Der Bürger in der Verantwortung
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Mittwoch, 25. August 2021
Dorothee Bär ist Direktkandidatin für den Wahlkreis Bad Kissingen bei der bevorstehenden Wahl. Die Redaktion hat sich für ein Portrait mit der Politikerin getroffen.
Bundestagsabgeordnete, Mutter, Staatsministerin und Jägerin - bleibt da noch Zeit zum Herunterkommen? Für Dorothee Bär (CSU) ist klar: Das geht. Ihr Mittel zum Zweck ist die Kultur. Als Kuratoriumsvorsitzende des Kissinger Sommers verfolgte sie heuer zahlreiche Konzerte. "2021 hatte eine besondere Qualität - Tilman Schlömps Programm war sehr hochwertig." Nach über einem Jahr Abstinenz meint sie: "Kultur ist systemrelevant. Ich habe während der Pandemie sehr danach gedürstet." Hier kritisiert sie mittlerweile das Tempo der Politik: "Es hätte schneller gehen müssen. Kulturschaffende wie etwa bei Film, Theater wie auch Konzerte hatten eine schwere Zeit." Ihr Ansatz für die Rückkehr der Kultur: klare Konzepte.
Den Fokus legt sie dabei auf die Impfung. "Geimpfte müssen Vorteile haben." Eine Impfpflicht lehnt sie allerdings ab. "Es ist auch eine Frage des zivilgesellschaftlichen Zusammenhalts. Jeder kann eigenverantwortlich etwas dafür tun, dass wir die Pandemie hinter uns lassen." Aber: "Wer sein Impfangebot nicht nutzt, muss Einschränkungen wie kostenpflichtige Tests in Kauf nehmen." Einen neuen Lockdown im Herbst soll es nicht geben - garantieren könne das jedoch niemand. Was für Bär enorm wichtig ist: "Der Unterricht in den Schulen muss stattfinden." Manche Kommune im Landkreis Bad Kissingen tat sich schwer mit dem Kauf von Luftfilteranlagen, um den Präsenzunterricht im Herbst sicherzustellen. Grund waren Informationsdefizite über die notwendige Filterleistung. "Es gibt klare Vorgaben. Der Zugang zu den Informationen sollte jedoch einfacher gestaltet werden." Dass alle Schulen bis Herbst mit Filtern ausgestattet sind, hält sie für realistisch, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen.
Das ist auch ihr Ansatz bei der Digitalisierung an den Schulen: "Der Bund hat seine Hausaufgaben gemacht. Das Geld ist da, es muss aber auch abgerufen werden." Deutschland sei im internationalen Vergleich mit anderen Nationen kein digitales Entwicklungsland. Die Pandemie habe die Digitalisierung beschleunigt. Ein Beispiel sei die vom Bund entwickelte sichere Corona-Warn-App, mit der sich Infektionsketten nachverfolgen lassen und - wie auch mit der "luca-App", in Restaurants einchecken lässt. Derlei Projekte würden allerdings oft einfach hingenommen. "Der Staat ist eben nicht so sexy wie Smudo", kommentiert sie die starken Zugriffe auf die luca-App zur Kontaktverfolgung, die der Rapper Smudo vermarktet hat.
Rurales trifft auf Digitales
Für Bär geht es bei der Digitalisierung um Lebenserleichterung - Verwaltungsdienstleistungen per Mausklick oder die automatisierte Dokumentation in Krankenhäusern. Dem dort grassierenden Fachkräftemangel will Bär etwas entgegensetzen. "Wir müssen den Beruf attraktiver machen." Ihre Schlagworte dafür: Anreize schaffen, Bedingungen anpassen, Entlastung durch Digitalisierung, Ausbildungskosten mindern und Zuwanderung von Fachkräften.
Einen positiven Effekt der Digitalisierung erhofft sich Bär für die Landbevölkerung - etwa über das Homeoffice. "Das werden wir als Partei weiter fördern. Wir brauchen eine neue Balance aus Vertrauensarbeitszeit und -ort. Den wenigsten geht es ja darum, nur noch von zu Hause aus zu arbeiten. Die Leute wollen mit ihren Arbeitszeiten und dem Arbeitsort flexibel sein." Dass Land lebenswert ist - davon ist Bär überzeugt. Das habe die Pandemie bewiesen: "Ich sehe eine Renaissance des ländlichen Raums." Auch im Alter soll das Leben in den eigenen vier Wänden möglich sein. Dazu trage die Digitalisierung - etwa mit Sensorik oder Telemedizin - ihren Teil bei. "Wir sind noch lange nicht am Ende der Möglichkeiten angelangt."
Das "Land" ist für sie eng mit der "Mobilität" verbunden. "Es ist eine Mär zu glauben, dass es auf dem Land irgendwann keinen Individualverkehr mehr gibt." Dieser werde sich zunehmend vom Verbrennermotor hin zu alternativen Antrieben verlagern. Um den Individualverkehr zu reduzieren möchte Bär auf Anreize statt Verbote setzen. Dass die Autoindustrie am Verbrenner-Aus bis 2035 zugrunde geht, wird laut ihr nicht der Fall sein. "Der Klimawandel hat absolute Priorität." Die Bewahrung der Schöpfung sei ein "urchristliches Thema".
Den vom bayerischen Ministerpräsidenten, Markus Söder (CSU), geforderten "Klimaruck" präzisiert sie: "Auf alle öffentlichen Gebäude soll beispielsweise Photovoltaik kommen." Bärs Meinung zur nach wie vor gültigen 10-H-Regel für Windräder: "Es ist eine Kompromisslösung. Jede Kommune kann Ausnahmen bestimmen und eigenständig ein sogenanntes Bauleitplanverfahren einleiten." Großen Zulauf scheint das nicht zu erhalten: Im Freistaat sind laut Tagesschau (22.Juni 2021) im vergangenen Jahr nur drei Windräder gebaut worden.