Flüchtlinge beziehen alte Fabrik in Bad Kissingen
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Montag, 24. August 2015
100 Flüchtlinge sind am Montag fürs Erste in eine alte Wäschefabrik in der Röntgenstraße gezogen. Diese Woche werden 100 weitere erwartet. Wie lange und wo sie danach untergebracht werden, steht noch nicht fest.
Als der erste von zwei Bussen vor der ehemaligen Wäschefabrik in der Röntgenstraße anhält, erledigen drinnen Handwerker letzte Feinarbeiten. Kleinere Licht- und Elektroinstallationen sind noch zu erledigen, grundsätzlich ist das leere Fabrikgebäude aber als Notunterkunft für rund 200 Flüchtlinge bezugsfertig.
Vor rund zwei Wochen wurde das hiesige Landratsamt von der unterfränkischen Regierung informiert, dass der der Landkreis Bad Kissingen als letzter in Unterfranken jetzt auch eine Notunterkunft bereit stellen muss.
Gestern haben die ersten 100 Asylsuchenden die Notunterkunft bezogen. Sie wurden in zwei Gruppen aus der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Schweinfurter Kaserne nach Bad Kissingen gebracht. Am Donnerstag sollen weitere 100 eintreffen. Die Flüchtlinge werden die nächsten Wochen in der Wäschefabrik leben und sollen auch darüber hinaus im Landkreis untergebracht werden. "Wir werden versuchen, sie möglichst zeitnah dezentral unterzubringen", erklärt Stefan Seufert, Asylkoordinator des Landratsamtes. In Frage kommen unter anderem Gauauschach und der Markt Oberthulba. Dort belegt der Landkreis als Nächstes dezentrale Unterkünfte. Ebenfalls denkbar ist laut Seufert aber auch, dass ein Teil der Flüchtlinge direkt in Bad Kissingen bleibt und zwar in der geplanten Gemeinschaftsunterkunft der Regierung, die spätestens ab Oktober in der Winkelser Straße in Betrieb genommen werden soll.
Überwiegend syrische Familien
Um die Mittagszeit traf der erste Bus mit 55 Asylsuchenden ein.
"Es handelt sich überwiegend um Menschen aus Syrien und Afghanistan", berichtet Seufert. Junge Männer sind darunter, Frauen mit Kopftuch, viele Familien mit kleinen Kindern. Ihren spärlichen Besitz tragen die meisten in Plastiktüten und Rucksäcken, nur wenige besitzen Koffer. Ein Mann trägt einen schlafenden Jungen mit lockigen Haaren in die Fabrik.
Ein kleines Mädchen springt aus dem Bus und winkt den anwesenden Journalisten fröhlich zu, ein Junge in Deutschlandtrikot schaut neugierig in die Kamera. In der Notunterkunft werden die Flüchtlinge zunächst registriert, erklärt Tim Eichenberg, Leiter des Ausländeramtes. "Dann erhalten sie ihre Erstausstattung und bekommen ihre Zimmer zugewiesen", sagt er. In Schweinfurt wurden sie bereits gesundheitlich voruntersucht, im Lauf der Woche werden die Asylsuchenden von den Ärzten des Gesundheitsamtes ausführlich gecheckt. Einen Asylantrag hat noch keiner gestellt, die Asylverfahren werden erst in den nächsten Tagen und Wochen eingeleitet.
Von den nötigen Verwaltungsvorgängen bis zu den organisatorischen Abläufen wie der Essensausgabe: In zehn bis 14 Tagen soll sich laut Eichenberg die Lage in der Notunterkunft eingespielt haben. "Es läuft alles sehr geordnet und sehr ruhig an", findet er. Man profitiere in Bad Kissingen davon, erst vergleichsweise spät eine Notunterkunft belegen zu müssen. Das Landratsamt steht in engem Kontakt zu den anderen Landkreisen und tauscht sich über die Erfahrungen aus. "Grundsätzlich hat es in keiner Notunterkunft meines Wissens nach echte Probleme gegeben", sagt Eichenberg.
Caritas stockt auf
Um eine adäquate Unterbringung zu gewährleisten, sind viele Helfer gefordert. Ein Caterer versorgt die Flüchtlinge mit Essen, vier Security-Mitarbeiter sorgen für die Sicherheit, täglich zwischen 15 und 28 Einsatzkräfte vom Roten Kreuz helfen bei der Registrierung, bei der Essensausgabe und als Fahrdienst. "Bei den Helfern herrscht angespannte Professionalität.
Jeder bekommt die Hilfe, die er braucht, ungeachtet von Herkunft, Religion oder Hautfarbe", betont BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Stadler. Die Caritas übernimmt wie in allen anderen Unterkünften im Landkreis auch in der Wäscherei die soziale Betreuung der Flüchtlinge. Um den weiterhin steigenden Asylbewerberzahlen gerecht zu werden, stockt der Verband sein Sozialpädagogenteam von acht auf zehn Mitarbeiter auf. "Damit können wir die Betreuung voll übernehmen", versichert Kreisgeschäftsführer Ludwig Sauer.
Die Caritas und das Rote Kreuz können mit Spenden unterstützt werden. Kleider-, Spielzeug und anderweitige Sachspenden können beim Rot-Kreuz-Laden, am Steingraben 6, und am Caritas Kramlädchen in der Röntgenstraße abgegeben werden. Geldspenden sind möglich unter dem Verwendungszweck Flüchtlingshilfe. Weitere Informationen unter Tel.: 0971/ 72 720 (BRK) und Tel.: 0971/ 7246 9000 (Caritas).