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Urteil gegen Steuerberater gesprochen


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Freitag, 17. Juni 2016

Ein Steuerberater aus dem Altlandkreis Bad Brückenau hat 484.633 Euro aus einem Nachlass veruntreut. Das Gericht sieht alle 43 Fälle als erwiesen an.
Im Fall des Steuerberaters aus dem Altlandkreis Bad Brückenau, der rund 484.000 Euro veruntreut haben soll, wird heute das Urteil am Landgericht Schweinfurt gesprochen. Foto: Ulrike Müller


Ursprünglich hatte das Gericht drei Verhandlungstage angesetzt. Nun aber reichen den Richtern zwei völlig aus. Der Grund ist wohl, dass der Angeklagte nahezu alle Vorwürfe eingeräumt hat. Nur in Detailfragen weichen die Aussagen ein wenig ab. Die Forderungen des Strafmaßes liegen weit auseinander: Während der Staatsanwalt auf vier Jahre Freiheitsentzug plädiert, legt der Verteidiger den Richtern eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung in Verbindung mit einem Berufsverbot nahe.

Einen letzten Punkt klärte das Gericht, bevor die Beweisaufnahme abgeschlossen wurde. Neben der unrechtmäßigen Entnahme aus dem Nachlass der verstorbenen Mandantin hatte der angeklagte Steuerberater - und das war der Punkt, der den Richtern noch unklar war - wissentlich zu hohe Gebühren gefordert. Die Summe sei nicht korrekt berechnet, sondern am "finanziellen Bedarf" ausgerichtet gewesen, sagte der Verteidiger. Auch der Stundensatz sei so angepasst worden, wie es der Angeklagte gebraucht habe. Warum er aber später zu hohe Rechnungen stellte, obwohl er auch offene Honorare aus laufender Beratungstätigkeit hätte einfordern können, das konnte der Angeklagte nicht überzeugend erklären.


Verteidiger verweist auf families und soziales Umfeld

Der Staatsanwalt hielt dem Angeklagten sein Geständnis zugute, das aus seiner Sicht die Anklage voll bestätige. Zudem habe er damit begonnen, den Schaden wieder gut zu machen. Dennoch forderte er eine Haftstrafe von vier Jahren, auch wenn damit der Verlust der Zulassung als Steuerberater einhergehe. Der Angeklagte habe das Vertrauen seiner Mandantin "massiv missbraucht" und die Erben bewusst hingehalten, um weiter auf den Nachlass Zugriff zu haben. Auch die Verwendung der entnommenen Mittel spreche gegen ihn. Das Geld sei "schlichtweg verbrannt" worden.

Der Verteidiger konnte den Argumenten des Staatsanwaltes nichts entgegen setzen. Er verwies auf die finanzielle Not, die persönlichen, familiären Umstände und das Umfeld des Angeklagten. Als "alteingesessener, erfolgreicher Steuerberater" habe sein Mandant das Gesicht wahren wollen. "Das entschuldigt nichts, macht es aber vielleicht menschlich nachvollziehbar."


Keine Bewährung für den Angeklagten

Das letzte Wort gehörte dem Angeklagten selbst. "Mit der Gründung meiner neuen Kanzlei, da habe ich mich total verkalkuliert." Er habe die Realität nicht gesehen, dass er die Kanzlei längst hätte schließen müssen. Bei den Erben habe er sich entschuldigt und ihnen sein Wohnhaus übertragen. Für das Gebäude, in dem sich seine Kanzlei befindet, liefen bereits Verkaufsverhandlungen, hatte sein Verteidiger zuvor schon erwähnt. Er wolle den Schaden wieder gut machen. "Das kann ich nur, wenn ich arbeiten kann und frei bin."

Drei Jahre und zehn Monate hielten die Richter für eine angemessene Strafe. "Wir können menschlich Ihr Ansinnen auf Bewährung nachvollziehen, aber Sie haben ganz erheblich Unrecht auf sich geladen", sagte der vorsitzende Richter. Selbst im wohlhabenden Milieu sei ein Schaden von 484.633 Euro "ganz erheblich", auch wenn der Angeklagte erste Schritte zur Wiedergutmachung gegangen sei.

Das Gericht sieht die Untreue in 43 Fällen als erwiesen an. Die Erblasserin habe lediglich die Bereitschaft, ein Darlehen zu gewähren, signalisiert. Zu einer entsprechenden Vereinbarung sei es aber nie gekommen. "Davon ist die Kammer wirklich überzeugt." Eine halbe Stunde lang begründete der Richter das Urteil. Der Angeklagte hat nun die Möglichkeit, Revision einzulegen.