Reichsbürger im Kreis KG: Kaum Gefahr, aber Ärger
Autor: Ralf Ruppert
Bad Kissingen, Mittwoch, 26. Oktober 2016
Die Bewegung hat in der Region Anhänger, aber die Justiz greift durch. Das Landratsamt prüft schon, ob es Waffen- und Kampfhundebesitzer in der Szene gibt.
Kommenden Samstag gedenken Einsatzkräfte in ganz Bayern eine Minute lang ihres Kollegen, der bei einer Razzia im mittelfränkischen Georgensgmünd von einem so genannten Reichsbürger getötet wurde. Der Fall hat viele alarmiert, denn die Bewegung ist mittlerweile weit verbreitet: "Die Szene ist bekannt, wir kennen die Anhänger und beobachten sie", sagt etwa Stefan Haschke, Chef der Bad Kissinger Polizei. "Bei uns laufen sieben Verfahren gegen Mitglieder der Reichsbürger-Bewegung", ergänzt Hubert Petrik, Richter am Amtsgericht Bad Kissingen.
Vor allem die fünf Vollstreckungsbeamten des Amtsgerichtes kennen die Bewegung bereits seit langem: Reichsbürger verweigern die Annahme von Schreiben, erkennen die Bundesrepublik und deshalb auch sämtliche Behörden nicht an. "Bis jetzt war alles zum Glück nur verbal oder schriftlich", betont Richter Petrik. Trotzdem laufen Verfahren wegen Beleidigung sowie versuchter Erpressung oder Nötigung.
Gericht verhängt Haftbefehl
Und die Justiz zeigt Zähne: Eine Reichsbürgerin aus dem Landkreis hat die Existenz der Bundesrepublik mittlerweile am eigenen Leib erlebt. Nachdem sie zu einer Gerichtsverhandlung nicht erschien und auch der Versuch fehlschlug, sie von der Polizei abholen zu lassen, wurde sie in Untersuchungshaft genommen. "Das ist ein Ordnungsmittel und muss auch nicht auf eine spätere Strafe angerechnet werden", kommentiert Petrik den Gefängnis-Aufenthalt. Nach Beginn der U-Haft werde dann ein Verhandlungstermin angesetzt. Eineinhalb Wochen verbrachte die Frau im Gefängnis, dann wurde sie unter strengen Auflagen entlassen. "Üblich ist in solchen Fällen unter anderem eine Meldepflicht, man muss also regelmäßig persönlich bei der Polizei erscheinen", sagt Petrik. Solche Zwangsmaßnahmen seien bei allen üblich, die sich Verhandlungen entziehen wollten, bei Reichsbürgern seien sie aber besonders wirkungsvoll. "Wir können froh sein, dass es nicht mehr sind", kommentiert der Richter die Zahl der Reichsbürger im Landkreis Bad Kissingen.
"Keine brenzlige Situation"
Einschlägige Erfahrungen mit Reichsbürgern hat auch Polizei-Chef Haschke hinter sich: "Es gab eine Forderung über 50 000 Silberunzen, weil ich angeblich einer illegalen Truppe vorstehe, die Angehörige des Deutschen Reiches belästigt." Im Internet sei er eine Zeit lang mit Uniform als Straftäter bezeichnet worden. Das habe sich aber wieder beruhigt. "Es gab bislang keine brenzlige Situation, aber es erfordert immer wieder polizeiliche Maßnahmen", fasst Haschke die Lage zusammen.
Landratsamt bereits aktiv
Haschkes oberster Dienstherr, Innenminister Joachim Herrmann (CSU), hat gestern gefordert, Reichsbürgern ihre Erlaubnisse für Waffen und Kampfhunde zu entziehen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern forderte sogar einen Führerscheinentzug für Anhänger der Bewegung. "Wenn jemand die Rechtsordnung ablehnt, darf er auch keine auf dieser Rechtsordnung beruhenden Erlaubnisscheine besitzen", sagte der bayerische DPolG-Chef Hermann Benker. "Auf Grund der Vorfälle prüfen wir natürlich, ob sich im Landkreis Bad Kissingen Bürger, die der Reichsbürgerbewegung zuzurechnen sind, leben und ob diese waffenrechtliche Erlaubnisse besitzen", teilte Landkreis-Sprecherin Lena Pfister auf Anfrage mit. Reichsbürger zu identifizieren sei jedoch nicht einfach, solange sie ihre Ansichten nicht offen vertreten. "Über die Gesamtzahl der Reichsbürger im Landkreis Bad Kissingen kann man derzeit keine Auskünfte geben."
Zuverlässigkeit wird geprüft
Zwei Personen überprüfe das Landratsamt derzeit genauer. "Ansonsten blieben fragliche Personen im Zusammenhang mit Waffen bislang unauffällig." Bei der Zuverlässigkeitsprüfung bezüglich des Waffenbesitzes fließen laut Landratsamt selbstverständlich die Erkenntnisse der Polizei und anderer Behörden mit ein. "Je nachdem, wie die Beurteilung ausfällt, kann die Erlaubnis - wie bei jedem anderen Waffenbesitzer - entzogen werden", berichtet Pfister. Für die Einstufung von Kampfhunden seien die Gemeinden zuständig. Ein Haltungsverbot besteht für Hunde, die mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in einer Rasseliste aufgeführt sind. Eine Registrierungspflicht gebe es nicht.