Polizisten mit Mission
Autor: Thomas Ahnert
Bad Kissingen, Donnerstag, 06. April 2017
Das Polizeiorchester begeisterte in Bad Kissingen mit Blasmusik.
Polizeiorchester Bayern. Wer den Namen das erste Mal hört, der macht sich so seine Gedanken. Wozu die Polizei überhaupt ein Orchester braucht, und dann auch noch Blasmusik. Ob die Leute nichts Wichtigeres zu tun haben. Was das alles kostet, 46 Musikerinnen und Musiker zu bezahlen. Und dann gibt es vermutlich keinen Witz mehr, den die Mitglieder über ihr Orchester noch nicht gehört haben.
Aber wer das Orchester hört, kann nur feststellen, dass sich jeder Euro, den der Freistaat in dieses Ensemble investiert, lohnt. Denn die Leute sind weg von der Straße, was vor allem die Autofahrer freut (jetzt hat sich doch noch ein blöder Witz eingeschlichen). Vor allem aber ist dieses hochprofessionelle Orchester aus lauter Leuten, die ihr Hand- und Mundwerk studiert haben, ein wunderbarer Markenbotschafter der Polizei als "Freund und Helfer". Freund, weil es tolle Musik bietet und somit auch zum Sympathieträger für die Polizei wird. Und Helfer, weil es jedes Jahr 50 Benefizkonzerte gibt, deren Einnahmen sozialen Zwecken zur Verfügung gestellt werden. Es wäre sicher nur eine einfache Rechnung, bei der herauskommt, dass das Polizeiorchester nur einen Bruchteil dessen kostet, was der Staat ausgeben müsste, um die Lücken im Netz zu schließen.
Wie etwa bei den Tafeln. Der Verein in Hammelburg hatte mit den beiden Partnervereinen der Bad Kissinger und der Bad Brückenauer Tafel das Polizeiorchester in den Großen Saal des Regentenbaus eingeladen. Dank des guten Besuches können die drei Vereine jetzt etwas entspannter in die Zukunft blicken.
Aber das sind Gedanken, die sich nach den ersten Takten verflüchtigten. Denn das Polizeiorchester Bayern ist ein vollsinfonisches Orchester, halt nur ohne Streicher. Und um es gleich zu sagen: Man begann sehr schnell, sie nicht zu vermissen. Denn was Johannes Mösenbichler, seit elf Jahren Chefdirigent, mit seinen Leuten anstellt, ist von einer Farbigkeit, dass der sonore Klang der Streicher gar nicht mehr gebraucht wird. Obwohl: Ganz stimmt das nicht. Denn ein Kontrabass und ein E-Bass spielen mit - eine Besetzung, auf die viele Blasorchester leider verzichten. Man hört die beiden nicht immer, aber man vermisst sie, wenn sie fehlen, denn sie aromatisieren den Klang. Und natürlich waren auch fünf Perkussionisten gut beschäftigt.
Die Eingangsfanfare aus dem Ballett "La Péri" von Paul Dukas war als Stück nicht überraschend, aber in seiner Ausführung: schwungvoll, messerscharf genau, wie es halt wirklich nur Profis schaffen und von großer Farbigkeit.
Überraschend war dagegen die Akademische Festouvertüre op. 80, die Johannes Brahms komponiert hat. Natürlich war das eine Bearbeitung, denn Brahms hatte auch Streicher vorgesehen, aber sie ist ihr sehr gut bekommen. Denn die Studentenlieder, die er hier sinfonisch aufgepeppt hat und die im Maestoso des "Gaudeamus igitur" gipfeln, bekamen in der Leichtigkeit der bläserischen Gestaltung ein leichtes ironisches Augenzwinkern, das im pastosen Klang der Streicher eher untergegangen wäre. Brahms' Humor wurde sie so eigentlich besser gerecht.
Das Programm zeigte, wie gut man mit einer reinen Bläserbesetzung in die verschiedensten Richtungen differenzieren kann, vor allem, wenn jeder im Orchester das Zeug zum Solisten hat. Wie man folkloristische Stile gestalten kann, beispielsweise diese Spannung zwischen Härte und Elastizität in dem Paso Doble "Yakka" von José Vilaplana oder in den fünf "Yiddih Dances" des Engländers Adam Gorb mit ihren übermäßigen Harmonien und plötzlichen Rhythmuswechseln und ihrer extrovertierten Melancholie.
Wieder näher an den Erwartungen an ein Blasorchester war ein Konzertmarsch mit dem Titel "Mein Leben" von Manfred Hechenblaickner, dem 1. Flügelhornisten des Orchesters: eine deftige Musik eines Komponisten, der weiß, was er von seinen Kollegen verlangen kann. Wie gut ein Blasorchester als Begleiter sein kann, zeigte sich bei dem Concertino für Marimba und Blasorchester des Amerikaners Alfred Reed. Auch wenn Elina Goto ihren Solopart souverän musizierte, tut man ihr vielleicht nicht unrecht mit der Bemerkung, dass das Orchester hier den spannenderen Part hatte. Erinnerungen an Louis Armstrong weckte Hans Förg mit dem swingenden "What A Wonderful World" mit seinem sinnlichen Altsaxophon. Das Medley "Big Bands in Concert" mit bekannten Hits der großen Bands der Nachkriegsjahre bot noch einmal die Gelegenheit, alles zu zeigen, was das Orchester kann. Das war der Stoff, aus dem der Beifall wächst: Zwei Zugaben spielten die Münchner: einen Bossa Nova mit dem Tenorsaxophonisten Peter Seufert, der zuvor das Publikum auch durch den Abend geleitet und geschickt seinen Kollegen kleine Atempausen verschafft hatte , und den Gospel "Just A Closer Walk With Thee". Im Herbst kommt das Orchester wieder.