Erpressung eines Schäfers: Ankläger fordert sechs Jahre Haft
Autor: Redaktion
Bad Kissingen, Mittwoch, 03. Februar 2016
Die Angeklagten sollen aufgrund ihrer massiven Drogen- und Alkoholsucht in eine Entziehungsanstalt untergebracht werden, fordert der Oberstaatsanwalt.
Als "mutmaßliche" Täter muss man die beiden Angeklagten im Alter von 23 und 24 Jahren nicht mehr bezeichnen. Sie haben gestanden, dass sie am 12. April letzten Jahres gegen 21.15 Uhr durch eine überfallartige Erpressung einen Schäfer aus Lippstadt (Nordrhein-Westfalen) in eine Falle gelockt und unter Waffeneinsatz um 4000 Euro gebracht haben.
Die Tat hätte ihnen die Staatsanwaltschaft auch so ohne große Probleme nachweisen können, war doch
der Ideengeber und Anstifter als früherer Beschäftigter des Schäfers diesem wohlbekannt - und bei der Durchführung unmaskiert. Dessen Kumpel, der vereinbarungsgemäß an dem Waldstück bei Bad Kissingen mit einer offenbar ungeladenen Gasdruckpistole aus dem Gebüsch gerannt kam, um der Geldforderung Nachdruck zu verleihen, war zwar maskiert. Sein Kumpan verriet ihn aber einen Tag später, nachdem er sich in Erfurt gestellt hatte.
Und: Laut dem Ankläger wäre der Mittäter auch durch eine Handyauswertung identifiziert worden.
Schwere, räuberische Erpressung
Am Mittwochnachmittag wurden die Plädoyers gehalten. Der Oberstaatsanwalt forderte für beide jeweils sechs Jahre Haft wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung, sowie aufgrund ihrer massiven Drogen- und Alkoholsucht gleichzeitig ihre Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt. Dabei berücksichtigte er, dass die Geldabpressung nach den nicht widerlegbaren Angaben der Angeklagten mit einer nicht funktionsfähigen Gaspistole durchgeführt wurde, womit aus der Waffe rechtlich eine "Scheinwaffe" beziehungsweise ein "Mittel" geworden sei. Dass die Pistole funktionsunfähig war, wussten die beiden Opfer aber nicht.
Sie leiden noch heute unter dem Trauma des Überfalls.April 2015: Der aus Nordrhein-Westfalen stammende 23-Jährige und sein 24-jähriger Kumpel aus Bad Kissingen, beide ohne Arbeit und erlernten Beruf, brauchen Drogen und Geld. Der Jüngere mit abgebrochener Schäfer-Lehre kommt auf die Idee, in der Branche zum Schein eine (gar nicht vorhandene) Schafherde günstig zum Kauf anzubieten, das Geld möglichst ohne vorherige Herdenbesichtigung zu kassieren, aber nicht zu liefern.
So dumm ist aber auch ein Schäfer nicht. Zwei Schäfer aus der Gegend hätten, so der Oberstaatsanwalt, von vorneherein abgewunken. Der ehemalige Arbeitgeber des 23-Jährigen zeigt sich schließlich interessiert, 250 Muttertiere für nur 5000 Euro eventuell zu kaufen - wollte die Herde vorher aber besichtigen.
Am Sinnberg
Als Termin wird schließlich der
12. April vereinbart. Es ist schon dunkel, als der 25-Jährige Interessent aus dem gut 300 Kilometer entfernten Lippstadt mit seinem besten Freund zusammen in Bad Kissingen eintrifft. Sein Ex-Mitarbeiter lotst sie an ein Waldstück "Am Sinnberg", wo die Schafsherde sein soll. Nachdem beide das Auto Richtung angeblicher Schafherde verlassen hatten, springt der 24-jährige Kumpel mit Sturmhaube maskiert aus dem Gebüsch und bedroht den Freund des Schäfers auf dem
Beifahrersitz: "Geld her, Handy her" - und hält dem Beifahrer die Pistole Richtung Schläfe.Der Schäfer selbst holt unter dem Eindruck der Waffengewalt das Geld aus dem Handschuhfach und übergibt 4000 Euro. Die Überfallenen müssen ihre Handys und den Autoschlüssel herausrücken. Diese legen die Angeklagten 15 Meter entfernt am Straßenrand ab mit der Anweisung, eine zeitlang nichts zu unternehmen. Im Wald seien weitere Komplizen, die sie beobachten. Auf die Täter wartet im Auto ein Bekannter des 23-Jährigen, dem dieser das meiste erpresste Geld umgehend übergeben haben will - für einen gefälschten Führerschein. 1400 Euro hatte der 24-Jährige bekommen.
Verteidiger für drei Jahre
Die Verteidiger haben am Plädoyer des Anklägers nicht viel auszusetzen.
Tatablauf, Motive und rechtliche Würdigung habe er zutreffend geschildert. Nur beim Strafmaß weichen ihre Vorstellungen ab. Die Verteidigerin des 23-Jährigen hält statt sechs nur drei Jahre Freiheitsstrafe für ausreichend, der Wahlverteidiger des 24-Jährigen maximal fünf Jahre.Das Urteil wird am Donnerstag, 4. Februar, 10.30 Uhr, verkündet. Stefan Sauer