Mittagspause in der Kirche? Das ist schon ungewöhnlich. Bei der Vesperkirche in St. Johannis, die am 26. Januar startet, gibt es aber weit mehr als Essen und Trinken.
Meine Kissinger Verwandtschaft hat schon Ende November gefragt: "Gehen wir nächstes Jahr wieder zusammen zum Essen in die Kirche in Schweinfurt?". Wer einmal in der Vesperkirche in St. Johannis war, kommt gerne wieder. Warum? Die Mischung ist etwas Besonderes. Man trifft neue Leute, sitzt mit Menschen zusammen an einem Tisch, denen man wahrscheinlich sonst nie begegnet wäre. Und ganz ehrlich: Im wunderschönen Kirchenraum von St. Johannis Mittag zu essen hat schon was.
Die Vesperkirche, die 2015 an den Start ging, will aber nicht nur Menschen zusammenbringen. Sie will auch helfen, sagt Dekan Oliver Bruckmann beim Pressegespräch. Essen gehen, das kann sich nicht jeder leisten. Wer allein ist, freut sich sicher über Gesellschaft. Das Geheimnis der Vesperkirche: Jeder kann und soll kommen. Egal, was er für einen Hintergrund hat, wie viel oder wie wenig Geld er hat, ob er einsam ist oder nicht. Wenn man zusammen an einem Tisch sitzt, spielt das keine Rolle mehr, sagen die Organisatoren. Darauf kommt es ihnen an.
Der Gedanke des Miteinanders treibt aber auch die Gastgeber an. Freiwillige, Helfer - diese Begriffe sucht man in der Vesperkirche vergebens. Wer zum Tisch geleitet, serviert, abräumt, ausschenkt und die Kuchen verteilt ist nämlich mehr als das, wird beim Gespräch deutlich: Er kümmert sich um Gäste, um ihr Wohlbefinden, wird deshalb konsequenterweise auch Gastgeber genannt.
400 Essen werden durchschnittlich am Tag ausgegeben. Pro Tag sind gut 60 Gastgeber im Einsatz, sagen Inge Stephan und Brunhilde Käser, die mit Diakon Norbert Holzheid die Tagesorganisation leiten. Das Trio an der Spitze gehört zu ein paar Neuigkeiten, die die sechste Auflage der Aktion mit sich bringt. Der Organisationsaufwand ist groß, sagt Pfarrerin Gisela Bruckmann. "Das ist ein ziemlicher logistischer Aufwand." Deswegen wird die Last jetzt verteilt.
Heuer zwei Wochen Vesperkirche
Weitere Änderung: Statt drei Wochen wie bisher dauert die Vesperkirche heuer nur zwei Wochen. Grund: In St. Johannis ist eine Pfarrstelle vakant, Vesperkirche und den normalen Betrieb mit weniger Kräften zu stemmen wäre schwierig gewesen, sagen Oliver Bruckmann und Öffentlichkeitsbeauftragter Heiko Kuschel. Das soll aber eine Ausnahme sein.
Der Preis für das Essen bleibt bei 1,50 Euro. Es gibt allerdings keine Suppe mehr vorneweg, nur Hauptgericht (mit oder ohne Fleisch), Getränke, Kaffee und selbst gebackenen Kuchen. Damit wollen die Organisatoren ein bisschen mehr Luft schaffen. Es kann nämlich schon mal längere Wartezeiten geben. Wer nach der Mittagspause wieder zurück zur Arbeit muss, kann da Probleme haben, kommt vielleicht nicht wieder. Ohne Suppe sitzen die Leute weniger lang am Tisch. Das kann helfen, die Wartezeiten zu verkürzen, hoffen die Organisatoren.
Dass es um mehr geht als um Essen und Trinken, zeigt sich auch wieder beim Rahmenprogramm. Rentenberatung, Haareschneiden, Handysprechstunde, Blutdruckmessung, Energieberatung gibt es. Dazu eine medizinische Sprechstunde, Schuldnerberatung, listet Luisa Mühlstein von der Diakonie auf. "Wir wollen den Leuten konkrete Hilfe vermitteln." Oliver Bruckmann spricht vom Gewinn von Selbst- und Lebenskompetenz und von Wertschätzung, die man den Gästen entgegenbringt.