth und Freunden kam ihnen die Idee zur Gestaltung des Wagens, als sie bei Sturm Sabine zusammensaßen. "Wir haben letzte Woche den Wagen gebaut und bemalt", sagte Metz. Auf ihren Wagen haben sie in Dialekt in bunten Lettern geschrieben: "Obacht Sabine woar doa, sieht me ja o'unner Hoar".
Die rund 20 Mädchen von der Gruppen "Prinzengarde" und "Hotten Hüs" tanzten bei strömenden Regen Gardetanz durch die Straßen Stangenroths, sie hatten sich über ihr Kostüm einen Regenschutz aus durchsichtigem Plastik gezogen. Lorena Beiersdörfer aus Stangenroth tanzt, seit sie fünf Jahre alt ist. "Wir trainieren jede Woche und sind jedes Jahr beim Umzug dabei", berichtet die 16-Jährige. Nicht alle Gruppen sind so hartgesotten.