Lückenschluss in der Statistik
Autor: Redaktion
Hammelburg, Donnerstag, 13. Dezember 2018
Auch in Hammelburg, Wartmannsroth und Oberthulba gibt es unbewohnte Häuser. Ein Teil von ihnen ist von Forschern im Auftrag der Bundesregierung erfasst worden.
Als sie einen Mann beobachtete, der Gebäude fotografierte, schaltete eine besorgte Anwohnerin die Polizei ein. Es stellte sich heraus, dass der Fotograf nicht zum Ausspähen für einen Einbruch gekommen war. Er war im Auftrag der Bundesregierung unterwegs, als Mitarbeiter eines Forschungsprojekts. Als Stichprobenareal sind auch Teile von Hammelburg und seinen Nachbargemeinden Wartmannsroth und Oberthulba auserkoren. Hier sind die Erhebungen bereits abgeschlossen, ebenso wie im Raum Bischofsheim und Oberelsbach.
Um das Klima zu schützen, hat die Regierung Klimaziele für Deutschland verabschiedet, die bis 2020, 2030 oder 2050 erreicht werden sollen. Bis 2020 sollen 20 Prozent weniger Energie verbraucht werden als 2008, bis 2050 sogar nur noch die Hälfte.
Energie für Gebäude
;Erreichen will man das unter anderem durch Einsparungen bei Gebäuden. Rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland fallen nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bei Gebäuden an, für Heizung, Warmwasserversorgung, Klimatisierung und Beleuchtung. Für die rund 18 Millionen Wohnhäuser in der Bundesrepublik regelt die zuletzt 2016 verschärfte Energieeinsparverordnung, welche Anforderungen sie erfüllen müssen, welchen Beitrag also die Besitzer zu den Klimazielen liefern. Es gibt aber noch etwa 1,5 Millionen weitere Gebäude. Gebäude, die nicht Wohnzwecken dienen, sondern in denen Büros untergebracht sind, Fabriken, Gewerbebetriebe, Krankenhäuser und anderes. Über sie gibt es in den Statistiken des Staates kaum verwertbare Daten. Ihre energetische Qualität ist nicht bekannt, erläutert Professor Guido Spars vom Fachbereich "Ökonomie des Planens und Bauens" der Bergischen Universität Wuppertal. Die Regierung tut sich deswegen schwer, das Sparpotenzial bei diesen Nichtwohngebäuden überhaupt einzuschätzen.
2,5-Millionen-Euro-Projekt
;Diese Lücke in den Statistiken sollen die Forscher im Auftrag des Wirtschaftsministeriums ändern. 2,5 Millionen Euro wendet die Regierung dafür auf. Data-NWG - NWG für Nichtwohngebäude - heißt das Projekt, bei dem das Institut für Wohnen und Umwelt in Darmstadt (IWU), das Institut für ökologische Raumentwicklung IÖR in Dresden und Wissenschaftler der Uni Wuppertal zusammenarbeiten.
Letztere sind für die Datenerhebung zuständig. In ganz Deutschland sind deswegen Mitarbeiter unterwegs, um den Bestand an Nichtwohngebäuden zu dokumentieren. "Dabei führen die Erfasser eine erste Aufnahme von Gebäudemerkmalen durch", teilt das Wirtschaftsministerium mit. Das geschehe vom öffentlichen Raum aus, ohne Betreten von Privatgrundstücken. Zudem werden die Gebäude fotografiert. Die rund 100 Erfasser werden von fünf Mitarbeitern der Uni Wuppertal betreut.
Sie tun das mit einer eigens für das Forschungsprojekt entwickelten App auf dem Smartphone, erläutert Professor Guido Spars. Das Programm navigiert die Erfasser von Gebäude zu Gebäude. Die Gebäude werden fotografiert. Für jedes wird dann Schritt für Schritt ein Fragenkatalog abgearbeitet. Dabei tragen die Erfasser Angaben über den Gebäudetyp ein, das geschätzte Alter eines Gebäudes, seinen Modernisierungszustand, die Dachform, die Anzahl der Geschosse, wie hoch der Anteil der Fenster an der Fassade ist und anderes mehr.
Daten werden hochgerechnet
Sie tun das aber nicht überall in Deutschland. Dafür wäre der Aufwand zu groß. Stattdessen will man mit der Untersuchung von 500 Stichproben-Arealen auskommen. Sie sind zufällig über ganz Deutschland verteilt und enthalten zusammen 100 000 Nichtwohngebäude. Von ihnen will man die Daten der Gesamtheit der 1,5 Millionen Nichtwohngebäude in Deutschland hochrechnen. Die Ergebnisse liefern nicht nur die Datengrundlage für Klimaziele, sondern erlauben zum Beispiel auch Untersuchungen über die Ballung unsanierter Immobilienbestände und die Entwicklung von Instandsetzungs- und Modernisierungsstrategien.