Fünf beziehungsweise sieben Jahre müssen zwei 35 und 52 Jahre alte Männer aus Schlüchtern ins Gefängnis. Nach einer Automatensprengung, bei der ein Zeitlofser starb, fiel jetzt das Urteil am Hanauer Landgericht.
Die erste Große Strafkammer beim Landgericht Hanau sieht es als erwiesen an, dass die beiden Männer im September 2013 versucht hatten, gemeinsam mit einem 47-Jährigen aus Zeitlofs einen Fahrkartenautomaten im tauberfränkischen Gaubüttelbrunn zu sprengen. Der Komplize war dabei tödlich verletzt worden.
Die juristischen Termini für die Straftaten sind lang: Wegen "gemeinschaftlichen versuchten Mordes zur Verdeckung einer Straftat sowie des gemeinschaftlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit gemeinschaftlicher, gemeinschädlicher Sachbeschädigung und gemeinschaftlichem schwerem Diebstahl" muss ein 52-Jähriger für fünf Jahre hinter Gitter. Sein 35-jähriger Mitangeklagter erhält eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren, weil ihm noch unerlaubter Besitz einer Kurzwaffe mit Munition sowie der Umgang mit explosiven Stoffen zur Last gelegt wurde.
Die Strafe, so betont Vorsitzender Richter Dr. Peter Graßmück mehrfach, bewege sich am unteren Ende des Strafrahmens. Zugunsten der beiden Männer legt die Kammer die Geständnisse aus und bleibt mit den Urteilen unter den Forderungen von Oberstaatsanwalt Jürgen Heinze, der auf Haftstrafen von sechs Jahren und neun Monaten für den älteren und achteinhalb Jahre für den jüngeren Angeklagten plädiert hatte. Die Verteidiger hatten die Tat hingegen als unterlassene Hilfeleistung gewertet und Freiheitsstrafen von nicht mehr als zwei und nicht mehr als vier Jahren beantragt.
Die Schwurgerichtskammer folgte der Auffassung der Anklagebehörde. "Wir haben es mit einem Tötungsdelikt zu tun", erläutert Graßmück in Richtung der Schlüchterner, die seinen Urteilsspruch ohne erkennbare Regung aufnehmen. Zwar sei der Zeitlofser nicht durch fremde Hand gestorben, sondern infolge eines "Berufsrisikos" und einer "dilettantischen Tatausführung". Auch wenn es sich weniger dramatisch darstelle, als es zunächst erschien - die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich wegen Mordes angeklagt - will Graßmück nichts verharmlosen.
Auch der Versuch ist strafbar Den Verurteilten gibt er einen juristischen Grundsatz mit auf den Weg: "Das deutsche Strafrecht sanktioniert nicht nur den Erfolg. Auch der untaugliche Versuch steht unter Strafe." Graßmück gibt dazu ein Beispiel: "Stellen Sie sich vor, Sie haben einen schwer kranken Verwandten, der im Krankenhaus liegt - womöglich angeschlossen an Maschinen. Sie können das Elend nicht mehr sehen, und vielleicht ist noch ein bisschen was zum Erben da. Dann gehen Sie nachts hin, drücken ihm fünf Minuten ein Kissen auf den Kopf, um ihn zu ersticken. Aber da ist er bereits seit ein paar Stunden tot. Auch das ist ein untauglicher Versuch - und damit trotzdem strafbar."
Was der Richter meint: Mit dem Verfrachten des "nicht ansprechbaren, stark blutenden und röchelnden" Mannes, nachdem bereits Beute und Tatwerkzeuge verladen worden waren, hätten die Verurteilten ihren Komplizen für jegliche Hilfe aus dem Blickfeld genommen. Auch wenn dieser laut Gutachterin sowieso verstorben wäre. "Sie haben sich den Tod nicht gewünscht oder ihn nicht gewollt. Aber Sie haben sich damit abgefunden", sagt Graßmück. Das Verfrachten ins Auto stelle solch einen untauglichen Versuch dar und wiege schwerer als eine unterlassene Hilfeleistung.
Einfacher sei die Feststellung des Mordmerkmals: "Es handelt sich um eine einfache Verdeckung." Die Kammer gehe davon aus, dass die Angeklagten nicht wollten, dass ihre Straftat, bei der sie 218 Euro erbeuteten und 32 000 Euro Schaden hinterließen, entdeckt wird. Dafür sprechen die Beseitigung der Spuren am Tatort und die Verschleierung der Identität des Toten. Zudem seien Handys versteckt und in "die Bach" versenkt worden, und die Täter hätten den Tatort ohne Licht verlassen. Bei dem 35-Jährigen sei hinzu gekommen, dass er zu Hause Waffen und Sprengstoff hortete sowie eine Hanfplantage betrieb. Ob die Verteidiger Revision einlegen, wollen sie noch nicht sagen.
Andreas Ungermann