Quo vadis?
Autor: Paul Ziegler
Bad Kissingen, Donnerstag, 04. August 2016
Wo gehst du hin? Diese sich Gymnasien im Landkreis Bad Kissingen bei G8 und G9. Zwei der vier Schulleiter sehen bereits heute einen deutlichen Trend.
Frei nach Shakespeare könnte man sagen "Wie es euch gefällt". So wäre die Ankündigung des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle zu verstehen, zum Schuljahr 2018/ 2019 den bayerischen Gymnasien die Wahl für das acht- oder neunstufige Gymnasium zu überlassen, oder beides nebeneinander laufen zu lassen.
Wie geht sich das im Landkreis aus? Was werden die Gymnasien machen? Für Frank Kubitza, Schulleiter des Jack-Steinberger-Gymnasiums Bad Kissingen steht fest: "Dann kommt wieder das G9." Die Prognose kommt wie aus der Pistole geschossen. Das hätte nichts damit zu tun, sagte Kubitza in einem Gespräch, dass das G8 nicht funktioniert hätte. Im Gegenteil. Aber: Eltern und Schüler stimmen heute schon mehrheitlich für das G9.
Die Gründe
Die Eltern seien dafür, weil es den vermeintlichen Leistungsdruck von den Kindern nehme; die Lehrer sind dafür, weil damit der Nachmittagsunterricht wegfällt - "übrigens nur zweimal die Woche", so Kubitza - und damit mehr Zeit für die Unterrichtsvorbereitung bleibe. Der Kissinger Schulleiter will die verkürzte Gymnasialzeit aber nicht verteufeln. Im Gegenteil. Das G8 sei nicht wegen der Wirtschaft eingeführt worden, blickte er nochmal zurück, "sondern wegen der Politik". Die Politiker hätten erkannt, dass der demografische Wandel dahingehend ausschlägt, dass im Jahr 2060 in Deutschland auf einen Rentner ein Erwerbsfähiger zukomme. Diese Rechnung werde nicht aufgehen können. Deshalb habe man beispielsweise an der Reform der Gymnasien gedreht, um die Lebensarbeitszeit zu verlängern. Jetzt dreht man diese Schraube wieder zurück. Die Wahlfreiheit für G8/G9 den Schulen zu überlassen, damit kann Kubitza gut leben. Es werde in Bad Kissingen, nach den Erfahrungen, die man mit der "Mittelstufe plus" gesammelt habe, ein eindeutiges Votum für das G9 zum Schuljahr 2018/ 2019 geben, stellte er für ihn fast unumstößlich fest. "Das G8 wird in der Fläche nicht gefragt", sagte Kubitza, für ihn ist die Entscheidung damit schon heute getroffen.
Noch sind viele Fragen offen
Helmut Schreiner, Schulleiter am Hammelburger Frobenius-Gymnasium, hat für sich festgestellt: "Ein klare Entscheidung (Anm. d. Red.: des bayerischen Kultusministeriums) wäre besser gewesen." Warum? Es sind noch viele Fragen offen. "Entscheidet mal selbst" reiche nicht aus. Wie steht es auch mit den Räumlichkeiten?, wie sieht das Stundenbudget der Schule aus?, was wird aus dem mittleren Schulabschluss an der Schule? Das sind nur einige Fragen, die Helmut Schreiner nach der Entscheidung aus dem Kultusministerium beschäftigen.In jedem Fall gibt es bis 2018 noch jede Menge Fragen zu beantworten. Die Meinungsfindung dazu ist im Übrigen schon geplant, etwa bis Weihnachten 2016 wird es Anhörungsverfahren geben, wie die Neuregelung an den Schulen eingeführt werden kann. Was kommt in Hammelburg 2018? Helmut Schreiner meint, dass man wohl wieder zurück zum G9 kommen wird. Dafür sprechen alle Indizien.
Nicht ganz so sieht es Joachim Schwigon am Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium in Münnerstadt. Diese Schule hat Furore bei der Einführung des G8 gemacht. Pilotschule, hat alles bestens hingehauen, das Ganztagesangebot wurde sehr gut angenommen, von der ersten Minute an, die Schule - rund 620 Schüler - hatte einen starken Zulauf. Aber jetzt, mit der Entscheidung aus München, weiß Joachim Schwigon nicht so recht weiter. "Die Rahmenbedingungen müssen noch abgeklärt werden", er hänge noch in der Luft.
Wie sieht es mit den Lehrerstunden aus?, auch er muss die Raumsituation untersuchen, sich mit dem Sachaufwandsträger (Landkreis) besprechen. Im kommenden Jahr hat das Münnerstädter G8 zehn Klassen, das steht schon fest. "Ich fand das G8 gut", hat er uns noch gesagt und er wird in den Ferien sicherlich einiges zu grübeln haben.
Nur ein System wird es werden
Auch Dr. Stefan Bub, der Leiter des Franz-Miltenberger-Gymnasiums in Bad Brückenau, legt bezüglich der Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 seine Stirn noch in Falten. "Genaue Regeln kennen wir noch nicht", stellte er fest, eines ist für ihn allerdings sicher: "Einen Parallel-Betrieb von G8 und G9 nebeneinander wird es an unserer Schule nicht geben." Dafür sei das Franz-Miltenberger-Gymnasium zu klein - rund 350 Schüler stark.Ob an der Sinn ab 2018 das neunstufige Gymnasium wieder einziehen wird? Auch das könne man noch nicht sagen, so Bub, es fehlen noch die Rahmenbedingungen, die Stundentafeln.
Und wer entscheidet eigentlich, wer 2018 welches System haben wird, G8 oder G9? Wer?
Für Kultusminister Ludwig Spaenle war es ein einfacher Satz. Jede Schule dürfe künftig völlig frei entscheiden, ob sie auf ein neunjähriges Gymnasium wechsele, oder das G8 beibehalte. Aber wer entscheidet das letztenendes? Der Schulleiter im stillen Kämmerlein? Der Landrat? oder die Eltern?
Die Frage steht im Raum, die Antwort in den Sternen. Natürlich haben sich die Schulleiter der vier Gymnasien im Landkreis schon ihre Gedanken darüber gemacht. Für Frank Kubitza (Jack-Steinberger-Gymnasium Bad Kissingen) läuft es nach einer Entscheidung hinaus, die Eltern und Kollegium treffen. In Hammelburg sieht Schulleiter Helmut Schreiner eine ähnliche Vorgehensweise: "Es wird wohl eine gemeinsame Entscheidung von Eltern, Elternbeirat, Sachaufwandsträger und Kollegium geben", vermutet er.
Mit allen Beteiligten reden
Joachim Schwigon (Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium Münnerstadt) hat noch keine Komplett-Lösung für diese Frage und die folgende Entscheidungsfindung. Eine Vorgehensweise wie in Hammelburg hält er für möglich. In Bad Brückenau, so Stefan Bub, der Schulleiter des Franz-Miltenberger-Gymnasiums, steht das noch in den Sternen.Zunächst sind andere Fragen inhaltlicher Natur zu klären. Man wird, so Stefan Bub, mit den Elternvertretern und den Schülern reden, und alle sollen bei der Entscheidungsfindung dabei sein und mitentscheiden.
Eines scheint indes schon sicher zu sein: Die Freizügigkeit, zwischen G8 und G9 zu wählen, wird den Landkreis Geld kosten. "Für den Sachaufwandträger ist mit mehr Kosten zu rechnen, denn je nach Größe der Schule wird sich der Raumbedarf erhöhen. Abhängig ist das wiederum von der Frage, ob nur die Mittelstufe verlängert oder ob die gesamte Schulzeit gestreckt werden soll", sagt Stefan Seufert, der Sachgebietsleiter Bildung, Schulen, Kultur, Liegenschaften am Landratsamt Bad Kissingen.