Kurzonenänderung: Kur schlägt Wohnquote
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Donnerstag, 04. Februar 2016
Der Bauausschuss hat Einwände von Betroffenen zurückgewiesen und die vierte Änderung des Sondergebiets beschlossen. Ob dagegen geklagt wird, ist noch offen.
Der Bauausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwochabend die vierte Änderung der Kurzonensatzung mit deutlicher Mehrheit beschlossen. Damit geht in Kürze ein mehrjähriges Prozedere zu Ende: Das Bauamt stellte umfangreiche Voruntersuchungen an, befragte Hauseigentümer, erfasste sämtliche Leerstände. Vor einem Jahr entschied der Stadtrat, einen neuen Bebauungsplan für das Sondergebiet Kur aufzustellen.
Vergangenes Jahr hat die Stadt die vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in der Sitzung vorgestellt: Drei Unternehmen und zwei Privatleute haben ihre Einwände vorgebracht. Die Hescuro-Klinik hatte beispielsweise gebeten, dass ihr Personalwohnheim aus dem Kurgebiet genommen wird, das Hotel Sonneneck wollte ebenfalls herausgenommen werden. Eine Privateigentümerin beantragte hingegen, dass ihr Grundstück im Sondergebiet bleibt.
Mehr Wohnungen gefordert
Hauptstreitpunkt ist das Thema Wohnungen im Kurgebiet, die bisher ausgeschlossen waren, jetzt aber in Ausnahmen gestattet werden (siehe Infokasten). Die massivste Kritik kam von der Geschäftsleitung des Sanatoriums Fronius, vertreten über eine Anwaltskanzlei. "Die vorgesehene Quote der Nutzung zu Dauerwohnzwecken ist deutlich zu niedrig angesetzt", heißt es. Die Kurzone erscheint zu restriktiv. Die Änderung sei nicht geeignet, um den wirtschaftlichen Spielraum von Unternehmen zu verbessern. Das Sanatorium fordert, eine Wohnquote von 49 Prozent zuzulassen. Außerdem sei der neue Zuschnitt der Kurzone gleichheitswidrig.Laut Christine Schwind ist der Zuschnitt städtebaulich zu rechtfertigen. Sie verteidigte die 25-ProzentQuote für Wohnungen. "Wir haben alle Flächen im Sondergebiet ermittelt", erklärt sie. Weil es dort bereits Wohnungen im Bestandsschutz gibt und auch in Ausnahmen kurf remde Nutzungen zugelassen wurden, dürfe die Quote nicht höher als 25 Prozent liegen. Andernfalls würde es mehr Fremd- als Kurnutzung geben. "Dann würde das Kurgebiet kippen", sagt Schwind. Planungsziel sei aber, den Gebietscharakter zu erhalten. Die Hauptnutzung müsse kurbezogen bleiben.
Die Stadträte haben die Einwände meist mit deutlicher Mehrheit zurückgewiesen. Gegenstimmen gab es von Klaus Zehe (Freie Wähler). Seine Fraktion fordert konsequent, das Sondergebiet ganz abzuschaffen. Die Beratung wurde von Stadtrat Richard Fix (Grüne) geleitet, Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) war als betroffener Eigentümer nicht stimmberechtigt.
Änderung im März rechtskräftig
Um das Sondergebiet Kur und die Frage, wie Eigentümer ihre Immobilien nutzen, hat es immer wieder juristischen Streit gegeben. Zuletzt landete 2004 ein Normenkontrollverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München: Das Kurgebiet hielt stand. Ob das Sanatorium juristisch gegen die geänderte Kurzonensatzung vorgeht, blieb offen. Dr. Georg Fronius teilte auf Nachfrage mit, er wolle sich zunächst mit seinen Anwälten beraten. Reicht er eine Normenkontrollklage ein, wird dadurch allerdings das weitere Verfahren nicht blockiert. Schwind geht davon aus, dass die Änderung im März rechtskräftig wird. Sollte eine Normenkontrolle Erfolg haben, wird wieder der Stand vor der vierten Änderung gültig.
Die Änderungen im Überblick
Verkleinerung Aus dem Sondergebiet werden Bereiche genommen, in denen überwiegend keine Kurnutzung mehr stattfindet. Betroffen ist eine Nutzfläche von rund 100 000 Quadratmetern. In den Bereichen konzentrieren sich leerstehende Häuser. Die Areale sollen zu Wohn- und Mischgebieten umgewandelt werden.Wohnen In der Kurzone wird Dauerwohnen in Ausnahmen erlaubt. Bisher war eine Wohnnutzung nur in Häusern gestattet, in denen sich bereits vor Erlass der Kursatzung Wohnungen befunden haben. Tritt die beschlossene Änderung in Kraft, sind auf jedem Grundstück Wohnungen möglich. Ihr Anteil darf höchstens 25 Prozent der gesamten Geschossfläche betragen, in der übrigen Fläche muss eine Kurnutzung erhalten bleiben.