Im Februar 2020 war sie, wie jedes Jahr, mit ihrem Mann Klaus auch gerade noch auf der Mailänder Modemesse gewesen. "Da haben wir schon Menschen mit Gesichtsmasken gesehen", sagt die Rottershäuserin. "Doch es ging alles glatt, wir kamen gesund nach Hause." Und dann legte die Corona-Pandemie zu Hause auch ihr Geschäft erst mal komplett lahm.
Im Lockdown Internet-Shop eingerichtet
"Man akzeptiert es, weil man weiß, dass es sein muss. Aber wir hatten schon neue Ware geordert und die musste bezahlt werden." Doch die Kunden konnten freilich nicht kommen. "Es war wie abgerissen und das Geschäft hat sich auch nicht mehr richtig erholt", sagt Elfriede Kiesel. Doch Aufgeben war für sie keine Option. Weil die Kunden nun verstärkt übers Internet einkauften, richtete sie während des ersten Lockdowns ebenfalls einen Internet-Shop ein. Doch dies habe ihren Betrieb "nur ein bisschen" vorwärtsgebracht.
Nach Ansicht von Elfriede Kiesel gehe im Internet auch das "Einkaufserlebnis" verloren. Und dann kommt noch etwas anderes hinzu: Früher hätten sich die Leute Geld zusammengespart, um sich ein Kleidungsstück zu gönnen. Da sei die Freude größer gewesen und das, was man kaufte, war "wert-voll". Heute würden eher günstige Schnäppchen gekauft, weil die Mode schnelllebiger ist.
Und das, obwohl heute mehr denn je von "Nachhaltigkeit" die Rede ist, kritisiert Elfriede Kiesel. Da sei dann ein natürlicher Pelz auf jeden Fall nachhaltiger als ein künstlicher Webpelz, der aus Erdöl-Ware hergestellt ist und, wenn er ausgedient hat, zum Sondermüll muss. "Einen Naturpelz kann man bei guter Pflege 20 bis 30 Jahre tragen." Wer das Tragen von Pelzmänteln kritisiert, müsste ihrer Ansicht nach auch die Herstellung von Lederbekleidung und -schuhen verteufeln. Denn Leder ist für Elfriede Kiesel im Prinzip ein "Pelz ohne Haare".
Der dritte Mann in Bayern mit Teilzeit
Was ihre zwei Töchter und ihren Sohn angeht, sei für sie und ihren Mann immer klar gewesen, dass die sich einen Beruf aussuchen müssen, der ihnen ein Leben lang Spaß macht. Das haben die drei dann auch getan. "Uns zuliebe sollten sie den Betrieb nicht übernehmen", sagt Elfriede Kiesel.
Sehr viel Glück habe sie auch mit ihrem Mann gehabt, der sie in allen Dingen unterstützte, sagt die Rottershäuserin. "Ich hab das alles gern gemacht - außer Kochen", sagt ihr Gatte schmunzelnd. Weil es seinerzeit im Geschäft seiner Frau sehr gut lief und die Kinder ja betreut werden mussten, habe er ab 1985 sogar ein paar Jahre in seiner Behörde Teilzeit gearbeitet.
Das sei damals ein Novum für einen Mann gewesen. "Ich war der dritte Mann in Bayern, der das beantragte." Und dann war Klaus Kiesel sogar mal als Model in eine der Modenschauen seiner Frau eingespannt. Da seien seine Kumpels schon "platt" gewesen, als er da auf dem Laufsteg daherkam.