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Warum schmeckt Bier eigentlich so gut?


Autor: Carmen Schmitt

Bischofsheim an der Rhön, Freitag, 02. Sept. 2016

Ludwig Klebl war 40 Jahre Braumeister in der bekanntesten Brauerei der Region. Im Interview verrät er, was ein gutes Bier ausmacht.
Früher war er an fünf Tagen der Woche auf dem Kreuzberg, heute an sieben. Alt-Braumeister Ludwig Klebl kümmert sich heute um Bernhardiner-Hündin "Rana" und führt Touristen zu seinem ehemaligen Arbeitsplatz. Foto: Carmen Schmitt


Fluffige Schaumkrone. Darunter prickelnder, dunkler Stoff. Der graue Tonkrug liegt gut in der Hand. Tausende kommen dafür jedes Jahr auf den "heiligen Berg der Franken". Seit bald 300 Jahren wird das Bier auf dem Kreuzberg nach dem gleichen Rezept gebraut. Ludwig Klebl ist einer der wenigen, der es kennt. 40 Jahre lang war er der Meister an den Braukesseln. Das Handwerk hat der 78-Jährige noch von einem Ordensbruder erlernt. Ludwig Klebl hat den Betrieb auf 927,8 Metern geprägt.

Und er tut es noch heute. Im Interview verrät er, wieso er keinen Bierbauch hat, welches Bier ihm am besten schmeckt, was er über das Reinheitsgebot denkt, was er vom Craft-Beer-Trend hält und warum Bier eigentlich so gut schmeckt.

Wie schafft man es über 40 Jahre hinweg, dass den Leuten das Bier immer schmeckt?
Ludwig Klebl: Man bemüht sich, gleichbleibende Qualität zu liefern.

Das Kreuzbergbier hat Kultstatus. Sie waren daran beteiligt, diesen Kult zu erschaffen und zu festigen. Wie?
Qualität erreicht man nur, wenn man gute Rohstoffe hat. Außerdem: Am Brauverfahren nicht viel abändern, sondern die alte Rezeptur beibehalten.

Wie viele Leute kennen die Original-Rezeptur von 1731 heute?
Ich habe sie im Kopf. Drei Personen - mit mir.

Worin liegt das besondere Etwas? Was ist das Geheimnis?
Der Rohstoff! Der Hopfen und vor allem das Wasser spielen eine große Rolle. An sich könnte jeder versuchen, hier ein Bier zu brauen. Ob er es genauso hinkriegt, ist die Frage (lacht). Wir haben hier oben sehr weiches Wasser. Wir sind umgeben von Basalt, und der gibt ans Wasser nichts ab. Das Wasser hat einen ganz geringen Kalkgehalt. Mittlerweile werden mehrere Wässer gemischt, aber an der Bierqualität hat sich nichts geändert. Es wird immer noch gern getrunken.

Das Reinheitsgebot bestimmt seit 500 Jahren, womit Brauer ihr Bier brauen dürfen und was nicht rein darf. Ist diese Regelung noch zeitgemäß?
Ich bin ein großer Verfechter des Reinheitsgebots. Viele Jungbrauer wollen es lockern, aber wenn man damit mal anfängt, dieses und jenes ins Bier zu mischen ... Früher, vor 500 Jahren, ist das Reinheitsgebot zustande gekommen, eben weil zu viele Sachen ins Bier gemischt wurden. Man hat 500 Jahre mit diesen vier Rohstoffen ein gutes Bier machen können. Wieso sollte man das jetzt abändern? Sie können ja ruhig ein Getränk anders herstellen. Aber man darf es dann eben nicht als Bier bezeichnen.

Prominentes Beispiel aus unserer Region: Pax-Bräu in Oberelsbach. Was halten Sie vom Craft-Beer-Trend? Sind solche experimentellen Bier-Kreationen für Sie noch Biere?
Ich trinke auch mal ein Pax-Bier. Aber wenn ein Brauer anfängt und Kräuter ins Bier mischt, muss ich widersprechen. Da sind wir nicht mehr auf einer Linie. Für mich ist das eher ein Mischgetränk als ein Bier. Ich habe mich schon mit etlichen Jungbrauern angelegt. Bier braucht nichts anderes als die vier Zutaten. Wenn jemand wirklich anders brauen will, soll er sein Getränk eben als Bier-Mischgetränk anbieten.

Bier ist im Trend. Viele kleinere Brauereien machen ihr eigenes Ding. Wie schafft man es, sich als Traditionsmarke auf dem Markt zu halten?
Wir haben hier oben den Vorteil, dass unser Publikum sehr vielfältig ist: Wir haben nicht immer die gleichen Gäste. Es gibt natürlich viele Stammgäste, die unser Bier bevorzugen, aber es kommen auch viele Fremde. Wenn die ein bisschen gelaufen sind und Durst haben, schmeckt das Bier gleich noch besser. Unser größtes Einzugsgebiet ist Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Sehr viele Gäste fahren weite Strecken, um sich ein Fässchen für besondere Anlässe zu holen. Die Leute legen Wert darauf, dass das Bier so schmeckt, wie es schon immer geschmeckt hat. Wir können bei unserer Sorte bleiben. Aber: Wir haben außer dem dunklen Klosterbier inzwischen ein Pils für Liebhaber, die gerne mal ein Helles trinken und seit ein paar Jahren auch ein Weizenbier.

Welches davon trinken Sie am liebsten?
Ich trinke jeden Tag drei Halbe - mindestens (lacht). Seit 60 Jahren. Es ist mir bisher gut bekommen. Das dunkle Klosterbier ist eher etwas für nach Feierabend. Tagsüber trinke ich am liebsten das Pils. Zum Mittagessen ein Pils und zwei Dunkle am Abend. Abhängig bin ich aber nicht. Ich habe auch mal ein halbes Jahr ohne geschafft - kein Problem.

Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Bier?
Ich bin gebürtig aus Neumarkt in der Oberpfalz. Eigentlich wollte ich dort in einer Brauerei als Bierbrauer anfangen. Mit 14 Jahren habe ich da mein erstes Bier getrunken. Es hat mir damals schon geschmeckt (lacht).

Man sieht es Ihnen jedenfalls nicht an: Wo ist denn Ihr Bierbauch?
(lacht) Ich kenne viele Bierbrauer, die keinen Bierbauch haben. Aber es ist natürlich so: Zum Bier schmeckt deftiges Essen natürlich besonders gut. Ich habe viel Bewegung. Jeden Morgen bin ich mit dem Hund unterwegs und ich arbeite auch sonst noch ein bisschen im Betrieb mit.

Das Bier ist eines der ältesten Getränke der Menschheit. Ist Bier auch heute noch das "Getränk des einfachen Mannes" oder mehr zum Genussmittel geworden?
Bier ist immer noch ein Volksgetränk. Der Alkoholgehalt ist nicht so hoch. Mit dem geht man eher zurück. Es gibt immer mehr alkoholfreie Biere. Das wirkt sich auch geschmacklich aus. Sie werden immer besser (lacht). Ich persönlich mag sie nicht: Dann trinke ich lieber gleich Wasser.

1998 haben Sie das Zepter an Ihren Sohn weitergereicht und sich 2002 zurückgezogen. Was macht er heute anders als Sie?
Ich habe ihm nahegelegt nicht viel zu ändern. Er hält sich daran und fährt gut damit. Zu viel herumzuexperimentieren - das bringt nichts. Ich habe diese Erfahrung selbst machen müssen. Letztendlich bin ich bei der alten Rezeptur geblieben. Ich war froh und erleichtert, dass mein Sohn weitermacht. Die Brauerei ist in guten Händen. Der Geist der Brauerei wird weitergetragen - im Sinne des Klosters. Aber ich bin ehrlich: Es ist mir nicht schwer gefallen, die Verantwortung abzugeben. Ich war froh: Damals gab es eine große technische Umstellung. Mit der neuen Technik käme ich gar nicht mehr so zurecht.

Die wichtigeste Frage zum Schluss: Warum schmeckt Bier eigentlich so gut?
(lacht) Es gibt kein besseres Getränk. Was das Bier ausmacht, kann man gar nicht genau sagen. Inzwischen mögen mehr Frauen Bier. Früher waren die Biere eher bitter, heute werden andere Hopfensorten gezüchtet. Entweder es schmeckt oder nicht.