Pfaffenhausen feiert ungewöhnliches Jubiläum
Autor: Gerd Schaar
Pfaffenhausen, Sonntag, 21. Juli 2013
Nicht jeden Tag feiert ein ganzer Ort und schon gar nicht das 1111. Bestehen. Pfaffenhausen macht da eine Ausnahme. Gestern Nachmittag wurde das große Dorffest eröffnet, bei dem es auch heute den ganzen Tag Attraktionen für jung und alt gibt.
Zur Festeröffnung des Jubiläumsfestes 1111 Jahre Pfaffenhausen, das mit der Kulturreihe SaaleMusicum verbunden war, kamen die Gäste am frühen Samstagnachmittag zunächst etwas zögerlich an das Saaleufer. Nur langsam füllte sich der unterhalb des Sportheims gelegene Festplatz mit Gästen, wo die Erwachsenen-Bläserklasse unter der Leitung von Andrea Wagenpfahl spielte. Schirmherr, Landrat Thomas Bold (CSU) stach das Festfässchen an.
Als das Bier plötzlich floss, eilte ihm Bürgermeister Ernst Stross (SPD) zu Hilfe.
"Musik und Saale gehören schon immer zu unserem Dorf Pfaffenhausen", wies der Ortbeauftragter Karl-Heinz Glück (CSU) auf die Vielfalt der Kultur dort hin. Als Echternacher Grundbesitz sei Pfaffenhausen im Jahre 902 erstmals urkundlich erwähnt. Glück ging näher auf die wechselvolle Geschichte des heutigen Ortsteils von Hammelburg ein.
"Die Saale fließt weiterhin", hob Bürgermeister Ernst Stross (SPD) das verbindende Lebenselixier für die benachbarten Orte hervor. Frischen Nachschub für das Saalewasser gebe es auch vom Pfaffenhausener Hang. "Nachbarschaftshilfe mit gegenseitiger Unterstützung schweißt uns zusammen", zog Stross sein Fazit aus den geschichtlichen Betrachtungen. Beispielhafte ehrenamtliche Leistungen seien im Vorfeld dieses Festes seit einem Jahr erbracht worden, dankte Stross den fleißigen Anwohnern, die sich mit rund 30 Stationen präsentierten. Ländlich geprägt wie alle Orte der Region sei Pfaffenhausen, bestätigte Bold. Jedoch in einer Sonderstellung als direkter Nachbar zur Bundeswehr, betonte er. Da sei die gute Verbundenheit von Zivil und Militär wichtig. In Pfaffenhausen hätten sich über die Jahrzehnte hinweg viele Angehörige der Bundeswehr angesiedelt. "Ein 1111-Jubiläum habe ich noch nicht erlebt, hier aber gern die Schirmherrschaft dafür übernommen", so Bold.
Glückwünsche aus dem benachbarten Fuchsstadt sprach Bürgermeister Peter Hart (CSU / UWG) aus. "Nicht nur die Saale sondern auch eine zwei Kilometer lange Gemeindegrenze verbindet uns zu einem guten Miteinander", erinnerte er. Zusammen mit Kuno Holzheimer, dem künstlerischen Leiter der Musikakademie, ließen die Redner das symbolische Floß des SaaleMusicum zu Wasser.
Gut besucht war das Festzelt, wo am Samstagnachmittag trotz Öffnung der Seitenwände noch Saunatemperaturen herrschten. Offensichtlich machte dies den Musikern des Heeresmusikkorps 12 aus Veitshöchheim nicht sonderlich viel aus. Unter der Leitung von Oberstleutnant Burkhard Zänglein spielten sie passend zum Wetter auch südliche Melodien.
Das Mittelalter
Etwa 150 Meter weiter flussabwärts hatten sich einige Gruppen von Geschichtsfreunden angesiedelt, die in ihrer Freizeit das Mittelalter (etwa 500 bis 1500 n. Chr.) in ihren Zelten leben. Auch ein Salzhändler war darunter anzutreffen, dessen Kinder Armbänder aus Glasschmuck fertigten. Aus dem Raum Fuchsstadt, Gauaschach und Hammelburg kam die offene Gruppe Custor Castelli (Wächter der Burg). Bei der sengenden Sommerhitze hatten sie es sich im Schatten unter ihrem offenen Zelt gemütlich gemacht. "Ich war öfters schon auf der Trimburg zu Gast", bestätigt Michael Albrechtsberger aus Hammelburg. "Wir präsentieren uns mit mittelalterlichem Leben auch in Schulen", verrät er.
"Es geht uns auch um das Lebensgefühl", verrät Christian Heine aus Gauaschach. So biete so ein gelebtes Mittelalter-Wochenende ohne TV, Radio, Computer und Handy die Gelegenheit, sich vom Alltagsstress zu lösen und sich zu entschleunigen. "Raus aus der Welt, die man sonst um sich hat!", lautet die Devise. Handgetöpfertes, selbst gefertigte Wollsachen und Lederartikel tragen auch für Mark Egert aus Elfershausen, Antje Phillitt aus Breitenbach und Marie-Luise Beichel aus Hammelburg zum Wohlfühlambiente bei.
Nicht heiß genug hergehen konnte es einem Schmied aus dem hessischen Lich. Sein glühendes Schmiedefeuer ließ malerisch den Rauch aufsteigen. Im Hochmittelalterjahr 1453 lebte Ritter Eduard Mews aus Wiesbaden. Sorgsam putzte er seinen Ritterhelm, der ohne Pflege rosten würde. Helme und Schwerter kommen oft aus Tschechien. Ebenso die etwa 15 Kilo schweren Kettenhemden, wenn sie nicht in monatelanger Handarbeit selbst gefertigt sind. Rund 30 000 bis 40 000 Kettenglieder aus Eisendraht müssen ordentlich eingefügt werden.
Fürst Reinhold Wahler war schon etliche Male Gast auf der Trimburg zum dortigen Mittelalterfest gewesen. Auch jetzt zur 1111-Jahr-Feier in Pfaffenhausen zeigte sich seine Trimburger Ritterschaft präsent. "Wir kennen uns in dieser Szene von Nordbayern, Hessen, Rheinland-Pfalz bis hin in die Eifel von Nordrhein-Westfalen", bestätigt Wahler. Etwa 50 Mittelaltergruppen seien dort anzutreffen. Maximal zwei Veranstaltungen in einem Sommermonat sei das erträgliche Maß für Freizeitritter.
"Nicht immer zieht die Familie komplett mit", hat Wahler schon beobachtet. "Wenn ich am Veranstaltungsort aus dem Auto steige, dann betrete ich für zwei Tage den Boden des 13. Jahrhunderts", ist sich Wahler mit dem Ablassprediger (Jürgen Prell) einig. Kaffeemaschinen oder Gaskocher für die Essenszubereitung gebe es dann nicht. Da werde konsequent das Holzfeuer entzündet. Auch das Wetter werde hingenommen: "Bei Hochwasser in Pfaffenhausen hätte es einen Plan B gegeben", so Wahler.