Einzelkämpfer aus dem Steigerwald
Autor: Redaktion
Rauhenebrach, Sonntag, 05. Sept. 2021
Der 32-jährige Michael Kaiser bezeichnet sich als konservativ, gehört aber keiner Partei an. Er möchte Familien fördern - und den Bau von Windrädern bremsen.
Michael Kaiser sitzt am Küchentisch. Vor ihm liegt sein zweiseitiges Wahlprogramm. Die Tinte auf dem Papier, mit dem Kaiser in den Wahlkampf ziehen möchte, ist noch frisch. "Ich habe es vor kurzem verfasst", sagt er. Erst seit Anfang August steht endgültig fest, dass Michael Kaiser als einer von elf Direktkandidatinnen und Direktkandidaten im Wahlkreis 248 um ein Mandat für den Bundestag kämpfen wird. Für die Landkreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld und Haßberge. Kaiser ist der einzig parteilose Kandidat auf dem Stimmzettel. Er ist die große Unbekannte.
Der 32 Jahre alte IT-Fachmann lebt mit seiner Familie - Frau Julia und drei Kindern - in Koppenwind, einem Teil der Gemeinde Rauhenebrach im Steigerwald. Es ist der südlichste Punkt des Wahlkreises, weit weg von den Städten Bad Kissingen oder Bad Neustadt im Nord-Westen. Das Haus der Kaisers, ein ehemaliger Bauernhof, steht inmitten des 300-Seelen-Dorfes.
Familie liegt ihm am Herzen
Draußen, im Vorgarten, beobachten Buddha-Büsten mit versteinerter Miene, wie kniehohe Zypressen in einem Schotterbett gedeihen. Drinnen herrscht Leben. Hier jauchzen und toben die Kinder, während Kaiser sein Wahlprogramm studiert. Ganz oben steht das, was dem Kandidaten, der sich selbst als politisch konservativ bezeichnet, besonders am Herzen liegt: die Familie.
Er erzählt, dass ihm im Frühjahr 2019 rund 15 000 Euro Baukindergeld durch die Lappen gingen, weil sein jüngster Sohn 20 Tage nach dem Stichtag auf die Welt gekommen sei. Dass kinderreiche Familien finanziell zu stark belastet würden. "Das sind Dinge, die regen mich auf, die will ich ändern", sagt er.
Frühes Interesse an Politik
Kaiser selbst wächst mit vier Brüdern auf. "Mein Vater, ein Konservativer, hat mich politisch geprägt", erinnert er sich. Das Interesse an Politik ist früh da. Der Wille, selbst zu gestalten, kommt spät: Im Frühjahr 2020 tritt Kaiser in die CSU ein. "Vor allem aufgrund der guten Familienpolitik", sagt er. Doch es wird nur eine kurze Episode bleiben. Im Dezember desselben Jahres bereits beendet er die Parteimitgliedschaft wieder. Der Grund: "Söder rückte mir zu nah an die Grünen heran", sagt Kaiser. Damals sei in ihm die Entscheidung gereift, es auf eigene Faust zu versuchen. Ohne Partei, ohne Liste.
66 Unterschriften hat Kaiser deshalb in den vergangenen Wochen und Monaten gesammelt. 50 Unterstützerinnen und Unterstützer waren nötig, um zur Wahl zugelassen zu werden. Dass er nun die Außenseiterrolle einnimmt, weiß er: "Ich bin realistisch: Die Aussichten stehen nicht gut. Deswegen will ich jetzt etwas machen: Facebook, Instagram, Twitter, Zettel in den Gemeinden verteilen, all das."
Umweltschutz ganz unten auf der Agenda
Kaiser wirft wieder einen Blick auf das Programm, das er nun unter die Wähler bringen möchte. Ganzen unten auf dieser Agenda, als letzter Punkt, steht das Thema Umweltschutz. Vor allem Müll müsse reduziert werden, lautet hier seine bis dahin einzige Strategie. Kaiser schiebt das Dokument beiseite, öffnet eine Dose Cola, nimmt einen kräftigen Schluck - und blickt zurück auf das Programm.