Prozess um Messerattacke: Ist der Täter "gefährlich für die Allgemeinheit"?
Autor: Redaktion
Würzburg, Freitag, 22. April 2022
Zum Auftakt des Prozesses gegen den Messerangreifer von Würzburg ließ der Beschuldigte eine Erklärung verlesen. Was die Oberstaatsanwältin sagte.
Am ersten von 27 geplanten Verhandlungstagen im Prozess um die Messerattacke von Würzburg hat sich der Täter über seinen Pflichtverteidiger Hanjo Schrepfer zu den Vorwürfen gegen ihn geäußert. Der Anwalt erklärte: Der heute wohl 33-Jährige gebe die ihm vorgeworfenen Taten zu. Es sei seinem Mandanten wichtig zu betonen, dass er "zu keinem Zeitpunkt" aus einem islamistischen Motiv heraus gehandelt habe. Beim Prozessauftakt in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim waren zahlreiche Reporterinnen und Reporter sowie Kamerateams aus ganz Deutschland vor Ort. Auch rund 30 Bürgerinnen und Bürger verfolgten den Verhandlungsbeginn.
Die Generalstaatsanwaltschaft München wirft dem Messerangreifer dreifachen Mord und elffachen Mordversuch vor. Die Todesopfer sind Frauen im Alter von 24, 49 und 82 Jahren. Sein Mandant "bedauert das Leid, das er den Opfern und den Angehörigen zugefügt hat", sagte Verteidiger Hanjo Schrepfer. Er wolle sein "Mitleid zum Ausdruck bringen und um Entschuldigung bitten".
Details der Bluttat geschildert
Zu Beginn hatte Oberstaatsanwältin Judith Henkel die Details der Bluttat vom Würzburger Barbarossaplatz am 25. Juni 2021 geschildert. Sie verlas eine zehnseitige Antragsschrift, aus der nicht nur die Brutalität der Messerattacke deutlich wurde: Klar wurde auch, dass mehrere der Opfer, die den Angriff überlebt hatten, noch heute erheblich unter den Folgen ihrer schweren Verletzungen leiden - seelisch wie körperlich. Der Beschuldigte habe sich in Deutschland ungerecht behandelt gefühlt - und dann Stimmen in seinem Kopf gehört, die ihn angewiesen hätten, "alle" zu töten - zuerst im Kaufhaus am Barbarossaplatz, dann draußen.
Selbst in der juristisch-nüchternen Schilderung klang furchtbar, was da skizziert wurde: Wie der Mann im Woolworth ein Messer an sich nahm und es heimtückisch einer Kundin in Hals und Rücken rammte, dann der nächsten Frau und noch einer weiteren und dabei weder ein Kind noch eine Seniorin verschonte. Und wie er draußen Jagd machte nach weiteren Opfern, ehe mutige Passanten begannen, ihm Paroli zu bieten.
Der wohl wichtigste Satz der Oberstaatsanwältin in ihrem Vortrag ist ihr letzter an diesem ersten Verhandlungstag: "Die Gesamtwürdigung des Beschuldigten und seiner Taten ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist." Deshalb soll die Öffentlichkeit vor ihm geschützt und er weggesperrt werden - in der forensischen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses, so Henkel. Denn bei dem Beschuldigten sei eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert worden. Mittlerweile sei seinem Mandanten klar, dass er an einer psychischen Erkrankung leide, erklärte dazu Anwalt Schrepfer. Bei der Beweisaufnahme wurde ersatzweise die Zeugenaussage eines Opfers vorgelesen, das nicht die Kraft gefunden hatte, selbst vor Ort am Prozess teilzunehmen. Laut dem Vernehmungsprotokoll hatte die Frau der Polizei berichtet, wie sie dem Täter im Kaufhaus begegnet war, der sie mit dem Messer verletzte, und wie sie sich in ein Modegeschäft in der Kaiserstraße in Sicherheit gebracht hatte.
Nach zwei Stunden beendete der Vorsitzende Richter Thomas Schuster den ersten Verhandlungstag. Der Prozess wird am Montag, 25. April, in Veitshöchheim fortgesetzt.