Druckartikel: "Reichsbürger" geht mit Eisenrohr auf Polizisten los

"Reichsbürger" geht mit Eisenrohr auf Polizisten los


Autor: Redaktion

Schweinfurt, Dienstag, 15. November 2016

Bei Kontrolle seines Wagens mit Fantasie-Kennzeichen beleidigte der 68-Jährige massiv Beamte - Zweieinhalb Jahre Haft


"Wir leben noch im Deutschen Reich, die Bundesrepublik ist eine GmbH und ihre Polizei hat keine Befugnisse." Das meint laut Zeugenaussage eines Polizisten ein 68-jähriger Rentner aus dem Landkreis Bad Kissingen, bei dem die Polizei am Nachmittag des 3. Juni in der Nähe von Machtilshausen eine Fahrzeugkontrolle durchführen will. Plötzlich geht er mit einer Eisenstange auf einen Beamten los, er und seine Lebensgefährtin (53) beleidigen die Polizisten mit übelsten Ausdrücken.


TÜV-Stempel verfälscht

Eine Zivilstreife der Kripo sieht die beiden in ihrem Kleinwagen. Sie sind polizeibekannt aus früheren Strafverfahren, gegen die Frau liegen Vollstreckungshaftbefehle vor. Ihr Autokennzeichen "P - L 1812" gibt es nicht und dementsprechend auch keinen Versicherungsschutz.

Die Polizisten fordern den Kleinwagen zum Anhalten auf. Das Nummernschild ziert ein Adler mit der Aufschrift "Preußische Legion Königsberg", am TÜV-Stempel hinten ist die Jahreszahl 13 zur 19 verfälscht. Im Auto befinden sich noch zwei Hunde. Die Zivilbeamten fordern vorsichtshalber Verstärkung von Einsatzkräften an, die wegen einer Veranstaltung von Rechtsextremen gerade in der Nähe sind.

Der Fahrer zeigt die geforderten Papiere nicht vor. Der Aufforderung auszusteigen kommen er und die Frau nicht nach. Bei dem Versuch, den Autoschlüssel abzuziehen, um eine Flucht zu verhindern, schlägt der 68-Jährige nach einem der Polizisten. Der trägt eine blutende Wunde an der Stirn davon.


Plötzlich schlägt der Mann zu

Als die Polizisten den "Reichbürger" mit Zwang aus dem Auto holen, greift der zu einem im Fußraum liegenden Metallrohr und schlägt sofort in Richtung des Kopfes eines Beamten. Der schützt sich mit den Händen, erhält einen Schlag gegen die Hand - glücklicherweise abgemildert durch das Eingreifen eines Kollegen, der dem 68-Jährigen in den Arm greift. Fünf Beamte müssen den "Reichsbürger" zu Boden ringen und fixieren, bis er gefesselt ist.


Kein Respekt vor dem Gericht

Er und seine Lebensgefährtin geben dann eine Kostprobe aus ihrem Arsenal an Schmähungen gegen den Staat und seine Diener: "Stasi-Penner", "SS", "Merkel-Gestapo", "Schlägertruppe" sind nur einige der Kraftausdrücke. Der Angeklagte streckt einem Polizisten die Zunge heraus, versucht einen anderen zu treten.

Vor dem Gericht in Schweinfurt zeigt der "Reichsbürger" dann keine Achtung, bleibt sitzen, wenn es den Saal betritt und blickt finster - wie ein trotziges Kind. Er und seine Lebensgefährtin machen keine Angaben zum Vorfall. Er beschwert sich aber, dass die Polizei, als sie ihn zu Boden brachte, roh gewesen sei und ihn verletzt habe.


Zweieinhalb Jahre Haft

Wegen Urkundenfälschung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung wird er zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er bringt zehn Vorstrafen mit, die letzte wegen Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Staatsanwältin hatte auf drei Jahre plädiert, der Verteidiger auf Bewährung. Laut seinem Verteidiger ist der Rentner inzwischen geläutert, kein "Reichsbürger" mehr. Seine Lebensgefährtin kassiert wegen Beleidigung und Hausfriendsbruch in einer anderen Sache eine Bewährungsstrafe von vier Monaten.