Pater Stanislaus Wentowski im Interview über Glauben und Bier
Autor: Marion Eckert
Bischofsheim an der Rhön, Freitag, 30. Sept. 2016
Zum Abschied Kritik: Pater Stanislaus Wentowski Im Interview über das Spannungsfeld zwischen Bier und Glauben auf dem Kloster Kreuzberg.
Pater Stanislaus war genau acht Jahre auf dem Kreuzberg. Seinen ersten Gottesdienst feierte er am 4. Oktober 2008 anlässlich des Franziskusfestes. Er war damals zum Kreuzberg gekommen, um die Seelsorge im Bruder-Franz-Haus zu übernehmen, das Anfang Dezember 2008 eröffnet worden war.
Fünfeinhalb Jahre war er im Bruder-Franz-Haus Tag für Tag anzutreffen und initiierte einige neue Veranstaltungen, die mittlerweile fest etabliert sind. Dazu zählt die Tiersegnung am 3. Oktober, dem Tag vor dem Franziskusfest, die er auch in diesem Jahr um 15 Uhr an der Kiliansstatue anbieten wird. "Ich liebe Tiere, vor allem Hunde. Es war mir ein Bedürfnis einmal im Jahr eine Tiersegnung anzubieten", blickte Pater Stanislaus zurück.
Neben Hunden wurden auch andere Tiere zum Kreuzberg gebracht: Tauben, Lamas, Meerschweinchen und Pferde. "In einem Jahr hat mir ein Hund das Weihwasser ausgesoffen", erinnert er sich . "Ein anderer Hund, der sich vor der Segnung freundlich streicheln ließ, knurrte mich nach dem Segen mit reichlich Weihwasser an."
Das Bruder-Franz-Haus wurde unter Pater Stanislaus zu einer Plattform für Künstler. "Ich wollte die Menschen einladen immer wieder zu kommen, und immer wieder Franziskus und dem franziskanischen Geist zu begegnen." Die Besucherzahlen mit rund 50 0000 Interessierten pro Jahr zeigen, dass das Konzept funktioniert.
Den Glauben vertiefen
Die Menschen, die auf den Kreuzberg kommen, dabei zu unterstützen, den Glauben zu vertiefen, war ein weiteres Anliegen von Pater Stanislaus. Für Busgruppen bot er Vorträge über die Geschichte des Kreuzbergs an und zeigte die Zusammenhänge über Kloster und Wirtschaftsbetrieb auf. "Der Wirtschaftsbetrieb ist aus dem Kloster heraus entstanden. Den Brüdern war es wichtig, den Pilgern, die zum Kreuzberg kamen nicht nur an der Seele, sondern auch am Leib zu stärken. So ist das Bierbrauen entstanden", erklärte Pater Stanislaus. Als Nebeneffekt habe der gastronomische Betrieb Geld für den Betrieb des Klosters eingebracht. Heute werde die Provinz sowie die Mission unterstützt. "Der Wirtschaftsbetrieb und die Einkünfte waren ursprünglich eine positive Nebenwirkung der Seelsorge, es entstand aus der Sorge um die Menschen. Ursprünglich stand der Wirtschaftsbetrieb im Dienst der Seelsorge."
Amt des Guardians
Vor zwei Jahren übernahm Pater Stanislaus Wentowski das Amt des Guardian im Kloster Kreuzberg. Die Verantwortung hatte er schon vorher übernommen, nach dem Weggang seines Vorgängers Pater Martin Domogalla zum 1. März 2014. Eine Vielzahl an Verpflichtungen sei auf ihn zugekommen. "Die Aufgaben im Konvent haben mich an meine Grenzen geführt." Dennoch hat Pater Stanislaus die Aufgabe angenommen, Neuerungen eingeführt und Liegengebliebenes angepackt. "Als allererstes habe ich die Sprechanlage in der Klosterkirche erneuert. Es kann nicht sein, dass die Menschen, die zum Teil von weither zu uns in die Kirche kommen, nicht verstehen können, was wir sagen." Die christlichen Symbole auf dem Kreuzberg in einen würdigen Zustand bringen, war für Pater Stanislaus eine große Aufgabe. So wurde das Gipfelkreuz erneuert. Das Kreuz am Freialtar wurde frisch gestrichen. Zur Generalsanierung der Kreuzigungsgruppe auf dem Gipfel sagt er: "Ich habe mich selbst schon geschämt, zu sehen, wie bei der Christusfigur die Zehen abgefallen waren. Diesen ungepflegten Zustand konnte ich nicht ertragen."
Die Betreuung der Wallfahrer auf dem Kreuzberg gehörte zu den Aufgaben von Pater Stanislaus. Die größte Wallfahrt ist Jahr für Jahr die Würzburger-Wallfahrt. Aber auch besondere Wallfahrten kommen zum Heiligen Berg der Franken, etwa die Traktoren und Oldtimer aus dem Hessischen oder die Kinderwallfahrt der Walddörfer. Pater Stanislaus war aber auch in nahezu allen Kirchen rund um den Heiligen Berg tätig, feierte vertretungsweise Gottesdienste, taufte, beerdigte und traute Brautpaare.
Interview mit Pater Stanislaus Wentowski
Der Guardian des Klosters Kreuzberg, Pater Stanislaus Wentowski, wird am 3. Oktober seinen Abschiedsgottesdienst in der Wallfahrtskirche auf dem Heiligen Berg der Franken feiern. Beginn ist um 10 Uhr. Danach besteht auf dem Kirchplatz die Möglichkeit zum persönlichen Abschied. Neue Aufgaben übernimt er im oberfränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen. Im Interview geht er auf schöne Erlebnisse ein, die ihn mit dem Kreuzberg verbinden, aber auch auf schwierige Situationen, die ihn belasten und an seine Grenzen brachten.Sie sprachen von einem Spannungsfeld, in dem sie auf dem Kreuzberg lebten. Was meinen Sie damit?
Pater Stanislaus Wentowski: Die Grenzen zwischen Bier und Glauben verwischen mehr und mehr. Ich habe darunter gelitten, dass manche Grenzen nicht gewahrt werden. Vielen Kreuzberg-Besuchern ist es nicht bewusst, dass der Kreuzberg ein Wallfahrtsort ist, dass wir hier ein Kloster haben. Es gibt viele Pilger und Gläubige, die bewusst zum Heiligen Berg der Franken kommen, um die Kirche zu besuchen und zu beten, die Besinnung und innere Stärkung suchen. Und dann gibt es Gäste, die schamlos mit dem Bierkrug die Kirche betreten wollen. Ein Bier unter dem Kreuz, das scheint ganz normal zu sein. Hier gibt es noch viel zu tun, damit die Kirche kirchlich und das Bier in der Wirtschaft bleibt.
Wo sehen Sie konkrete Konfliktsituationen?
Es ist sehr schwer den Gläubigen den Sinn der Fastenzeit und von Karfreitag zu vermitteln, wenn gleichzeitig die ersten Betrunkenen am Karfreitag morgens um 9 Uhr in der Schenke stehen. Hier bin ich als Franziskaner an meine Grenzen gekommen. Wie kann ich den Sinn von Verzicht - zumindest an Karfreitag erklären - und gleichzeitig einen Wirtschaftsbetrieb im Kloster betreiben?
Stößt diese Situation den Kreuzberg-Besuchern auf? Welche Erfahrungen haben Sie hier gemacht?
Ich bin mit dieser Frage sehr oft konfrontiert worden. Muss dieser wirtschaftliche Gewinn an Karfreitag oder Aschermittwoch wirklich sein?, fragen mich die Menschen. Auch wenn durch den Wirtschaftsbetrieb Kloster, Provinz und Mission mitfinanziert werden, sind Umsätze nicht um jeden Preis sinnvoll. Es ist nicht einfach als Franziskaner in dieser Spannung am Kreuzberg zu leben.
Gerade am Karfreitag kommen viele Menschen schon am Vormittag um zu beichten, den Kreuzweg und Karfreitagsliturgie mit zu beten. Sie treffen auf Betrunkene, die den freien Tag nutzen und sich mit Schließung der Schenke um 14 Uhr zum Parkplatz trollen, während die Gläubigen zur Karfreitagsliturgie zur Klosterkirche gehen. Hier treffen zwei Welten aufeinander.
Haben Sie eine Lösung?
Die Werte sollten am Kreuzberg nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt werden. Ich bin der Meinung, dass gerade an diesen zwei Tagen im Jahr, an Karfreitag und Aschermittwoch, alle Gläubigen zur Abstinenz aufgerufen sind. Das beziehe ich auch auf wirtschaftliche Abstinenz. Brauchen wir die Einnahmen dieser Tage tatsächlich?
Sie haben vieles in ihrer Zeit am Kreuzberg umgesetzt, neu organisiert und gestaltet. Was bleibt offen?
Als ich aus Not Guardian wurde, habe ich meinem Herzensanliegen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, nicht mehr nachkommen können. Das bedauere ich sehr. Ich habe in der Rhön ein zu Hause gefunden, viele Menschen kennengelernt und sie ins Herz geschlossen. Der Abschied wird mir nicht leicht fallen. Ich bedauere es, dass ich gehen muss, und es wird eine Weile dauern, bis ich in Vierzehnheiligen angekommen sein werde. Nichtsdestotrotz formuliere ich es doch positiv: Ich bin sehr froh, hier gewesen zu sein und auf dem Heiligen Berg der Franken gewirkt zu haben. Es waren wirklich überwiegend schöne Erfahrungen, die mich auch geprägt haben und weiter wachsen lassen. Natürlich freue ich mich über Besuch aus der Rhön. Die Bischofsheimer Wallfahrer und viele Rhöner haben sich schon für nächstes Jahr angekündigt.