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Der einzige Bäckerazubi im Kreis Bad Kissingen


Autor: Benedikt Borst

Hammelburg, Freitag, 11. Sept. 2015

Bei jungen Menschen weckt das Bäckerhandwerk als Beruf kaum noch Interesse. Nina Leurer war zwei Jahre lang der einzige Bäckerazubi im ganzen Landkreis Bad Kissingen und ist mit Spaß bei der Sache.
Nina Leurer war zwei Jahre lang die einzige Bäcker-Auszubildende im Landkreis.  Foto: Benedikt Borst


Nina Leurer ist 18 Jahre alt, kommt aus Hammelburg und ist fast schon so etwas wie ein Exotin. Sie steht mitten in der Nacht nach fünf Stunden Schlaf auf, um auf Arbeit zu gehen. Dann steht sie von morgens um vier bis mittags um zwölf Uhr in der Backstube der Bäckerei Schwab, setzt den Teig für Schokorosinenbrötchen auf, backt Brot, formt Butterhörnchen und Knusperstangen. Nina Leurer macht eine Ausbildung zur Bäckerin und kommt jetzt ins letzte Lehrjahr. Sie hat sich für die Lehre entschieden, weil ihr der Kochunterricht in der Schule gefallen hatte. "Dann habe ich ein Praktikum gemacht und mir überlegt, dass ich gern die Ausbildung machen würde", sagt sie. Die Kombination aus Lebensmittel und Handwerk findet Leurer gut.



Ansonsten interessieren sich wenig junge Menschen dafür, das Bäckerhandwerk zu erlernen: Zwei Jahre lang war Nina Leurer der einzige Bäckerazubi im ganzen Landkreis, heuer beginnt wieder eine Nachwuchskraft bei der Bäckerei Motsch in Bad Kissingen eine Bäckerlehre. "Es fällt uns immer schwerer, noch Auszubildende zu finden", sagt Kreisinnungsobermeister Anton Hesselbach. In seiner Backstube hat er auch schon länger nicht mehr ausgebildet.


Produktion noch Handarbeit

Abseits von unpopulären Arbeitszeiten und Wochenendarbeit habe das Handwerk viel Attraktives zu bieten: Wer beispielsweise zeitig in der Backstube anfängt, kann sich schon mittags bei schönem Wetter ins Schwimmbad legen. "Es ist ein schöner und kreativer Beruf", sagt Hesselbach. Und ein anspruchsvoller: Rezepte müssen beherrscht, Hygieneregeln beachtet und moderne Maschinen bedient werden. Außerdem stehen nach der Ausbildung viele Weiterbildungsmöglichkeiten offen, von der Meisterprüfung bis zum Universitätsstudium zum Lebensmitteltechniker.

Marc Scheller ist Nina Leurers Chef. Vor fünf Jahren hat er die Bäckerei Schwab übernommen und dort zumindest bislang kontinuierlich ausbilden können. Scheller legt Wert auf ein gutes Umfeld: Er zahlt seiner Auszubildenden den Tariflohn, der je nach Lehrjahr zwischen rund 450 und 750 Euro im Monat liegt und er achtet darauf, dass keine Überstunden anfallen. Weiteres Plus: Der Betrieb hat im Gegensatz zu Großbäckereien am Sonntag geschlossen. "Das ist uns im Moment zumindest noch heilig als Familienunternehmen", sagt der Hammelburger Bäckermeister.

Scheller versucht, die Lehrlinge von Beginn an in die Produktion in der Backstube voll einzubinden. "Sie kommen vom ersten Tag mit Teig in Berührung. Bei uns wird alles mit der Hand gemacht", erklärt er. Zunächst verarbeiten die Lehrlinge bereits angesetzte Teige zu Brötchen und Broten weiter, lernen wie Füllungen für süße Teilchen zubereitet werden und wie mit dem Spritzbeutel umzugehen ist. Blätterteige und Butterhörnchen sind Bestandteil im zweiten Lehrjahr, im dritten Lehrjahr mischen die Lehrlinge alle Brot- und Brötchenteige selbst an und versuchen sich an diversen Torten und Kuchen.

Nina Leurer backt übrigens am liebsten Knusperstangen: Nicht weil sie das Gebäck so gerne isst, sondern weil ihr die Arbeit mit dem Käse-Körner-Teig Spaß macht.