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VR-Bank halbiert ihr Filialnetz


Autor: Sigismund von Dobschütz

Bad Kissingen, Mittwoch, 29. Juli 2015

14 von 31 Geschäftsstellen der VR-Bank Bad Kissingen-Bad Brückenau werden geschlossen. Drei weitere werden zu Selbstbedienungsfilialen umgebaut. Kündigungen soll es nicht geben.
Nur fünf Kunden pro Stunde und jede Menge Leerlauf: Auch die VR-Bank-Geschäftsstelle in Arnshausen wird bis Jahresende geschlossen.   Foto: Sigismund von Dobschütz


Es war nicht mehr aufzuschieben: Die VR-Bank Bad Kissingen-Bad Brückenau wird ihr Filialnetz halbieren. Von den 31 Geschäftsstellen in den zwei Altlandkreisen werden 14 Filialen geschlossen und drei weitere zu reinen Selbstbedienungsfilialen mit Automatenbetrieb umgebaut, verkündete am Mittwoch der Vorstand.
"Dies bewegt auch uns, wir sind nicht nur Kaufleute", bedauerte Vorstandsvorsitzender Hans Beudert die notwendige Maßnahme im Pressegespräch. Allerdings war dieser Schritt nicht allzu überraschend, gab es doch schon anderenorts bei deutschen Genossenschaftsbanken Filialschließungen und sogar Fusionen.
Schuld ist auch im Bad Kissinger Landkreis, wie Beudert betonte, die Zangenwirkung aus niedrigen Leitzinsen der Europäischen Zentralbank und strengeren Regulierungsvorschriften als Folge der internationalen Finanz- und Staatsschuldenkrise, die zu schlechterer Ertragslage führt. "Unser Geschäftsjahr 2014 war recht gut, auch 2015 geht in Ordnung, aber bei anhaltendem Niedrigzins sind 2018 ernste Engpässe zu erwarten", rechnete der Vorsitzende vor. "Wir müssen deshalb jetzt aktiv werden, bevor wir mit dem Rücken zur Wand stehen."
Eine Bedarfs- und Frequenzanalyse hatte deutlich werden lassen, in welchen Geschäftsstellen der Kundenverkehr unzureichend und unrentabel ist. "In Arnshausen kamen fünf Kunden pro Stunde, in Stangenroth sogar nur drei", nannte Vorstandskollege Rainer Geis nur zwei Beispiele. Lange Leerzeiten sprechen gegen einen Weiterbetrieb bestimmter Filialen, zumal auch der Trend zum reinen Online-Banking zunimmt: Von 20 000 Girokonten der VR-Bank Bad Kissingen-Bad Brückenau sind allein 8000 reine Online-Konten, das Telefon-Banking nutzen 7000 Anrufer pro Monat und die Internetseite der Genossenschaftsbank hat monatlich 30 000 Besucher. Geis: "Das klassische Schaltergeschäft geht seit Jahren zurück."

Mobiler Service im Wohnzimmer

Dennoch will die VR-Bank ihre älteren Kunden, "mit denen wir groß geworden sind" (Geis), nicht im Stich lassen. "Wir bieten allen Senioren, die Online-Banking oder das Automatenangebot ablehnen und keine Möglichkeit zum Besuch einer der 14 verbleibenden Geschäftsstellen mit Schalterbetrieb haben, unseren mobilen Vorort-Service an." Bankmitarbeiter kommen nach vorheriger Terminvereinbarung zu diesen Kunden und erledigen sämtliche Bankgeschäfte in deren Wohnzimmer. "Unsere Wurzeln vergessen wir nicht", begründet Vorsitzender Beudert diesen ungewöhnlichen Service. "Wir haben als Genossenschaftsbank einen gesellschaftlichen Auftrag."
Dennoch gab es für den Vorstand keine andere Entscheidungsmöglichkeit im Hinblick auf den gesunden Weiterbestand der VR-Bank. Das hatten in den vergangenen Wochen auch der Aufsichtsrat, die Mitgliederversammlungen, der Betriebsrat und auch die 155 Mitarbeiter in den bisher 31 Geschäftsstellen erkennen müssen.

Keine Kündigungen

"Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben", versicherte Beudert. Betriebswirtschaftlich gerechnet werden zehn Vollzeitstellen, es können also auch 20 Halbtagsbeschäftigte sein, sozialverträglich aus der Bank ausscheiden. Beudert: "Alterszeitregelungen sind eine Möglichkeit."
Niedrigzinspolitik, Bankenregulierung und Online-Banking sind nicht plötzlich aufgetreten. Filialschließungen wären also auch schon in früheren Jahren angesagt gewesen. "Manche Geschäftsstellen hätten wir tatsächlich früher schon schließen müssen", bestätigte Rainer Geis. Doch habe man als Genossenschaftsbank im Sinne der Mitglieder damals noch darauf verzichtet. Auch jetzt hätte es der Vorstand bequemer haben und in kleinen Schritten eine Filiale nach der anderen schließen können. "Aber diese Salami-Taktik wäre unseren Mitarbeitern und Mitgliedern gegenüber unfair", begründete Beudert die Halbierung des Filialnetzes. "Noch handeln wir aus einer Position der Stärke."

Fusionen kein Thema

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken schätzt, dass in den kommenden drei Jahren bis zu 20 Prozent aller Filialen in Deutschland schließen werden, und rechnet noch in diesem Jahr sogar mit Bankenzusammenschlüssen. Die Möglichkeit einer Fusion ist bei den vier im Landkreis Bad Kissingen beheimateten Genossenschaftsbanken mit Sitz in Bad Kissingen, Hammelburg, Nüdlingen und Maßbach jedoch noch kein Thema. "Auszuschließen ist allerdings nichts", lässt Vorstandsvorsitzender Hans Beudert alle Möglichkeiten offen.


Die betroffenen Geschäftsstellen

Diese Geschäftsstellen werden zu Selbstbedienungsstellen umgebaut: Reiterswiesen, Ramsthal, Ebenhausen (mit Beratungsstunden) und Zeitlofs.
Diese Geschäftsstellen werden bis Ende 2015 geschlossen: Arnshausen, Großwenkheim, Strahlungen, Aschach, Premich, Stangenroth, Oberweißenbrunn und Waldfenster.
Diese Geschäftstellen werden bis Juni 2016 geschlossen: Oberbach, Riedenberg, Geroda, Unterleichtersbach, Detter und Völkersleier..