Neustädter erforscht Ur-Nordsee
Autor: Redaktion
Bad Neustadt an der Saale, Freitag, 30. August 2019
Patrick Chellouche arbeitet als Geowissenschaftler und Paläontologe in Osnabrück. Bei Ausgrabungen legte sein Team Millionen Jahre alte Funde frei.
Wirbel von Walen, dazu Zähne und Zahnstücke von einigen Wal- und Haiarten, barg das Ausgrabungsteam um Dr. Patrick Chellouche im Osnabrücker Land. Der Bad Neustädter ist Abteilungsleiter für Geowissenschaften des Museums am Schölerberg in Osnabrück. Wie kam es zu den Ausgrabungen?
Im Herbst 2018 entdeckte eine Hobby-Sammlerin im Osnabrücker Kreis einige Knochen und Haizähne. Sie wandte sich an den Natur- und Geopark TerraVita. Ein dortiger Geologe hatte ebenfalls Haizähne in dem Gebiet gefunden. Das brachte das Museum am Schölerberg ins Spiel, das für das Bergen und Bewahren des naturwissenschaftlichen Erbes in Osnabrück zuständig ist. Chellouche: "Uns war sofort klar, dass wir eine Ausgrabung durchführen mussten", erzählt er.
Im Herbst ging das aber nicht mehr - die gefundenen Walknochen waren in kritischem Zustand: "Die waren so weich, dass man einen Fingerabdruck reindrücken konnte", beschreibt Chellouche. Das liege unter anderem am sauren Regen. Die Fossilien liegen recht oberflächennah und bestehen aus Calciumphosphat. Komme das mit dem Regen in Kontakt, reagiere es und es bleibe nur noch Phosphat, erklärt der 38-Jährige. "Das war in dem Fall das größte Problem",sagt er.
Es galt, die trockene Jahreszeit abzuwarten. Wenn keine Feuchtigkeit mehr in den Poren der Fossilien ist, können sie mit einem Härtungsmittel behandelt werden. Im März 2019 fand schließlich eine Vorgrabung statt, in der letzten Juniwoche die gezielte Flächengrabung in der fossilführenden Schicht, berichtet Chellouche.
Wo genau die Ausgrabungen stattfanden, wird nicht verraten - das könnte Raubgräber anlocken. Generell müssten fossile Funde gemeldet werden, daran halte sich aber nicht jeder: "Man kann mit Fossilien unheimlich viel Geld machen", erklärt Chellouche. Deshalb möchte er die ehrliche Sammlerin, Carina Könning, die die Stelle entdeckt hat, besonders hervorheben: "Wir sind superdankbar und superfroh, dass sie sich bei uns gemeldet hat".
Wissenschaftler hätten meist gar nicht die Zeit, im Feld unterwegs zu sein. Die Hobby-Sammler seien ihre Augen und Ohren. Könning sei bei den Ausgrabungen beteiligt gewesen. Außerdem Dr. Tobias Fischer vom Natur- und Geopark, sowie Horst Felka, ein lokaler Fossiliensammler, der sich mit Haizähnen auskenne. Daneben noch viele weitere Helfer: "Das wichtigste ist, dass das Teamarbeit ist", so Chellouche.
An den Funden, die aus der Ur-Nordsee stammen, gebe es einige Merkmale, mit denen man die Tiergattung und -art diagnostizieren könne. Die gefundenen Wirbel seien beispielsweise grob der Gattung Wale zuzuordnen. Zudem wurden Teile von Zähnen räuberischer Zahnwale gefunden. Daneben fand das Team Haizähne. Anhand von Zähnen der Haiart "Carcharomodus escheri", die zum ersten Mal vor zwölf Millionen Jahren aufgetreten sei, könne man die Funde zeitlich einordnen, erklärt Chellouche.