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Mehr Leben in Gräben und Bächen


Autor: Redaktion

Hammelburg, Dienstag, 27. November 2018

Hammelburg und Wartmannsroth haben ein Gewässerentwicklungskonzept in Auftrag gegeben. Kommunalpolitiker fürchten Widerstand aus den Reihen der Landwirte.
Auch der Eschenbach in Untereschenbach könnte etwas Auflockerung gebrauchen. Foto: Wolfgang Dünnebier


und Gerd Schaar Vom kleinen Graben bis zum Bach reicht die Kategorie der Gewässer dritter Ordnung in Stadt und Land. Davon sind etliche in einem bedauernswerten Zustand. Eingepfercht in schmale Rinnen oder mit für Kleingetier unüberwindbaren Absätzen lässt ihre Naturnähe zu wünschen übrig. Das beeinträchtigt auch ihre Rückhaltefunktion gegen Hochwasser. Schädlich für die Wasserqualität ist zudem landwirtschaftliche Düngung in den Uferbereichen.

Diese Konstellation widerspricht nicht selten dem Bayerischen Wassergesetz. Hammelburg und Wartmannsroth wollen jetzt handeln. Sie haben jeweils beim Büro für Ingenieurbiologie und Landschaftsplanung (BIL, Witzenhausen) ein Gewässerentwicklungskonzept in Auftrag gegeben.

Die Experten stellten das Vorhaben am Montagabend im Stadt- beziehungsweise Gemeinderat vor. Dabei gab es auch Lob für richtig schöne Uferbereiche, an denen es nichts zu verbessern gibt.

Mögliche Schritte vorgestellt

In Hammelburg präsentierte Landschaftsplaner Ralf Katzschner denkbare Schritte. Wünschenswert sei von der Stadt ein Erwerb von zehn Meter breiten Uferstreifen zur Abgrenzung von Ackerland und fünf Meter bei Grünland. Gräben könnten aufgeweitet werden, um die Fließgeschwindigkeit zu verringern. Wo genügend Platz ist, könnten bei zu steilem Verlauf Umgehungsgerinne gebaut werden. Das Thema weckt Emotionen, weil Landwirten damit Nutzungseinschränkungen drohen. Zweiter Bürgermeister Reimar Glückler (CBB) erinnerte an die Diskussion um den Erwerb von Uferstreifen an der Saale durch den Freistaat. Da seien die Landwirte auf die Barrikaden gegangen. "Es handelt sich um eine langfristige Idealvorstellung", wollte Bürgermeister Armin Warmuth Ängste vor zu viel Aktionismus nehmen.

Boden entsiegeln

Verbesserungen sind laut BIL wünschenswert unter anderem am Rechbach im Seeshofer Tal, am Klingenbach und am Eschenbach. Sinnvoll sei es, bei eingemauerten Bachpassagen zumindest den Boden zu entsiegeln. So wie etwa in Untereschenbach. Allerdings braucht es dafür komplexe hydraulische Berechnungen, weil das Wasser durch den rauen Boden das angrenzende Mauerwerk stärker belastet. "Manchmal ist es dem nicht gewachsen", warnte Katzschner. Den Stadträten ist dieser Ansatz sympathisch, weil es dafür keinen zusätzlichen Raum erfordert, wie Patrick Bindrum (CSU) betonte.

"Auch die kleinste Maßnahme zählt", warb Landschaftsplaner Katzschner dafür, nicht aufzugeben, falls es Widerstand gegen einzelne Vorhaben gibt und Uferstreifen nicht in voller Länge zu haben seien. Wünschenswert, aber wohl zu aufwendig, sei die Beseitigung der Kanalisierung des Baches oberhalb von Feuerthal, sagte Katzschner. Ins Auge fassen könnte man dies, wenn ohnehin eine Sanierung ansteht.

Reimar Glückler warnte vor steigendem Erhaltungsaufwand auf Flächen nach dem Übergang ins Eigentum der Stadt. Mehrausgaben an der einen Gewässerstelle würden sich jedoch mit Einsparungen an anderer Stelle ausgleichen, informierten die Vertreter von BIL über ihre Erfahrungen. Schließlich stimmten die Stadträte dem Entwicklungsplan zu.

Bei der Sitzung in Wartmannsroth interessierten sich etliche Zuhörer für das Thema. Mit 13:1 Stimmen wurde dort das Konzept befürwortet. Hier präsentierten Sandra Fuchs und Diplombiologe Werner Haaß von BIL ihre Lösungsansätze für die Renaturierung mancher Bäche. Der Klingenbach und der Hofbach bei Windheim, der Weißenbach und die Seeleinsquelle bei Heiligkreuz, der Waizenbach in Wartmannsroth und bei Waizenbach, der Neuwiesgraben in Dittlofsroda und der Sippach bei Schwärzelbach gerieten ins Blickfeld. Letzterer sei im nahezu perfekten Zustand, bestätigten die Biologen.

Den Tieren ihren natürlichen Lebensraum zurückgeben, Hochwasser und Erosion vermeiden, sind auch hier die Ziele. Freilich ist in manchen Fällen die Interessens-Kollision zwischen Natur und Landwirtschaft zu erahnen. Wenn zum Beispiel der Biber seine Dämme baut oder der Acker einen breiten Pufferstreifen Abstand vom Bachufer nehmen muss. Fördermittel - zum Beispiel KULAP - seien möglich, stellte Haaß in Aussicht. dübi/hgs