Damit es bald wieder rund läuft
Autor: Carmen Schmitt
Bad Kissingen, Freitag, 08. Dezember 2017
Mit der Aktion "Weihnachtshilfe" der Saale-Zeitung kann Miriam Nusser vom Caritasverband Familien aus dem Landkreis neuen Mut machen.
Lukas* war neun, als ein Krebsgeschwür ihm seinen Papa wegnahm. Plötzlich war alles anders - und anstrengend. Vor allem in der Schule. Lukas kann sich nicht mehr so gut konzentrieren, fährt schnell aus der Haut, wird aggressiv. Das Fußballtraining macht ihm keinen Spaß mehr. Früher hat er gern mit seinen Kumpels auf dem Bolzplatz getobt. Jetzt, mit seinen alten ausgelatschten Tretern, traut sich Lukas nicht mehr in die Mannschaft. Doch dann begegnet er Miriam Nusser.
"Mama ist eh immer traurig", sagte er zu ihr. Sein Wunsch nach neuen Sportschuhen kam ihm fehl am Platz vor, erzählt Miriam Nusser. Die 31-Jährige leitet eine der Beratungsstellen des Kissinger Caritasverbands. Zu ihr kommen Familien aus dem Landkreis, bei denen es alles andere als rund läuft. Vom Schulkind bis zum Senior: Sie und ihr Team aus Pädagogen, Psychologen und Sozialpädagogen betreuen Eltern, Kinder und Großeltern. Manche kommen einmal zur Beratung, andere öfter und immer wieder. Mit Spenden der "Weihnachtshilfe"-Aktion der Saale-Zeitung kann Miriam Nusser helfen - unkompliziert und unbürokratisch. "Die Menschen, die bei uns ankommen, sind die, die man nicht sieht", sagt sie.
Die Hälfte ihrer Klienten sind alleinerziehende Mütter und Väter. So wie Lukas Mama. Mit einem Mal lebt die Familie einen anderen Alltag. Stirbt ein Elternteil, ist die psychische Belastung enorm, sagt Miriam Nusser. Dazu rutsche die Familie in eine völlig andere finanzielle Situation. Das Armutsrisiko für Kinder ist hoch, meint sie. "Wie soll eine Mutter ihre Kinder stützen, wenn sie selber fix und fertig ist?"
Hilfe von der Erziehungsberatung
Lukas hat zwei jüngere Geschwister: Sein Bruder ist gerade eingeschult worden und seine Schwester ist seit Kurzem im Kindergarten. Ein halbes Jahr nachdem ihr Vater gestorben war, wurde Lukas ein Drittklässler, den Lehrer einen "auffälligen Schüler" nennen. Sein Klassenlehrer ruft bei der Mama an, um zu besprechen, wie es weitergehen soll. Die alleinerziehende Mutter weiß nicht mehr weiter. Dann klopft sie an der Tür von Miriam Nusser."In der Schule wird es ganz automatisch schwierig, weil das Kind mit den Gedanken woanders ist", sagt sie. Dass Kinder von den Problemen ihrer Eltern nichts wahrnehmen, sei ein Trugschluss, meint die Pädagogin. "Kinder merken alles." So wie Lukas, der seiner Mutter nicht noch mehr aufhalsen wollte. Die steckt mitten in einer depressiven Phase als sie bei Miriam Nusser Rat sucht. Um die psychische Belastung aufzuarbeiten, die der Verlust ihres Ehemannes ausgelöst hat, empfiehlt die Pädagogin eine Therapie. "Kinder brauchen ausgeglichene Eltern. Den Kleinen geht es meist gut, wenn es den Eltern gut geht."
Miriam Nusser überlegt zusammen mit den Familien: Wie kann die Alltagsstruktur aufrecht erhalten werden? Eine Nachmittagsbetreuung für die Kinder sei eine Lösung: Gleichaltrige treffen, beim Sport austoben ... Damit sich Mama oder Papa regenerieren können, meint Miriam Nusser. "Kinder brauchen eine Mama, die gut für sich selber sorgt."