Wenn nicht nur der Zahn der Zeit nagt
Autor: Redaktion
Hammelburg, Mittwoch, 11. August 2021
Der "Streichholzaltar" des Hammelburger Künstlers Robert Höfling muss im Museum am Dom abgehängt und wegen Schädlingsbefalls behandelt werden.
Eine Lücke klafft derzeit in der Dauerausstellung im Museum am Dom in Würzburg. Der "Streichholzaltar" des Hammelburger Künstlers Robert Höfling (1919 bis 1997) wurde Mitte Juli abgebaut und im Depot des Museums in einem Spezialzelt gegen Schädlingsbefall behandelt. Brotkäfer hatten sich in den angekohlten Kartoffeln eingenistet, mit denen Höfling Teile seines Werks gestaltet hat, schreibt der Pressedienst des Bischöflichen Ordinariats in einer Pressemitteilung.
"In der zeitgenössischen Kunst werden die ungewöhnlichsten Materialien verwendet", sagt Museumskurator Michael Koller. So bedrohen nicht nur Licht und Feuchtigkeit, sondern in manchen Fällen eben auch Schädlinge die Kunstwerke. Um sie vor Schaden zu bewahren und ungebetene "Gäste" rechtzeitig zu entdecken, gibt es im Museum eine Reihe von Vorsorgemaßnahmen.
So werde beispielsweise "aktives Monitoring" betrieben, um Schädlinge rechtzeitig zu entdecken, sagt Koller. Im Schnitt alle acht Wochen geht eine spezialisierte Firma durch das Museum und untersucht, ob es einen Befall gibt. Dabei werden unter anderem Pheromonfallen eingesetzt, wie man sie auch von der Bekämpfung von Lebensmittel- oder Kleidermotten kennt. Zudem müsse jedes Kunstwerk, das neu in die Sammlung aufgenommen wird, erst einmal in Quarantäne, sagt Sammlungskurator Christoph Deuter.
"Das Objekt wird erst einmal genau begutachtet, ob ein potenzieller Schädlingsbefall zu sehen ist. Falls ja, kommt es zur Beobachtung in den Quarantäneraum." Dieser wurde eigens im Depot eingerichtet. Denn erst, wenn das Objekt für längere Zeit ruhig dastehe, könne man sagen, ob es etwa von Holzwürmern befallen sei - das herausrieselnde Holzmehl sei mit bloßem Auge sichtbar.
Licht und Feuchtigkeit sind Feinde
Auch die ungebetenen Gäste im "Streichholzaltar" hatten sich selbst verraten. Während sie sich durch die Kartoffeln nagten, rieselte feiner, heller Staub herab und blieb auf dem unteren Rand des Rahmens liegen. Aus der Nähe sind in den angekohlten Kartoffeln winzige Löcher zu sehen. "Bei Lebensmitteln und organischen Materialien besteht erhöhte Gefahr", stellt Deuter sachlich fest.
Das Problem sei schon bei der Installation "Abendmahl und zwölf Begleiter" von Henning von Gierke aufgetreten. Das trockene Brot in der Mitte habe man eigens mit einem Schutzmittel behandelt, erzählt Deuter: "Selbst das hat nicht geholfen." Das Brot sei mittlerweile entfernt und der Künstler sei benachrichtigt.
Ein Schädlingsbefall klingt spektakulär, ist aber die Ausnahme. Für die meisten Kunstwerke sind Licht und Feuchtigkeit die größten Feinde. "Licht ist der natürliche Feind von Papier", sagt Koller. Papierarbeiten etwa seien nicht für eine dauerhafte Ausstellung gedacht. Die Zeichnungen des Künstlers Jehuda Bacon zum Beispiel seien immer mal wieder durchgewechselt worden, was nach Ansicht von Koller ohnehin eine gute Idee ist: "Es ist doch schade, wenn so viele Objekte im Depot liegen und nicht zu sehen sind." Bilder würden in der Regel mit UV-Glas geschützt und die Pappe auf der Rückseite gegen eine säurefreie Variante ausgetauscht. Pflanzen- und Pigmentfarben seien widerstandsfähiger gegen Licht als künstliche Farben, ergänzt Deuter. Eine Ausnahme ist Elfenbein, aus dem beispielsweise die Figurengruppe "Verspottung Christi" (um 1700 bis 1725) besteht. Es behalte seine ursprüngliche Farbe besser, wenn es hell oder in UV-Licht stehe - nur pralle Sonne vertrage das Material nicht. Bei Bildern sei meist die Holzkonstruktion im Rahmen empfindlicher als die Leinwand selbst, erklärt Deuter. Das Holz arbeitet, das heißt, es dehnt sich aus und zieht sich wieder zusammen. An den Rissen kann man unter Umständen sogar erkennen, wie die Holzleisten auf der Rückseite zusammengefügt wurden. Etwa bei dem gotischen Tafelbild "Irdisches und Himmlisches Gericht" aus der Zeit um 1430. Auf den Farbschichten zeichnen sich feine waagrechte Konturlinien ab.