Druckartikel: Hitziges Im-Kreis-Drehen mit Rolle rückwärts

Hitziges Im-Kreis-Drehen mit Rolle rückwärts


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Donnerstag, 23. Juli 2015

Die Pirouetten des Bad Kissinger Stadtrats
Zukunft offen: Die Treppe zwischen Salinen- und Friedrich-List-Straße wird - zumindest vorerst - doch nicht saniert. Der Stadtrat kassierte den entsprechenden Beschluss des Bauausschusses. Foto: Archiv/Mäuser


Die Zahl der Zuhörer im Bad Kissinger Stadtrat hält sich traditionell in Grenzen: Gerade einmal drei Bürger verirrten sich auch am Mittwochabend in den völlig überhitzten Sitzungssaal des Rathauses. Bestimmt vertrauen alle darauf, dass in der Saale-Zeitung sowieso das wichtigste steht? Das ist die Hoffnung des Journalisten.
Nach Sitzungen wie der am Mittwoch beschleicht einen jedoch ein ungutes Gefühl: Vermutlich hat sich doch einfach herumgesprochen, dass

es nervenzehrend und zermürbend ist, mehr als drei Stunden einem Gremium zuzuhören, das sich so oft um sich selbst im Kreis dreht, dass einem schwindlig wird.
Das Trauerspiel am Mittwoch hatte vier Akte: Im ersten stiftete die Verwaltung Verwirrung, indem sie über einen Punkt erneut abstimmen lassen wollte, den der Bauausschuss längst entschieden hatte. In den Akten zwei und drei kamen die Querschüsse gegen den Stadtrat dann aus den eigenen Reihen: Gleich zwei Punkte aus dem Bauausschuss wurden gekippt. Die Initiative dafür, die so genannten Nachprüfungsanträge, hatten jeweils mehrere Mitglieder des Bauausschusses mit unterschrieben.
Dem Zuhörer drängt sich da der Verdacht auf, dass sich ein Ausschuss selbst abschafft. Denn was bringen die Beratungen in Untergremien, wenn sich der Stadtrat drei Wochen später erneut stundenlang mit den Themen befassen muss und die Entscheidung wieder einkassiert?
Über allem schwebte am Mittwoch ein rauer Umgangston, von dem sich auch der ansonsten eher besonnene Oberbürgermeister zeitweise anstecken ließ: Passend zu den Raum-Temperaturen ging es ganz schön hitzig zu. Vor allem bekam jemand einen Teil des Gewitters ab, der gar nicht wusste, wie ihm geschieht: Matthias Wacker vom Staatlichen Bauamt wurde immer wieder bedrängt, spontane Aussagen zu machen, ohne dass er vorab Fragen bekommen hatte. Behördenvertreter sollten nicht die Blitzableiter des Stadtrates sein!
Im vierten Akt schließlich gab es noch eine Watsch'n vom Oberbürgermeister für unliebsame Nachfragen zum nicht-öffentlichen Teil: Natürlich darf nicht auf Tagesordnungspunkte, die der Geheimhaltung unterliegen, verwiesen werden.Da hat der OB Recht. Aber seine Schlussfolgerung, dass in einer öffentlichen Sitzung nichts angesprochen werden darf, was bereits in der Zeitung steht, ist doch einigermaßen absurd: Stadträte sollten sich nicht dumm stellen müssen, nur weil die Tagesordnung ein Tabu aufbaut. Das käme einem Maulkorb gleich. Und die Nachfrage, weshalb die Stadträte nicht zur Präsentation in den Rosengarten eingeladen wurden, erscheint mir längst nicht so abwegig wie dem OB.