Ein königliches Vergnügen
Autor: Redaktion
Oberthulba, Freitag, 04. Januar 2019
In Oberthulba gibt es neben kleinen Majestäten auch ein paar große. Günter Hüttl, Reinhold Röder, Albrecht Schmitt und Robert Herrlein.
Die Idee zu dieser winterlichen Freiluft-Aktion hatten die eingefleischten "Ouwerdöller" eigentlich mitten im Sommer 2016. "Wir saßen beim Fest der Feuerwehr zusammen, wo unsere Ortsbeauftragte Margot Schottdorf darüber klagte, dass 2017 viel weniger Kinder bei den Sternsingern mitmachen würden", erinnert sich Günter Hüttl.
Schon als Knirpse aktiv
Er und seine drei Kumpels waren ja schon als Knirpse etliche Jahre in königlicher Mission unterwegs gewesen. Also warum nicht aushilfsweise wieder einsteigen? Und dann kam beim Sommerfest gleich die Nagelprobe: Mit dem Lied "Nun sehet den Stern, den wir bringen" legten sie spontan los - und es hörte sich an wie seinerzeit, als sie mit neun Jahren in heiliger Mission unterwegs waren. "Die Margot war platt", lacht der 62-Jährige.
Zur Bedingung machten die vier Freizeit-Heiligen allerdings, dass sie nur von Maria Neder höchstpersönlich eingekleidet werden. Denn schon als Kinder-Könige waren sie damals von ihr betreut worden. Seinerzeit leitete Neder nämlich den örtlichen Kindergarten und erklärte sich ab 1964 bereit, die kleinen Majestäten des Dorfes, die damals freilich ihrer beruflichen Obhut schon entwachsen waren, für den 6. Januar auszustaffieren.
Neder muss lachen, wenn sie daran denkt, dass ihrer Nähmaschine im Lauf der 25 Jahre, in denen sie Sternsinger einkleidete, so mancher bunte Vorhang aus dem Kindergarten zum Opfer fiel. "Manchmal haben wir die Kinder auch nur mit Stoff umwickelt, den wir dann mit Sicherheitsnadeln festgezurrt haben." An den Kronen und dem Turban für den Mohren musste sie dann gelegentlich auch mal länger basteln, sagt sie. Denn schließlich waren die Kinderköpfe von Jahr zu Jahr unterschiedlich groß.
Danach einen heißen Kakao
Wer bei Neder im Kindergarten war, sagte früher "Tante Maria" zu ihr, erzählt Hüttl. "Und so heißt sie bei uns noch heute." Damals hätten sich die Sternsinger immer auf Dreikönig gefreut, sagt der alteingesessene Ortsbewohner und gesteht, dass die Freude auch deswegen so groß war, weil die Königsbuben nach ihrer Tour durch den Ort bei den Neders noch einen heißen Kakao und selbst gebackene Heinerle bekamen. "Wir als Bauernkinder kannten ja keine Oblaten-Lebkuchen."
Aber auch Maria Neder scheint eine besonders lebhafte Erinnerung an die damaligen vier Knaben zu haben. "Ich habe sie später, als sie ungefähr neun Jahre alt waren, als Sternsinger ausgesucht, weil sie so gut gesungen haben." Damals wurde viel gesungen und es gab auch Theaterspiele. "Beim Krippenspiel hat der Günter mal den Herodes gespielt, das war gut", sagt die 79-Jährige und lacht, als sie daran denkt. "Ich bin der König Herodes, wer mir nicht folgt, ist des Todes", zitiert Hüttl plötzlich wie aus der Pistole geschossen. In seinem heutigen Sternsingerleben stellt er den Kaspar dar.
"Das Singen haben wir bis heute beibehalten", sagt Reinhold Röder, der den Mohr Melchior verkörpert. Vor allem, wenn die vier wandern gehen, singen sie dabei nach Herzenslust. "Es handelt sich da teilweise um altes Liedgut, das heute kaum noch einer kennt und das nirgendwo geschrieben steht", sagt Hüttl. "Unser 1956er Jahrgang ist halt sehr rege", bekräftigt Albrecht Schmitt (Sternenträger) seine Freunde und zählt auf, was da alles gemacht wird: Es finden regelmäßige Klassentreffen statt, die Männer richten alte Flurdenkmale wieder her oder bauen gemeinsam ein großes Insektenhotel.