Druckartikel: Prozession als Dank, dass die Gemeinde verschont blieb

Prozession als Dank, dass die Gemeinde verschont blieb


Autor: Stefan Geiger

Oerlenbach, Freitag, 06. Mai 2016

Am Sonntag, 8. Mai, findet die Gelobte Prozession der Oerlenbacher statt. Beginn ist um 10 Uhr an der Kirche.
Am Sonntag, 8. Mai, erinnert um 10 Uhr die gelobte Prozession zur Sebastianikapelle (im Bild beie inem Dankgottesdienst) an die Gefahren, die Oerlenbach im Zweiten Weltkrieg drohten.  Foto: Stefan Geiger/ Archiv


Von hier aus über Schule- und Rottershäuser Weg sowie Dr.-Werner-Straße zur Sebastianikapelle zu ziehen, wo Gottesdienst gefeiert wird. Hintergrund ist, dass der Ort im Zweiten Weltkrieg von großen Gefahren verschont blieb und die Gemeinde unmittelbar nach Kriegsende aus Dankbarkeit eine Feier gelobte.
Am 7. April 1946 beschloss der damalige Gemeinderat unter Bürgermeister Engelbert Hofmann, später viele Jahre Landrat und Mitglied des Bayerischen Landtags, einstimmig: "An einem Sonntag im Mai jeden Jahres wallt die Gemeinde zur Kriegergedächtniskapelle. Dort findet ein Gottesdienst aus Dankbarkeit gegen Gott, der unser Dörfchen in diesem furchtbaren Krieg so sichtbar beschützt hat, statt. Mögen unsere Nachkommen auch in besseren Zeiten stets an unserem Gelöbnis festhalten."
Die älteren Bewohner können noch berichten, warum der Gemeinderat vor inzwischen 70 Jahren einen solchen Beschluss gefasst hat. Der Grund ist das Lufttanklager, das von 1937 bis '39 im "Kirchofsholz" gebaut worden war, dort, wo heute die Bundespolizei ist. Das Abwasser des Tanklagers wurde damals über den offenen Dorfgraben mitten durch das Dorf geleitet.


Feuerschutz einst ohne Männer

1943 kam es zum Brand, den Engelbert Hofmann im Protokollbuch der Feuerwehr so schilderte: "Abfließendes Wasser hatte sich auf unerklärliche Weise entzündet. Im Nu brannte der ganze Graben. Das Feuer schlug haushoch empor, das ganze Dorf war in dicke Rauchwolken eingehüllt. Durch rasches Eingreifen der Orts- und Lagerwehr ist es gelungen, das Dorf vor größerem Schaden zu bewahren. Ein ganz besonderes Glück waren die massiven Häuser an der Frontseite des Grabens im oberen Dorf."
Damals standen die Männer an der Front. Die jungen Burschen sowie Mädchen und Frauen übernahmen den Feuerschutz und erfüllten diese Aufgabe - so Engelbert Hofmann - mit Bravour. So gelang es, den Brand rasch in den Griff zu bekommen. Gegen Kriegsende kam es zu Bombardierungen. Zum Glück verfehlten die Abwürfe ihr Ziel und landeten in den angrenzenden Äckern.
Brenzlig wurde es am 7. April 1945, als sich die Amerikaner von Westen her dem Dorf näherten. Bürgermeister Wilhelm Kuhn ging ihnen mit einer weißen Fahne, einem Betttuch entgegen, um den Ort zu übergeben. Dies war bereits geschehen, als plötzlich die vordersten US-Panzer beschossen wurden.
Engelbert Hofmann berichtete weiter: "Darauf setzte ein furchtbarer Feuerhagel ein, so dass man glauben musste, das ganze Dorf gehe unter. Drei Scheunen brannten lichterloh. Im Nu waren Alt und Jung trotz Maschinengewehr und Granatfeuer am Brandplatz. Die Haustiere konnten fast restlos gerettet werden. Wägen und Maschinen sind allesamt verbrannt. Durch das Zusammenwirken aller gelang es, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken und wenigstens die Wohnhäuser zu retten. Nach zweistündigem Löschen wollte das Löschwasser nicht mehr reichen. Die Wasserleitung war ausgefallen. Ohne Aufforderung trugen Kinder, Mädchen, Mütter, Großväter und Großmütter Wasser und Jauche von allen Seiten bei. Trotz Granatfeuer hielten alle stand, bis die Gefahr gebannt war. Mussten auch drei unserer Mitbürger ihre Habe teilweise verlieren, so wurde doch der Großteil des Dorfes gerettet."


Flurgang und Prozession

Die Dankprozession zur Sebastianikapelle wurde bis in die 60er Jahre gehalten und dann wegen des zunehmenden Verkehrs durch einen Flurgang ersetzt. 1991 erinnerte in einer Bürgerversammlung Wilhelm Karch an das Versprechen. Nach der Sanierung der Sebastiankapelle wird seit 1993 alljährlich an die großen Sorgen mit Prozession und Dankamt erinnert.