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Peer Gynt und die Reise eines Lebens


Autor: Peter Klopf

Bad Kissingen, Sonntag, 27. Dezember 2015

Peer Gynt ist ein Träumer und egoistischer Taugenichts. Ein rastlos Getriebener, der es scheut, zu arbeiten, Verantwortung zu übernehmen und sich der Realität zu stellen. Statt seiner verwitweten Mutter Aase beizustehen, treibt er sich lieber herum, erzählt Lügengeschichten und reiht eine unrühmliche Frauengeschichte an die andere.
Peer Gynt"s Mutter stirbt - Cici Ursul und Horatiu Chereches. Foto: Klopf


So entführt er aus einer Laune heraus eine Braut, die in ihn verliebt ist, aber sobald das Abenteuer vorbei ist, langweilt sie ihn. Er reist um die Welt, aber er findet nirgends sein Glück. Erst am Ende seines Lebens, als er in die Heimat zurückkehrt und sich zum ersten Mal für seine Lebensweise verantworten muss, wird ihm klar, dass sein Glück die ganze Zeit zu Hause auf ihn wartete. Peer Gynts Reise währt ein halbes Leben und endet nach einem Schiffbruch auf hoher See an der Stelle, wo sie begonnen hat: Vor dem Haus seiner Jugendliebe Solveig.


Zwei Jahre schrieb der Komponist

Im Jahr 1874 bat Henrik Ibsen Edvard Grieg, die Musik für das Bühnenstück "Peer Gynt" zu komponieren. Grieg benötigte zwei Jahre für das Werk und am 24. Februar 1876 wurde Ibsens "Peer Gynt" mit Griegs Komposition im Christiania Theater in Oslo uraufgeführt. Das musikalische Werk griff auf norwegische Volksmusik zurück, aber es entstand auf dieselbe Art und Weise wie Ibsen "Peer Gynt" geschrieben hatte: Ein ironischer Unterton der norwegischen Lebensart der damaligen Zeit. "Morgenstimmung", "In der Halle des Bergkönigs" oder "Solveigs Lied" sind bekannte Melodien die jeder kennt - und sei es aus der Fernsehwerbung.


Klassischer Spitzentanz

Mit dem Ballettmärchen "Peer Gynt" gastierte jetzt das rumänische Staatsballett "Fantasio" im Bad Kissinger Kurtheater. Das Ensemble steht für exzellenten klassischen Spitzentanz und konnte sich über die Jahre nicht nur im heiß umkämpften europäischen Tanzmarkt einen besonderen Platz sichern, sondern auch im Kissinger Winterzauber. Erst 2013 war die Compagnie an Weihnachten zu Gast und sorgte mit der Aufführung von Tschaikowskys "Schwanensee" für ein ausverkauftes Haus.


Beste Erinnerungen

Kein Wunder, dass es die Zuschauer fast magnetisch in das fast bis auf den letzten Platz besetzte Bad Kissinger Kurtheater zog. Rund 35 Solisten und das "Corps de ballett" des hochklassigen Ensembles des Rumänischen Staatsballetts Oleg Danovski "Fantasio" präsentierten mit "Peer Gynt" ein Ballett, das begeisterte.
Anmut, Schönheit und Eleganz, Leichtigkeit und technische Präzision entführten das Publikum in eine Märchenwelt. In farbenfrohen Kostümen wurden "Pirouetten", "Pas sur les points" oder "Rond de jambe" formvollendet auf die Bühne gezaubert. Inszeniert hat die im Kurtheater zur Aufführung gebrachte Version der russische Choreograph Gheorghi Koftun, der vor allem die philosophische Bedeutung herausarbeiten wollte. Das Bühnenbild war einfach, aber hinreißend, die Kostüme bezaubernd, die Lichttechnik außergewöhnlich. Es blieb Raum für opulente Gruppenszenen, folkloristische und artistische Elemente. Als Solisten glänzte vor allem Horatio Chereches als Peer Gynt, Nozomi Miura als Solveig, Ayaka Kishi als Ingrid sowie Ciri Ursul als Peers Mutter.
Mit schwebender Leichtigkeit, Grazie und Eleganz von Porzellanfigürchen machten die Balletteusen und Tänzer die Arbeit und athletische Strenge vergessen, die hinter einer solchen Aufführung steckt.


Einzigartige Bilder

Nach zweistündiger Sinnsuche setzte das Staatsballett zum Endspurt an. Peer Gynt kehrte aus einem vertändelten Leben in seine Heimat zurück, unerkannt erst, bis Solveig, inzwischen erblindet, ihn erkannte. Wenn gleich die Bühne im Kurtheater manchmal etwas zu klein für die 35 Tänzer war, so passten sich diese schnell der Bühnengröße an und schufen einzigartige tänzerische Szenenbilder. Da störte es auch nicht, dass die Musik, wenn gleich erstklassig, aus der "Konserve" kam. Mit minutenlang anhaltendem Applaus dankte das Publikum den Tänzern für einen mitreißenden und gelungenen Abend.