Zwischen Diebstahl und Mord
Autor: Redaktion
Bad Kissingen, Mittwoch, 16. August 2017
Ursula Haderlein führt als Chefin der Schweinfurter Staatsanwaltschaft die Fachaufsicht über die Staatsanwälte im Landgerichtsbezirk Schweinfurt.
Ursula Haderlein wiederholt sich im Gespräch nur bei einem und für sie ganz wichtigen Punkt: "Unser Tun hat für die Betroffenen erhebliche Auswirkungen." Ursula Haderlein ist Leitende Oberstaatsanwältin und führt als Chefin der Schweinfurter Staatsanwaltschaft die Fachaufsicht über die Staatsanwälte im Landgerichtsbezirk Schweinfurt mit den Amtsgerichten in Schweinfurt, Bad Neustadt und Bad Kissingen.
Von der Sekretärin bis zu den Juristen sind es 45 Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, die im Justizgebäude aus dem Jahr 1902 (Rüfferstraße) untergebracht sind und dort auch nach einer umfassenden Sanierung wieder unterkommen - zusammen mit dem Landgericht.
Der geplante Neubau des künftigen Justizzentrums entsteht für das Amtsgericht an der Friedenstraße. Die Kosten für die Altbausanierung und den Neubau sind mit 50 Millionen Euro veranschlagt. Starten sollen die Bauarbeiten im Frühjahr 2019. Als Termin für die Fertigstellung wird das Jahr 2023 genannt.
Die Staatsanwaltschaft ist eine eigenständige und vom Gericht unabhängige Justizbehörde. Als Leiterin der Ermittlungsverfahren und als Anklagebehörde kann nur diese - von Privatklagedelikten abgesehen - Anklage erheben und so erreichen, dass vor Gericht ein Strafverfahren stattfindet und es in der Hauptverhandlung zu einer Verurteilung kommt. Ohne Aussicht auf Erfolg stößt die Staatsanwaltschaft keinen Prozess an.
Pflicht zur Verfolgung
Nach dem Legalitätsprinzip ergibt sich die Pflicht zur Verfolgung aller strafbaren Handlungen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob die Staatsanwaltschaft von dem Verdacht einer Straftat durch eine Strafanzeige oder auf anderem Weg Kenntnis erlangt. Strafanzeigen durch den Bürger werden in der Regel bei den örtlichen Polizeidienststellen erstattet, die Polizei leitet aber auch von sich aus zahlreiche Strafverfahren ein. Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die belastenden, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und entscheidet, ob es zur Anklage kommt, ob in einem einfacheren Fall statt einer Anklage ein Strafbefehlsantrag bei Gericht eingereicht wird, oder ein Verfahren (etwa kein hinreichender Tatverdacht, geringe Schuld, nach einer Wiedergutmachung) eingestellt wird.
Weitgehende Befugnisse
Die Staatsanwaltschaft hat weitgehende Befugnisse und kann von allen Behörden Auskunft verlangen, Ermittlungen selbst vornehmen oder (Normalfall) durch die Polizei vornehmen lassen. Für bestimmte Eingriffsmaßnahmen wie beispielsweise Wohnungsdurchsuchungen muss sie jedoch einen richterlichen Beschluss erwirken.Die Staatsanwaltschaft ist nicht nur Ermittlungs-, sondern auch Vollstreckungsbehörde und leitet und überwacht die Umsetzung von Urteilen - von der Geldbuße bis zur Freiheitsstrafe. So wacht die Staatsanwaltschaft auch über das Einhalten von Fristen, das Anrechnen von Untersuchungshaft und über die rechtzeitige Prüfung der Aussetzung einer Reststrafe zur Bewährung (Entscheidung liegt beim Gericht). Weitere Aufgaben der Staatsanwaltschaft liegen im Gnadenverfahren sowie im Entschädigungsverfahren. Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit der Polizei. Hat diese "ausermittelt", wird die Staatsanwaltschaft aktiv. Deren Prognose entscheidet, wo verhandelt wird. Im Strafprozess ist das Landgericht bei Verbrechen und schweren Vergehen in der Regel ab einer Straferwartung von vier Jahren erstinstanzlich zuständig - darunter wird am Amtsgericht verhandelt. Auch wenn es um die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in Sicherungsverwahrung geht, entscheidet das Landgericht. Mord, Totschlag und andere Taten mit Todesfolge landen am Schwurgericht des Landgerichts.
Strafsachen (fast) aller Art beschäftigen die Schweinfurter Staatsanwaltschaft, der die Generalstaatsanwaltschaft (als nächste Instanz) und beiden das Justizministerium übergeordnet ist. Die Ausnahme bilden Wirtschaftsstrafsachen. Hier liegt die Zuständigkeit bei der Wirtschaftsstaatsanwaltschaft für Unterfranken (Würzburg).
Der Sitzungsdienst der Staatsanwaltschaft für das Landgericht und die drei Amtsgerichte wird zentral von Schweinfurt aus organisiert. Bei durchschnittlich zwei Sitzungen in der Woche heißt das für jeden der 14 Staatsanwälte pro Woche eine Fahrt zu den Amtsgerichten in Bad Kissingen oder Bad Neustadt. Verhandelt wird in der Regel am für den Ort der Tat zuständigen Amtsgericht.