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Investitionen in Bad Kissingen nur für Nötigstes


Autor: Benedikt Borst

Bad Kissingen, Donnerstag, 26. Januar 2017

Trotz hoher Einnahmen und Finanzhilfen bleibt ein Defizit. Investiert wird in Straßen. Die Stadt erwägt den Verkauf weiterer Einrichtungen (Mit Kommentar).
Bilder: Ralf Ruppert/Benedikt BorstGrafik: Micho Haller


Sechs Millionen Euro will die Große Kreisstadt in 2017 investieren, der Großteil des Geldes geht in marode Straßen und Kanäle . Trotzdem wären noch höhere Summen nötig, um den angefallenen Sanierungsstau aufzulösen. "In der Infrastruktur, das kann ich mantraartig wiederholen, haben wir zu wenig Mittel", sagte Kämmerer Gerhard Schneider während der abschließenden Haushaltsdebatte.

Ohne kräftige Finanzspritzen vom Freistaat sähe es allerdings düsterer aus. Drei Millionen Euro Stabilisierungshilfe erhält Bad Kissingen dieses Jahr. 2,7 Millionen Euro davon gehen in die Schuldentilgung, der Rest wird investiert. Eine weitere gute Nachricht kam vor wenigen Tagen: Die Stadt erhält über den kommunalen Finanzausgleich 724 000 Euro mehr Schlüsselzuweisungen als geplant. "300 000 Euro davon stellen wir zusätzlich für den Straßenunterhalt bereit", erklärte der Kämmerer.


Defizit verringert sich

Der Stadtrat hat am Mittwochabend den Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. "Wir verbessern das Ergebnis auf ein Defizit von 1,2 Millionen Euro", berichtete Schneider. Das Minus fällt niedriger aus, als in der Vorberatung im Dezember veranschlagt und liegt eine halbe Millionen Euro unter dem Ergebnis des Vorjahres. Unwägbarkeiten auf Ausgabenseite gibt es bei der Kreisumlage, die noch nicht fest steht. Die Kämmerei geht davon aus, dass die Belastung für die Stadt nicht höher, sonder tendenziell niedriger als im Vorjahr ausfällt. Trotz der verbesserten Ausgangslage wurden nur zwingend nötige Maßnahmen bei den Investitionen berücksichtigt.


CSU fordert mehr Investitionen

Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) betonte, dass der Haushalt unter schwierigen Bedingungen entstanden ist. Gute Steuereinnahmen stehen erheblich gestiegenen Kosten gegenüber, etwa beim Personal, bei Kindergärten und im Heilquellenschutz. Dennoch werde die Grundlage gelegt, um "die Zukunftsaufgaben der Stadt aktiv in Angriff zu nehmen". Die Stadt dürfe sich jetzt nicht finanziell übernehmen, um Großprojekte der nächsten Jahre wie die Neue Altstadt und die Freibadsanierung stemmen zu können.

Die CSU-Fraktion lehnte den Haushalt geschlossen ab. Der zurückgetretene Fraktionssprecher Michael Heppes begründete das damit, dass zu sehr gespart und zu wenig investiert würde. Die Stadt müsse ihre Kosten besser in den Griff kriegen, sonst würden dringend notwendige Investitionen immer weiter geschoben. "Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Einnahmen passen", sagte er.

Die übrigen Fraktionen stimmten für den Haushalt. "Es geht um die Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit. Unsere dringlichsten Aufgaben bestehen im Bereich der Infrastruktur", sagte Richard Fix (Grüne). Das Gremium hat außerdem einstimmig das Konzept zur Haushaltskonsolidierung fortgeschrieben. Hier sind unter anderem Gebührenerhöhungen vorgesehen, etwa für das Museum Obere Saline, die Stadtbücherei, die Friedhöfe und die Straßenreinigung. Zudem sollen Vereine für die Nutzung städtischer Hallen im Erwachsenenbereich an den Betriebskosten beteiligt werden. Neu ist, dass die Stadt alternativ zur Verpachtung auch den Verkauf von städtischer Einrichtungen erwägt, die laut Kämmerei "nicht der originären Aufgabenerfüllung dienen". Betroffen sind der Campingplatz, die Reitanlage "Obere Saline" sowie städtische Gaststätten.


Haushalt 2017 der Stadt Bad Kissingen in Zahlen

Bilanz Im Ergebnis stehen Erträge von rund 51,3 Millionen Euro (Vorjahr: 48,6 Millionen) Ausgaben von rund 52,5 Millionen Euro (49,7 Millionen) gegenüber. Unterm Strich bleibt ein Defizit von 1,2 Millionen Euro. Das Minus fällt im Vergleich zu 2016 um eine halbe Million Euro geringer aus.

Investitionen Im Investitionsplan sind für 2017 Maßnahmen in Höhe von 6,2 Millionen Euro vorgesehen. Große Einzelmaßnahmen sind die Erneuerung der Erhardstraße mit Kanal (2,8 Millionen Euro in 2017, 5,5 Millionen Euro insgesamt), die Sanierung der Mühlbach-Kanalisation zwischen Liebfrauensee und Stadtpfarrkirche (670 000 Euro in 2017, 1,0 Million Euro insgesamt) sowie die Erneuerung des Maria-Ward-Wegs inklusive Kanal (500 000 Euro in 2017, 1,2 Millionen Euro insgesamt).

Herausforderungen Mit der Sanierung des Freibades (ohne Aktionsbecken), der Fußgängerzone, der Lindesmühle sowie Sanierung oder Neubau der Hennebergschule stehen weitere Großprojekte an.


CSU-Stadtrat Lutz attackiert Blankenburg

Während der Aussprache zum Haushalt sorgte ein Satz von Wolfgang Lutz (CSU) für reichlich Wirbel. Er lamentierte zunächst über die schlechte finanzielle Lage Bad Kissingens, für die er den Oberbürgermeister verantwortlich machte. "Dieser Haushalt ist für mich desaströs und er trägt ihre Handschrift", schimpfte er. Dann legte er Blankenburg (SPD) den Rücktritt nahe. Der reagierte souverän auf die Tirade. "Wenn wir über die Stadtwerke ein neues Hallenbad bauen und sie mir vorwerfen, wir würden ein Bad schließen, dann ist das an Populismus nicht zu überbieten", entgegnete der OB. Michael Heppes (CSU) distanzierte sich umgehend von seinem Parteikollegen. "Mit Stadtratsarbeit hat das nichts mehr zu tun. Ich denke, dass ich für die deutliche Mehrheit der Fraktion spreche, dass dies nicht gewünscht ist", erklärte er.

Die übrigen Fraktionen reagierten empört über die Aussage von Lutz und mahnten Sachlichkeit an. "Sie verlassen den Boden einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit", sagte SPD-Fraktionssprecher Bernd Czelustek. Sigismund von Dobschütz (Freie Wähler) schloss sich an: "Wahlkampf ist erst 2020. Wir sollten sachlich miteinander verfahren", meinte er.

CSU-Ortsvorsitzender Steffen Hörtler hält die Äußerung seines Kollegen für "unangebracht" und macht deutlich, dass Lutz "in diesem Punkt für sich allein gesprochen hat". Die CSU hat nach wie vor keinen Nachfolger für Michael Heppes als Fraktionsvorsitzenden gefunden. Drei Mitglieder sind im Urlaub, die Fraktion hat sich seit Weihnachten nicht mehr vollständig getroffen. "Wir können nur weiterkommen, wenn alle da sind", betont Hörtler. Er weist Kritik zurück, dass die Fraktion ohne Vorsitzenden im Stadtrat nicht stringent agiert. "Wir haben uns gut auf den Haushalt vorbereitet und waren uns inhaltlich einig", sagt er. Es sei jedem Stadtrat gestattet, seine Meinung frei zu äußern.

Führungslosigkeit in der CSU (Kommentar)
von Benedikt Borst
Natürlich hat jeder Stadtrat das Recht, seine Meinung auszusprechen. Wenn er das verständlich und kritisch tut, umso besser. Aber er hat die Pflicht, seine Aussage mit Argumenten zu untermauern. Ansonsten ist er nicht besser als all die Frauke Petrys und Donald Trumps dieser Welt. So viel zum Grundsätzlichen. In der Kissinger-CSU prallen derzeit zwei Anschauungen aufeinander: Die des Michael Heppes, der an verbindlicher Handschlagpolitik interessiert ist und die derjeniger, die sich mehr Gepolter, mehr Opposition wünschen. Da hilft es nichts, dass die Stadtratsfraktion inhaltlich einig ist und geschlossen abgestimmt hat. Um wieder eine klare Linie zu bekommen, braucht es einen Vorsitzenden, der die Autorität hat, beide Seiten zu moderieren: Schärfer im Ton, aber politisch zuverlässig. Steffen Hörtler mit seiner Erfahrung wäre so ein Kandidat. Allerdings einer, der nicht will. Die Suche geht also weiter.