Ein Stück Zeitgeschichte
Autor: Redaktion
Schweinfurt, Dienstag, 27. Dezember 2016
Josef Reubelt ist stolzer Besitzer von rund 5000 Bierdeckeln. Den Schatz hat er über viele Jahre angesammelt.
"Ich hab' bloß ein bisschen gesammelt", erklärt Josef Reubelt. Das aber schon über 40 Jahre und mit Unterstützung der ganzen Familie. Erst jetzt, nachdem Reubelt seine Sammelobjekte aus den Kartons befreit und fein säuberlich aufgelegt und sortiert hat, wurde ihm klar, was für einen Schatz er da über die Jahre angehäuft hat.
Von 700 Brauereien
Fast 5000 Bierdeckel von 700 verschiedenen Brauereien sind so zusammengekommen. Von manchen Brauereien hat er einen oder zwei, von anderen zehn bis 15, die über die Jahre hinweg die Entwicklung der Bierdeckel zeigen. Die meisten Exponate stammen aus Deutschland, aber auch österreichische und internationale sind darunter. Einen extra Platz bekamen die Werbedeckel und die Weinfilze. Nur aus Kanada, wo Reubelt heuer Urlaub machte, hat er keinen mitgebracht. "Ich hab dort keinen einzigen Bierdeckel gesehen", erzählt er, außerdem vergehe einem dort das Biertrinken. Eine 0,3 Liter-Flasche kostet sieben Kanadische Dollar (knapp 5 Euro), plus 15 Prozent Steuer und 10 Prozent Bedienung. Seine Bierdeckel sind ein Blick in die Zeitgeschichte.
Wallbräu, Brauhaus, Hagenmeyer, Reichelbräu und Sandlerbräu, es sind viele Brauereien darunter, die es längst nicht mehr gibt. Wieder andere Bierfilze erzählen von der Gegend, aus der das Bier kommt, für das sie werben. Da sind Wanderwege abgebildet oder auf Deckeln der Distelhäuser Brauerei der Neckar-Rad-Wander-Weg. Da gibt es die Sehenswürdigkeiten der Gegend zum Beispiel die Feste Marienberg in Würzburg zu sehen, auch Greifvögel oder verschiedene Trachten.
Münchner im Himmel
Das Repertoire der Abbildungen reicht vom Münchner im Himmel bis zum Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn. In Kulmbach hat Reubelt das Brauereimuseum besucht und seitdem kann er auch viel über die Geschichte der Bierfilze erzählen. "Die ältesten Bieruntersetzer waren aus Filz", verrät er. Es waren schmucklose runde oder viereckige Filzstücke, die nach Gebrauch gewaschen und getrocknet wurden. Deshalb heißen sie in Süddeutschland und Österreich noch heute Bierfilz. Daneben gab es auch Untersetzer aus Keramik oder Zinn. Der Siegeszug des Bierdeckels, wie wir ihn heute kennen, begann zum Ende des 19. Jahrhunderts. In Kartonagenfabriken wurden runde oder quadratische Formen ausgestanzt und bedruckt.
In der Anfangszeit waren die Bierfilze nur einseitig bedruckt, meist nur mit dem Logo der Brauerei. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckte man den Bierdeckel als Werbeträger.
Jetzt entwickelten sich die unterschiedlichsten Formen, farbenfrohe Bilder zierten die Untersetzer und ganze Serien wurden gedruckt. Damit wurden die Bierfilze auch zu Sammelobjekten.
Und noch etwas entdeckte Reubelt: Er ist nicht der einzige Sammler und die Untersetzer werden auch nicht nur so laienhaft gesammelt wie bei ihm.
Der Bezirk Unterfranken hat ihren zeitgeschichtlichen Wert erkannt und schon vor sieben Jahren begonnen, eine wissenschaftliche Datenbank zu errichten. 5554 Bierdeckel sind dort bisher erfasst und aufgelistet. Sie sind eine wichtige Quelle der Heimatforschung, erinnern an längst geschlossene Brauereien und deren Geschichte. Die Gestaltung der Bierdeckel ist außerdem ein Spiegel sich wandelnder Moden und Designs, schreibt der Bezirk auf seiner Homepage.
An den Bezirk will sich Reubelt auch wenden, wenn er seine Bierdeckelsammlung einmal auflöst. Um sie auf Dauer aufzubewahren müssten die Untersetzer eigentlich in Folien gesteckt werden, meint der Sammler. Für eine Ausstellung wäre das sinnvoll, aber für den Hausgebrauch einfach zu kostspielig. Der Bezirk aber sucht noch immer Bierdeckel, die in der Datenbank noch nicht erfasst sind.
Das will Reubelt jetzt überprüfen und die entsprechenden Exponate anbieten. Und der Rest? "Zum Wegwerfen ist es einfach zu schade", stellt er fest, "aber vielleicht schreib ich's ja mal in die Zeitung und ein anderer Sammler meldet sich."