Reggae in Bad Bocklet: Kritik mit Humor und guter Laune
Autor: Björn Hein
Bad Bocklet, Sonntag, 25. Oktober 2015
Multikulti liegt beim Auftritt von Mellow Mark in Bad Bocklets Bücher-Pavillon in der Luft. Der Musiker sorgt mit Gefühl, viel Emotion und einem mitreißenden Sound für Stimmung. Aber er hat nachdenkliche Worte im Gepäck.
Im Bücher-Pavillon herrscht eine lockere Atmosphäre. Allenthalben sieht man Rasta-Frisuren, kleine Grüppchen stehen zusammen und plaudern. Stühle sind nur wenige aufgestellt: "Schließlich brauchen wir heute Abend Platz zum Tanzen", wie es Martin Eisenmann ausdrückt.
Schon im Vorfeld gab es interessante Gespräche über Reggae und die politische Botschaft, die er transportiert. Multikulti im besten Sinne des Wortes liegt förmlich in der Luft. Auf der improvisierten Bühne sieht man ein graffitiartiges großes Transparent, auf dem in großen Lettern auf einem Megaphon die Buchstaben L.I.E.B.E. geschrieben sind.
Keine üblichen Konventionen
Flaggen von Ghana, dem Senegal, Brasilien und nicht zuletzt die "Totenkopfflagge" schmücken den Raum, als Mark Mellow den Bookshop betritt, der an ein gemütliches Wohnzimmer erinnert. Schon an seiner Kleidung ist zu sehen, dass der Künstler für die üblichen Konventionen nicht viel übrig hat: In orangenem Anzug ist er gekleidet, die Baseballmütze sitzt locker, die Turnschuhe komplettieren die Bekleidung. Die Mala-Kette um den Hals zeugt davon, dass er allen Kulturen offen ist, was sich auch in seiner Musik widerspiegelt. Mellow Mark schwimmt nicht in der Masse mit, sondern versteht es, mit seinem Crossover-Stil eigene Akzente zu setzen und die bestehende Gesellschaft zu kritisieren - nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern eher mit Humor und guter Laune.Gleich zu Beginn geht er mit dem "Getting a message" in die Vollen. Nur mit Gitarre und der Mundharmonika versteht er es, die Besucher zu elektrisieren. Beim typischen Reggae-Sound, welchen er "unplugged" (ohne Verstärker) spielt und mit einer eigenen Note versieht, wippen die Zuhörer unwillkürlich mit und sind vom ersten Augenblick von der Musik gefangen. Dabei ist ihm die Freude am Spiel anzumerken.
"Sonnenaufgang Havanna City"
Dass Konventionen jeglicher Art nicht seine Sache sind, zeigt sich auch an seinem Werdegang. Hat Mark Mellow doch einen Echo gewonnen, hat mit Künstlern wie Culcha Candela, die einst seine Vorband waren, zusammengearbeitet. Und hat sich doch dem Mainstream nie geöffnet, die Popvermarktung lehnt er nach wie vor ab. Viel wichtiger ist ihm die eigene Note in der Musik, wie das "Jeder Tag ist ein Comeback" zeigte.Das lockere, schnelle Stück, das mit Flamenco-Einsprengseln daherkam, zeigte nicht nur, welch guter Gitarrist er ist, sondern auch, dass er das Crossover liebt. Dass die Texte mal deutsch, mal englisch, mal spanisch daherkommen, ist für den Kosmopoliten dabei eine Selbstverständlichkeit und erfreut auch das Publikum. Das Book-shop-Konzert war auch eine Reise durch die verschiedenen Länder der Welt. So machte Mark unter anderem Rast in Kuba, wo er den "Sonnenaufgang Havanna City" besang, und die Revolution, die trotz aller Widrigkeiten dort weiterlebt. Der Kuba-Trip machte den Zuhörern sichtlich Freude, mit einem "Gracias" bedankte sich der Künstler für den Applaus.
Experimentierfreudig
Energiegeladen kam das "Airport Bad Bocklet International" daher, welches von Freiheit und dem Fliegen handelte. Beim "Komm zu Dir" verstand er es, mit Gefühl, viel Emotion und einem mitreißenden Sound für gute Laune zu sorgen. Mellow Mark spielte dabei nicht nur Gitarre, sondern verstand es auch, sich gleichzeitig virtuos mit dem Schlagzeug zu begleiten und durch ein Megaphon für interessante Soundexperimente zu sorgen. Natürlich wurde in seinen Songs auch immer wieder Gesellschaftskritik geübt, so beim "Weltweit Stasi", dessen stakkatoartige Satzfetzen an SMS-Chat erinnerten, und bei dem mit dem typischen Reggae-Sound die weltweite Überwachung gegeißelt wurde.
Ernste Worte gegen Drogen
"Gewidmet ist dieses Stück allen Whistleblowern und Edward Snowdens dieser Welt", moderierte der Künstler. Durchaus ernste Worte richtete Mellow Mark auch gegen den Drogenkonsum, welchen er klar ablehnt. "Zu viele meiner Freunde habe ich so verloren", lautete die erschütternde Erkenntnis. Er selbst braucht den Rausch nicht. "Schließlich bin ich von Geburt an naturstoned", meinte er mit einem Schmunzeln. Bei der Reggae-Thematik durfte natürlich das "I shot the sheriff" nicht fehlen, wobei Mellow Mark im zweiten Teil seine musikalischen Wurzeln, die nach eigener Aussage im Punk liegen, nicht verleugnete, was das Stück recht reizvoll machte.
Von Nelson Mandela lernen
Virtuos ging er in das "Talking about a revolution" über, und forderte, von Nelson Mandela zu lernen, der es verstand, friedlich die Herzen zusammenzubringen und zu verhindern, dass ein Land vom Rassismus gespalten wird. Eine Botschaft, die er auf Deutschland übertrug, für das es wichtig sei, Flüchtlinge zu integrieren und nicht auszuschließen. Hierfür erhielt er sehr viel Applaus. Zahlreiche weitere Lieder aus eigener Feder schlossen sich an. Am Ende des Konzerts zeigte der große Applaus für Mellow Mark, dass es dem Publikum sehr gut gefallen hatte.