Druckartikel: Strom-Masten bald als Naturpark-Attraktion?

Strom-Masten bald als Naturpark-Attraktion?


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Donnerstag, 06. Februar 2014

Die CSU-Kreistagsfraktion plant eine Resolution gegen die Gleichstrom- Trasse durch den Kreis. Die Kreisräte und Bürgermeister entlang der Autobahn sehen das natürlich genauso.
An der Stelle, an der bis zum Sommer die alte Autobahn-Brücke über das Sinntal stand, könnten in wenigen Jahren Strommasten zwischen Römershag und Riedenberg das Tal überspannen. Foto: Ulrike Müller


Auch für Landrat Thomas Bold (CSU) steht fest: "Die vorgesehene Durchschneidung unseres Landkreises mit einer Stromtrasse kann nicht hingenommen werden." Deshalb unterstütze er auch das von der Bayerischen Staatsregierung geforderte Moratorium: "Danach muss der Bedarf dieser Stromtrasse erneut auf den Prüfstand."

Schreiben an Seehofer

Bold ist sich auch sicher, dass das Stop auch nach der Kommunalwahl Bestand haben

wird: "Das Nein unseres Ministerpräsidenten ist fundiert begründet und ich sehe keinen Grund, von der Forderung einer vertieften Überprüfung der Trassenführung abzusehen." Unabhängig von Veränderungen im EEG habe eine Absicherung der Grundlast im Süden höchste Priorität. "Wird das erreicht, so ist der Bedarf für diese Trasse auch in Zukunft nicht gegeben", betont Landrat Thomas Bold, der Ministerpräsident Horst Seehofer schriftlich um Unterstützung gebeten hat, eine unzumutbare Trassenführung mitten durch den Landkreis Bad Kissingen zu verhindern.
Bold liegt zudem ein Resolutionsantrag der CSU-Fraktion des Kreistages vor, der in der Sitzung des Kreisausschusses am Donnerstag, 13. Februar, verabschiedet werden soll. Er stimme dem Antrag auch voll zu. Angesichts der zu erwartenden gravierenden Auswirkungen für die heimische Bevölkerung, auf Natur und Landschaft sowie auf die regionale Wirtschaft kündigt Bold gegen die vorgesehene Trassenführung "massiven Widerstand" an: "Der Landkreis Bad Kissingen würde durch diesen Trassenkorridor regelrecht durchschnitten. Dagegen werden wir mit allen rechtlichen und politischen Möglichkeiten gemeinsam mit den betroffenen Kommunen vorgehen."
Gerade wegen des besonderen Einklangs von Mensch, Natur und Landschaft sei das Biosphärenreservat Rhön ausgewiesen und im vergangenen Jahr die Voraussetzungen für eine deutliche Erweiterung des Biosphärenreservats geschaffen worden.
"Eine weithin bekannte Besonderheit der Bayerischen Rhön ist ihre unberührte, offene Landschaft", sagt Bold und verweist zudem auf die Vermarktung als "Land der offenen Fernen".

"Passt nicht hierher"

"Für uns wäre das eine Katastrophe", sagt auch die Bad Brückenauer CSU-Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks. "So etwas passt überhaupt nicht hierher." Vor allem aber ärgert sich Meyerdierks, dass auf der anderen Seite die Möglichkeit der regionalen Energieerzeugung seit Jahren verhindert werde: "Man kann uns nicht unsere Windräder alle ablehnen wegen Landschaftsschutz und Bundeswehr, aber uns da gar nicht fragen", kritisiert Meyerdierks auch die Absage des Dialogforums: "Ich hatte mir den Termin kommenden Freitag fest vorgenommen." Vor allem aus dem Stadtteil Volkers habe sie schon jede Menge Nachfragen und Beschwerden. "Für mich steht das Wohlergehen der Bürger ganz oben, da werden wir auf die Barrikaden gehen", kündigt auch Meyerdierks Widerstand an.
Für ihren Riedenberger Amtskollegen Robert Römmelt (SPD) steht hinter der Trasse ein Systemfehler: In den meisten Nachbarländern sei die Energieerzeugung und der Stromtransport nach wie vor in staatlicher Hand. "Wir haben die Energiewende beschlossen, wieso machen wir's dann eigentlich nicht", fragt er und verbindet damit die Forderung, lieber kleine Genossenschaften und regionale Stromerzeuger zu fördern, als mit Mega-Stromtrassen dafür zu sorgen, dass große Windparks in der Nordsee gefördert werden. "Da geht es nur um Rendite", bemängelt Römmelt die Macht der vier großen Energieerzeuger und der vier Netzbetreiber.
"Stattdessen sollten wir lieber unsere Einsparpotentiale ausschöpfen, Vorräte erschließen und Speicher bauen", sieht Römmelt keine Notwendigkeit für die großen Leitungen von Nord nach Süd. Bayern vertrage locker 5000 Windräder, "alleine im Landkreis könnten 50 Maschinen stehen, ohne dass dadurch gleich die Landschaft verschandelt wird", meint Römmelt. Aber auch bei der Wasserkraft gebe es noch Potential. Das Geld müsse eben einfach nur in erneuerbare Energien statt in Leitungen gesteckt werden.

"Die Neuordnung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ändert auch die energiepolitischen Ausgangsbedingungen", antwortet MdB Bär auf unsere Anfrage. "Veränderte Ausbauziele bei der Offshore-Windenergie betreffen gerade auch die geplante Stromtrasse SuedLink." Das sei bei der Planung zusätzlicher Stromtrassen zu berücksichtigen. "Ein Moratorium ist daher sinnvoll, um die Auswirkungen der EEG-Reform auf das Stromnetz zu analysieren. Der Bau von Stromautobahnen stellt einen massiven Eingriff in die Umwelt dar und darf nicht auf der Grundlage veralteter Prognosen erfolgen." Bär setzt auf einen Dreischritt: Analyse der Energiepolitik nach der EEG-Reform, Überprüfung des Bedarfs für Stromtrassen im Netzentwicklungsplan und eine Diskussion mit den Betroffenen.

"Man sollte nicht so tun, als ob das was völlig Neues wäre", kritisiert die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar das Vorgehen der CSU. Auch aus ihrer Sicht müsse jetzt zunächst geklärt werden, ob die zusätzlichen Trassen überhaupt notwendig sind. Eines sei klar: "Dass das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld wegfällt, ist für mich unumstößlich." Umso mehr ärgere sie, dass etwa die Windenergie-Produktion in Bayern "an die Wand gefahren" werde. Denn: "Was wir hier in Bayern selbst erzeugen, müssen wir nicht aus dem Norden holen." Kritisch sieht Dittmar das Aussetzen des Dialogforums: "Die Bürger können sich nirgendwo hin wenden, in Elfershausen fragen sich die Leute natürlich, wo die Masten stehen werden." Sie selbst habe am 21. Februar ein Gespräch mit TenneT, kündigte Dittmar an.

"Das ist ja jetzt noch ein sehr früher Zeitpunkt, das Ganze hat noch wenig Substanz", geht Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner davon aus, dass der Grob-Korridor noch keine Vorentscheidung ist. Deshalb hält er es durchaus für sinnvoll, dass der Termin in Schweinfurt noch einmal verschoben wurde. "Man muss sich jetzt erst einmal die Frage stellen, ob der Bedarf überhaupt da ist", hofft auch Kirchner, dass die Leitung vielleicht am Ende gar nicht benötigt wird. "Ein Drittel unseres Stroms in Bayern kommt ja bereits aus erneuerbaren Energien", verweist er zudem auf Erfolge. Und: Mit dem Kommunalwahlkampf hat die Diskussion aus Kirchners Sicht nichts zu tun: "Das hat keinen Einfluss auf die lokalen Geschehnisse vor Ort, ein Bürgermeister hat da eh keinen Einfluss drauf", lautet seine Meinung.