Das Wohl des Waldes in der Hand
Autor: red
Motten, Montag, 02. Juni 2014
Das Musterprojekt unterstützt Privatwaldbesitzer dabei, ihre Bestände klimafest zu machen. In Motten wird laut Klimarisiko-Karte ein Temperaturanstieg von acht auf zehn Grad Celsius erwartet.
Fast nur Fichte und zu eng gepflanzt: Für die 350 Hektar Privatwald in Motten sehen Forstexperten Probleme heraufziehen. Und nicht nur dort. Speziell Motten ist jetzt für ein Projekt auserkoren: Es soll den 160 Privatwaldbesitzern helfen, ihren Wald auf den Klimawandel vorzubereiten. Geboten ist Beratung, aber auch finanzielle Hilfe.
Dass es Handlungsbedarf gibt, entnimmt Forstliche Fachkraft Peter Bittermann vom Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (Bad Neustadt) einer Klimarisiko-Karte der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Rote Flächen bedeuten: "Hier bekommen reine Fichtenkulturen Stress."
Gestützt wird die Einschätzung durch den erwarteten Temperaturanstieg, geringere Niederschläge und die Bodenqualität. Die Krux dabei: In den Privatwäldern auf Mottener Gebiet sind zu fast 100 Prozent Fichten gepflanzt.
Mit bestem Wissen und Gewissen sei das vor 20 bis 30 Jahren gemacht worden. Das lag nahe, weil auf Grünland junge Fichten nach der Neuanpflanzung am Besten gedeihen. Klimawandel war seinerzeit kein Thema. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bäume zu dicht stehen. Zum Teil mit einem Baum pro Quadratmeter. "Das ist einfach zu kuschelig", betont Bittermann.
Durchforstet wurde wenig. Als Folge dringt kaum Wasser bis zum Boden durch. Es verdunstet in den Kronen. Die Bäume darben. Jetzt also das Projekt. Motten ist auserkoren, weil hier laut Klimarisiko-Karte ein Temperaturanstieg von acht auf zehn Grad Celsius erwartet wird. Die Fichte gedeiht zwischen vier und 7,5 Grad Celsius am besten. Im Rahmen des Projektes beraten Bittermann und Revierleiter Utz Flieger Waldbesitzer. Auf Wunsch stellen sie einen individuellen Nachhaltigkeitsplan mit Bodenanalyse, Bewirtschaftungsmöglichkeiten und geeigneten Baumarten auf.
Wald der Zukunft
Förderung gibt es für die Durchforstung und Neupflanzung von Bäumen. "Der Markt bleibt günstig", sagt Heinrich Hümpfner, stellvertretender Leiter des Staatlichen Forstbetriebs Bad Brückenau, zu den Preisen, die aktuell beim Verkauf von Fichtenholz zu erzielen sind. Die Forstbetriebsgemeinschaft Rhön-Saale helfe bei der Vermarktung. Wie der Wald der Zukunft aussehen könnte, zeigen die Bayerischen Staatsforsten in der Waldabteilung Bambel nahe der hessischen Grenze. Hier wechseln sich klimatolerante Mischbaumarten ab: Fichte, Buche, Douglasie und Lärche unterschiedlichen Alters ergeben ein abwechslungsreiches Blätterdach in gestaffelten Höhen. Hier ist das Windwurf-Risiko viel geringer und Borkenkäfer machen sich nicht breit.
"Es geht nicht darum, die Fichte zu verteufeln", sagt Hümpfner. Ziel sei es, innerhalb der nächsten Waldgeneration (etwa 100 Jahre) ein Viertel klimatolerante Mischbaumarten einzubringen. Die Chancen für den erfolgreichen Waldumbau stehen in Motten auch deshalb gut, weil die Privatwaldflächen mit durchschnittlich noch einem Hektar Größe sinnvoll zu bewirtschaften sind. Anderenorts ist das nicht so.
Dort gibt es Flächen von 0,2 Hektar, die nach der fränkischen
Realteilung dann schon auch mal einer 20- bis 40-köpfigen Erbengemeinschaft gehören.
Demnächst werden die Mottener Privatwaldbesitzer zu einer Führung in die Waldabteilung Bambel eingeladen. Dort erleben sie, wie sich Forstexperten den Wald der Zukunft vorstellen. Wolfgang Dünnebier