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Drei Bewerber für Nüdlingens Rathaussessel


Autor: Benedikt Borst

Nüdlingen, Freitag, 07. März 2014

Kurz vor der Kommunalwahl: Karen Pohle (SPD), Harald Hofmann (CSU) und Christian Höfler (Wählergemeinschaft Bürgerblock Nüdlingen) stellen sich den Fragen der Saale Zeitung.
Das Rathaus von Nüdlingen mit der 2011 eingeweihten Gemeindebibliothek. Archivfoto: Kerstin Väth


Eigentlich hatte in Nüdlingen jeder gedacht, dass der amtierende Bürgermeisster Günter Kiesel (CSU) noch einmal antritt. Doch nachdem er überraschend seinen Rückzug ankündigte, meldeten sich drei Kandidaten, die sich zutrauen, dieses Amt zu übernehmen.

Die Gemeinde Nüdlingen ist seit 2007 schuldenfrei. Das lässt Spielraum bei der Haushaltsplanung für Investitionen.

In welchen Bereichen wollen Sie als Bürgermeister investieren, wo wollen Sie Geld sparen?

Karen Pohle
Auch wenn in der Mühlgasse, in der ich wohne ein schöner Wasserspielplatz entstanden ist - der Altort in Nüdlingen wurde seit Jahren vernachlässigt. Hier ist die Gemeinde gefragt, in Vorleistung zu gehen. Sie muss leerstehende Häuser und brachliegende Grundstücke aufkaufen, deren Baustruktur und gegebenenfalls -fläche umorganisieren und dann an potentielle Bauherren weiter veräußern. Das verursacht erst einmal richtig Kosten, wird sich aber langfristig rentieren.
Einsparungen kann man bei der Entwicklung von Neubaugebieten erreichen, wir müssen es in Nüdlingen schaffen, den Ortskern zu erhalten und zu beleben und eine ausufernde Expansion nach Außen verhindern, auch im Hinblick auf den ökologischen Aspekt der Flächenversiegelung.

Harald Hofmann Investieren möchte ich in eine Senioreneinrichtung, in den Kirchen- und in den Kindergarten Vorplatz in Nüdlingen und in eine Fußgängerampel am Ortseingang von Münnerstadt. Außerdem will ich Geld für die Instandsetzung von Straßen, Gehwegen, Kanälen, Spielplätzen und Gebäuden in Nüdlingen und Haard in die Hand nehmen.
Durch Reparaturen spart man Instandsetzungen, und wir werden das Geld der Bürger wie unser Eigenes behandeln. In der Kissinger-Bogen Allianz lassen sich Fördergelder abrufen. Außerdem soll es einen Personalpool geben, und in den Bauhöfen wird eine Zusammenarbeit angestrebt. Wir werden aber keine Schulden machen und folglich auch keine Zinsen zahlen.

Christian Höfler Nüdlingen steht sehr gut da, jedoch sind in den nächsten Jahren viele und auch große Maßnahmen nötig. Die Erstellung eines zukunftsweisenden Dorfentwicklungsplans, der Ausbau und Erhalt der Infrastruktur in Nüdlingen und Haard (vor allem Straßen und Kanäle), weitere Förderungen und Unterstützungen für Familien, die Erstellung eines nachhaltigen Energiekonzeptes und die Neuausrichtung der eigenen Gemeindewerke werden große Investitionen in naher Zukunft sein. Ich stehe für eine solide Haushaltspolitik der Gemeinde Nüdlingen und den Erhalt der Schuldenfreiheit. Ein sparmöglichkeiten werde ich als neuer Bürgermeister finden.

Braucht Nüdlingen ein Seniorenheim? Ist das Angebot in der Umgebung (Bad Kissingen, Bad Bocklet, Münnerstadt) nicht ausreichend und nah genug?

Karen Pohle Jeder möchte in seiner angestammten Umgebung alt werden, wo man die Menschen und Häuser kennt, mit und in denen man sein Leben verbracht hat. Von daher kann ich das Bestreben zu einem Seniorenheim im Ort gut verstehen. Allerdings gibt es verschiedene Wege, zum einen kann die einem bauwilligen Betreiber bei der Grundstückssuche helfen, da hat die SPD-Fraktion des momentanen Gemeinderates schon Ideen vorgebracht. Oder als Gemeinde können wir selber bauen und dann die Trägerschaft an einen geeigneten Betreiber übergeben. Es stellt sich aber die Frage nach der Art der Versorgung (Tagespflege, Kurzzeitpflege u.s.w.). Auch eine SeniorenWG ähnlich der in Bad Kissingen könnte ich mir für unser Dorf gut vorstellen. Außerdem möchte ich gern die neue Nachbarschaftshilfe des GenerationenNetz e.V. hier etablieren, es sind ja schon einige Nüdlinger dabei.

Harald Hofmann Meiner Meinung nach ja. Die Versorgung mit Altenheimen in der Umgebung ist zwar gut, aber wir müssen als Gemeinde für alle, vom Kleinkind bis zum Senior, Einrichtungen schaffen, damit unsere Bürger solange wie möglich im Ort bleiben können und die Gemeinde nicht verlassen müssen. Auch wenn ältere Menschen pflegebedürftig werden, wollen sie ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen. Diese Daseinsvorsorge ist Pflichtaufgabe und erhöht die Lebensqualität aller, damit Nüdlingen und Haard auch in Zukunft eine begehrte Wohngemeinde für alle Generationen bleibt.

Christian Höfler Im Alter Nüdlingen verlassen müssen? Nein, die Schaffung einer eigenen Senioreneinrichtung vor Ort für altersgerechtes Wohnen unserer Senioren ist immens wichtig! Bereits über 30 Nüdlinger Bürger leben in auswärtigen Einrichtungen. Liebend gerne würden diese in der Heimat und gewohnten Umgebung bleiben. Nüdlingen braucht ganz klar ein "Haus für Senioren", wir werden uns dafür einsetzen. Geeignete Flächen im Ortskern sind vorhanden. Wir werden dies seitens der Gemeinde aktiv bewerben und für mögliche Betreiber Anreize schaffen. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung werden auch unseren Ort treffen. Wir brauchen und wollen Wohn-, Betreuungs- und Pflegeplätze für Senioren in Nüdlingen.

Wie wichtig ist eine Einkaufsmöglichkeit im Ortszentrum und wie können Unternehmer ins Dorfzentrum gelockt werden? Wie wollen Sie den Leerständen begegnen?

Karen Pohle Wir alle wären froh, wenn wir das Kaufhaus Schäfer mit Schlecker-Markt noch hätten. Leider entwickelt sich der Einzelhandel aber in eine ganz andere Richtung, und wenn dann der Altort ausblutet, wird dies zu einem Teufelskreis.
Also muss die Gemeinde die Ortskernrevitalisierung und die gewerbliche Infrastruktur gemeinsam anpacken, die bestehenden Geschäfte müssen gehalten werden und gleichzeitig muss der Ortskern attraktiver werden wie oben beschrieben. Ein guter Anfang ist hierbei z.B. die Reaktivierung des Gasthauses Stern.
Was wir aber bei der ganzen Diskussion nicht vergessen dürfen, ist die fehlende Einkaufsmöglichkeit in Haard. Ein toller Ortsmittelpunkt und schickes Pflaster auf den Gehsteigen ist zwar schön, hilft aber den Haardern bei kleineren Beschaffungen nicht weiter. Hier wäre ein Dorfladen ähnlich dem in Aidhausen denkbar.

Harald Hofmann Bäcker, Metzger, Apotheke, Blumenläden, Elektrofachgeschäfte, Getränkemarkt, Obst/Gemüseladen, Tegut- Markt, Tankstelle, zwei Arztpraxen, ein Zahnarzt, zwei Banken, Postfiliale und ein Reisebüro sind in Nüdlingen vorhanden. 2011 ist nur ein Markt als überlebensfähig in Nüdlingen eingestuft worden. Ein Dorfladen, mit bürger schaftlichem Engagement, wäre denkbar und würde von mir unterstützt werden. Für Unternehmen haben wir Flächen im Gewerbegebiet.
Ein Leerstands-Management, mit Haus- und Grundstückbörse auf der Gemeindehomepage sowie Einschränkungen bei der Ausweisung von Neubaugebieten werden umgesetzt.

Christian Höfler Wir benötigen einen zukunftsweisenden Dorfentwicklungsplan, um diese Probleme zu lösen. Die Sicherung der Versorgung der Bürger vor Ort und die Gestaltung einer attraktiven Ortsmitte ist von besonderer Bedeutung. Die Kaufkraft, das Potential und die Räumlichkeiten für einen zweiten Lebensmittelmarkt, sowie weiterer Geschäfte sind vorhanden. Aufgabe der Gemeinde ist es, die Eigentümer bei der Interessentensuche aktiv zu begleiten und günstige Rahmenbedingungen vorzuhalten.
Ein zweiter Anlauf muss für die Ansiedlung eines CAP-Marktes der Lebenshilfe unternommen werden, denn dies wäre für Nüdlingen und die Ortskernbelebung eine ideale Lösung. Leerstände im Ortszentrum möchte ich durch günstige Grundstückspreise, gezielte Förderprogramme und Zusammenlegung von Grundstücken aktiv angehen.

Können die Schulstandorte in Nüdlingen dauerhaft gesichert werden und warum Ja/warum Nein?

Karen Pohle Die Grundschule am Ort und auch in beiden Gemeindeteilen Nüdlingen und Haard zu halten, ist momentan noch nicht problematisch. Bei der Mittelschule sieht dies anders aus. Momentan besuchen ca. 80 Schüler die Mittelschule und auf die Dauer wird es schwierig, diese nach jetzigem Konzept zu halten.
Es wird Zeit, Schule neu zu denken, es gibt schon gute Modellprojekte in Bayern, auch kleine Schulen zu erhalten. Ein solches würde ich gern in unserer Gemeinde anstoßen.

Harald Hofmann Einen Grundschulstandort werden wir dauerhaft haben. Die Haupt- und Mittelschule ist mit den jetzigen Schülerzahlen und dem Schulverbund mit Münnerstadt sicher. Dauerhafte Sicherheit der Haupt- und Mittelschule kann ich nicht garantieren. Wir sind abhängig von den Schülerzahlen, den politischen Rahmenbedingungen sowie der Mindestklassenstärke.
Nüdlingen ist jedoch nicht allein, viele Gemeinden haben die gleichen Probleme. Wir werden mit Landrat Thomas Bold, Bezirksrätin Karin Renner und MdL Sandro Kirchner gemeinsam kämpfen, damit unsere Schule erhalten bleibt.

Christian Höfler Für Familien mit Schulkindern ist es ungemein wichtig die Grund- und Mittelschule am Ort zu haben. Die Schulstandorte in Nüdlingen und Haard müssen unbedingt dauerhaft erhalten werden, die Frage ja oder nein stellt sich somit nicht, sicherlich ist dies aber in Zeiten sinkender Schülerzahlen nicht leicht. Ein wichtiger Schritt sind jedoch weitere Kooperationen mit den Nachbarschulen und die Erstellung von neuen Konzepten und Modernisierungen. Die Schulen im Ort erhöhen den Wohnwert für junge Familien und dies ist für die gesamte Dorfgemeinschaft von sehr großer Bedeutung. Wir unterstützen Familien nach ihren Bedürfnissen.

Welchen Stellenwert messen Sie der Nüdlinger Energiegenossenschaft bei? Ist es möglich und wünschenswert, dass sich die Gemeinde autark selbst versorgt?

Karen Pohle Eine autarke Energieversorgung muss langfristiges Ziel für beide Ortsteile sein. Dazu hat die Energiegenossenschaft, bei der ich übrigens Gründungsmitglied bin, einen vielversprechenden Anfang gemacht. Nach meiner Meinung muss sich die Gemeinde noch mehr an der Energiegenossenschaft beteiligen als bisher. Alle Möglichkeiten alternativer Energiegewinnung sind positiv zu begleiten und im Einzelfall zu bewerten.
Dazu gehört es für mich aber auch, die Gemeindewerke so umzubauen, dass nicht der Verwaltungsaufwand den Strompreis frisst und dringend einen Ökostrom- Tarif anzubieten. Ziel muss sein: Der Strom, der auf dem Gemeindegebiet erzeugt wird, entspricht mindestens der Menge an Strom, den unsere Bürgerinnen und Bürger verbrauchen. Im weitesten Sinne entspricht das einer autarken Versorgung.

Harald Hofmann Die Energiegenossenschaft ist gelebtes Bürgerengagement und wird von der Gemeinde bestens unterstützt. Nüdlingen hat ein E-Werk, jedoch keine Stromerzeugung. Die Stromlast ist nicht homogen. Wären wir autark, d.h. vom Netz getrennt, könnte keine PV Anlage in Nüdlingen mehr ans Netz, da wir an sonnigen Tagen Nüdlingen mit Solarstrom versorgen und ins Netz von EON zurückspeisen. Auch die Windräder der Genossenschaft sind für uns zu groß. Wir können über ein zukünftiges Energiemanagement einen gewissen Teil Strom und Wärme selbst erzeugen. Autark werden wir nicht.

Christian Höfler Ich will ganz klar die Energiewende vor Ort mit den eigenen Gemeindewerken und in Zusammenarbeit mit der Nüdlinger Energie-Genossenschaft (NEG). Es freut mich sehr, dass sich die Gemeinde nun doch endlich mit 500.000 Euro am Windpark beteiligen wird. Ich sehe dies als eine längst überfällige Anerkennung der guten Arbeit des Bürgerblock Nüdlingen und der NEG. Der erste Schritt zur Neuausrichtung des E-Werks mit Nutzung regenerativer Energie, welche wir seit Jahren fordern, ist hiermit erfolgt.
Ich würde als Bürgermeister eine neue Energiepolitik für beide Ortsteile umsetzen, natürlich mit dem Ziel einer autarken Versorgung und dem Ausbau der Gemeindewerke zum Energie-Vollversorger, für eine unabhängige, sichere und günstige Energieversorgung mit einem nachhaltigen Energiekonzept.

Die Fragen stellte Benedikt Borst.