Der Göritzer Welt-Erklärer und Prophet
Autor: Björn Hein
Bad Bocklet, Sonntag, 19. Juli 2015
Rund 2500 Besucher im Kurpark in Bad Bocklet sind begeistert vom fränkischen Michl. Gut drei Stunden unterhielt er seine Zuhörer mit Charme und Witz.
Michl Müller ist ein Phänomen. Nicht nur, dass er wohl eines der respektlosesten und schnellsten Mundwerke in ganz Franken hat, nein, als wohl einziger Kabarettist in Deutschland kann er sich einen eigenen "Runterzähler" leisten, der mit seinem Countdown im Kurpark in Bad Bocklet den Auftritt von Michl Müller ankündigte.
Rund 2500 Personen wollten es sich nicht entgehen lassen, wie der selbsternannte fränkische "Dreggsagg" richtig Gas gab und mit seinem aktuellen Programm "Ausfahrt freihalten" mehr als drei Stunden lang furios loslegte. Dabei war für den fränkischen Michl ein besonderer Wunsch in Erfüllung gegangen: "Bad Bocklet war schon immer der Traum meiner schlaflosen Nächte, auch wenn es hier im Kurpark brunswarm ist". Hannorversches Hochdeutsch hat er nicht drauf, die hochgestochene Wortwahl ist nicht sein Ding.
Fränkisch despektierlich
Ehrlich und bodenständig-fränkisch kam Michl Müller daher. In seiner herrlich fränkisch-en despektierlichen Art nahm er alles aufs Korn. Ihm geht es um eins: der Welt die Welt zu erklären. Dabei schöpfte er seine Erkenntnisse aus seiner kleinen fränkischen Welt. Von Angela beim G-7-Gipfel bis hin zur Asylpolitik ist alles dabei, angereichert mit Menschlichem, allzu Menschlichem.
Natürlich ist auch der Gastgeber vor seinem Spott nicht sicher. Mit sicherem Auge hatte er die vielen Wühlmauslöcher im Kurpark ausgemacht, die Ausgangspunkt für einige Seitenhiebe waren: "Das hier ist kein Kurpark, sondern eine Wühlmauswiese". Immer wieder drehte sich sein Programm aber um die kleinen Absurditäten des Alltags, die Michl Müller wie kein anderer mit sicherem Auge erspäht und genüsslich mit seinem beißenden Spott übergießt. So beispielsweise beim Grillen. Nicht mehr Berge rohen Fleisches werden über offenem Feuer zubereitet, nein - mehr und mehr Gemüse werde gegrillt. Da musste er die Nase rümpfen. Landet dann die Chose mit Massen von Bärlauch, Ruccola und Löwenzahn auf dem Teller, bleibt für ihn noch eine Frage: "Warum essen wir den Karnickeln das Fressen weg?". Aber so seien die Deutschen halt: "Immer stilles Wasser ohne Sprudel, damit nur ja kein Spaß aufkommt".
Frauen bei der Bundeswehr?
Varou-Fuck-Is, der böse Finger Griechenlands, die Haubitzenuschi (Ursula von der Leyen) und noch ein Dutzend anderer bekamen ihr Fett weg. Michl wess es besser. Frauen in der Bundeswehr? "Die haben einfach kleinere Hände und können so den Panzer bis in die Ecken putzen" Politisch mehr als unkorrekt, aber ein großer Lacher im Publikum. Darum geht's.
Warum werden bei uns Kröten über die Straße getragen oder in einem dreispurigen Tunnel mit Klimaanlage in Sicherheit gebracht, während die Deutschen unfähig sind, Flüchtlinge auf dem Meer zu retten? Es waren diese Augenblicke, bei denen einem das Lachen im Halse stecken blieb und Michl Müller einen Nerv traf, der mit bitterbösen Humor den ach so gutmütigen deutschen Musterbürger Lügen strafte.
Bei seinen Protestliedern - "Ich bin kein Seemann, ich bin ein Schiffer" - kann das Publikum ausgelassen mitsingen. Dildo- und Dessousparties wurden ebenso aufs Korn genommen wie die Kindertagesstätten, die es Frauen erlauben, weiter auf 450-Euro-Basis in Bäckereien zu arbeiten und dabei nicht den Anschluss an dieses hochqualifizierte Gewerbe zu verlieren. Wenn dann auch noch Federweißer und Zwiefelplootz aufeinandertreffen, dann ist die Kacke am Dampfen und es ist Zeit für einen - genau - Protestsong. Und weiter ging's.
Dass jede Menge eingefleischte Fans in Bad Bocklet Michl Müller sehen wollten, zeigte sich an der großen Textsicherheit des Publikums. Nach über drei Stunden hat er dann fertig, klar, schweißgebadet bei diesen Temperaturen, er ist ein Schaffer, mit viel Applaus belohnt. Das Publikum war restlos begeistert.