Parkklinik Heiligenfeld, Telefonseelsorge, Frauenhaus Schweinfurt: Das macht die Pandemie mit unserer Seele
Autor: Rebecca Vogt
LKR Bad Kissingen, Mittwoch, 09. Februar 2022
Die Infektionszahlen sind relativ gut messbar. Doch wie wirkt sich die Zeit der Quarantäne, der Angst, der Ansteckung auf unsere Psyche aus? Experten berichten von gestiegenem Bedarf an Hilfe und schwierigen Lebenssituationen, die sich durch die Pandemie verschärft haben.
Seit knapp zwei Jahren bestimmt die Corona-Pandemie das Leben der Menschen. Auf den ersten Blick sichtbar sind die Infektionszahlen oder die Belegung der Betten in den Krankenhäusern. Erst bei näherem Hinsehen aber werden weitere Auswirkungen der Pandemie deutlich, etwa die auf die Seele.
So hat sich beispielsweise die Nachfrage nach Therapieplätzen in der Parkklinik Heiligenfeld Bad Kissingen, die auf psychische und psychosomatische Erkrankungen spezialisiert ist, seit Pandemiebeginn "spürbar erhöht", wie Chefarzt Hans-Peter Selmaier bestätigt. Er verweist dabei auch darauf, dass obendrein andere ambulante oder stationäre psychosomatische Behandlungsmöglichkeiten entfallen seien.
Long- und Postcovid-Syndrome als Belastung
Das Spektrum der Krankheitsbilder sei im Wesentlichen gleichgeblieben. Thematisch gehe es verstärkt um gegenwarts- und zukunftsbezogene Ängste im Zusammenhang mit Corona und damitverbundene psychosoziale Folgen. Außerdem seien Long- beziehungsweise Postcovid-Syndrome hinzugekommen, worunter einige Patientinnen und Patienten oder deren Angehörige leiden würden.
Wie groß der Einfluss der Pandemie hinsichtlich psychischer Erkrankungen insgesamt ist, sei statistisch nur schwer zu erfassen. "Geschätzt würde ich von einer Zunahme um 25 Prozent ausgehen", sagt Selmaier. "Erkennbar ist vor allem eine größere Belastung von Kindern und Jugendlichen und deren Familien." Unterschiedliche Bevölkerungs- und Berufsgruppen seien unterschiedlich betroffen.
Einsamkeit und Isolation gestiegen
Um circa 20 Prozent sind mit Beginn des ersten Lockdowns die Anrufzahlen bei der Telefonseelsorge gestiegen, wie Ruth Belzner berichtet. Die Diplompsychologin leitet die Telefonseelsorge Würzburg, welche auch für die Region Main-Rhön zuständig ist. Der Anstieg sei zum einen auf ein gesteigertes Gesprächsbedürfnis zurückzuführen, erklärt Belzner.
Und zum anderen darauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge ihre Kapazitäten ausweiten konnten, etwa weil andere Termine und Verpflichtungen entfielen. In etwa zehn Prozent der Gespräche war Corona ein Thema, wie Belzner mit Blick auf die Daten aus dem vergangenen Jahr für die Telefonseelsorge in Bayern berichtet.
Deutlicher werden die Auswirkungen der Pandemie an anderer Stelle: Die Themen Einsamkeit und Isolation lagen vor Corona bei etwa 18, 19 Prozent. "Dieser Wert ist seitdem konstant gestiegen", berichtet Belzner. Die Themen kämen in jedem vierten Gespräch zur Sprache, der Wert liegt also bei 25 Prozent. "Das ist eine sehr bedeutsame Steigerung."