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Bürgermeister spricht von Schande


Autor: Redaktion

Steinach an der Saale, Montag, 28. Februar 2022

Rund 230 Menschen nutzen offensichtlich die Faschingstradition in Steinach, um gegen Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. In der Bevölkerung sorgt das für Verärgerung.
Dieser Demonstrationszug im Bad Bockleter Gemeindeteil Steinach am Faschingssonntag ruft Unmut bei Bevölkerung und Bürgermeister hervor.


Mit Trillerpfeifen und Spruchbändern, teilweise in bunten Verkleidungen, demonstrierten in Steinach nach Polizeiangaben rund 230 Menschen am Faschingssonntag gegen Corona-Einschränkungen. Viele hatten dabei ihre Kinder mitgebracht. Als "Demonstrationszug für die Freiheit unserer Kinder" hatte Organisator Sebastian Rübner die Veranstaltung im Vorfeld über den Mitteilungs-Dienst Telegram beworben und "Schluss mit Test- und Maskenzwang" gefordert. Dort war hinterher von angeblich 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu lesen.

Wie Sophie Berthold, beim Landratsamt Bad Kissingen zuständig für die Abteilung Sicherheit und Ordnung, erklärt, hatte der Organisator seine Veranstaltungs-Anzeige am Freitag während des Anmeldeprozesses zurückgezogen. Da die Kundgebung nun dennoch stattgefunden hat, handle es sich laut Berthold für die Behörde um eine unangemeldete Veranstaltung. Das Landratsamt hat die Möglichkeit, ein Bußgeld zu verhängen. Ob solche Schritte eingeleitet werden, werde man aber erst nach Gesprächen mit der Polizei entscheiden, so Berthold.

Der zuständige Einsatzleiter der Polizei Bad Kissingen, Dominik Fertig, sprach von einem friedlichen, im Grunde reibungslosen Verlauf. "Uns war wichtig, dass es kein Faschingsumzug im herkömmlichen Sinne ist. Was wir natürlich nicht verbieten können, ist, dass Leute in Verkleidungen kommen", so der Polizeioberkommissar.

Faschingsmusik, Helau-Rufe und das Verteilen von Bonbons waren zwar ebenso wie Alkohol beispielsweise untersagt, was Rübner den Mitlaufenden zu Beginn der Veranstaltung auch über Lautsprecher kommunizierte. Ebenso wie, dass es sich eben nicht um einen Faschingszug handle. "Aber den Faschingscharakter konnte man natürlich nicht absprechen. Ort und Zeit waren entsprechend gewählt", so Fertig.

Während beim traditionellen Steinacher Faschingsumzug sonst mehrere hundert Zuschauerinnen und Zuschauer an den Straßen stehen, hielt sich das Interesse der Bevölkerung diesmal stark in Grenzen. Einige spitzten zwar aus den Fenstern und auch am Straßenrand fanden sich vereinzelte Schaulustige. Dennoch zeigte sich: Glücklich waren die Steinacherinnen und Steinacher offenbar nicht wirklich über die Demonstration unter dem närrischen Deckmäntelchen.

Keine Handhabe

Andreas Sandwall, als Bürgermeister von Bad Bocklet verantwortlich für den Gemeindeteil Steinach, wird sehr deutlich: "Ich persönlich halte es für eine Schande, traditionelles Brauchtum für solche Zwecke dermaßen zu instrumentalisieren." Sandwall habe im Vorfeld bereits mehrere Nachrichten bekommen, in denen Einwohnerinnen und Einwohner ihren Unmut geäußert haben.

"Dass wir den Faschingszug in Steinach jetzt zum zweiten Mal haben sausen lassen müssen, tat mir ohnehin schon weh. Dass dann jemand kommt und zur gleichen Zeit die bekannten Strecken für diese Art von Versammlung nutzt, finde ich sehr schade und befremdlich", so Sandwall. Er habe freilich keine Handhabe gehabt, die Kundgebung zu untersagen.

Heimatverein distanziert sich

Wenig begeistert war auch Frank Schmitt vom Steinacher Heimatverein: "Die Steinacher sind sehr empfindlich, was Fasching angeht. Der selbe Zeitpunkt, die selbe Route, die selbe Aufstellung: Für mich ist es eine Frechheit. Es kann natürlich jeder seine Meinung haben, aber wir distanzieren uns davon. Das hat mit unserer Tradition nichts zu tun."

Im Vorfeld habe man über eine Gegenveranstaltung nachgedacht, sich letztlich aber dagegen entschieden. Für Schmitt ist es schade, dass der traditionsreiche Steinacher Fasching mit der Demonstration in Verbindung gebracht wurde: Es habe viele Anfragen an ihn gegeben, viele Leute seien zunächst davon ausgegangen, dass es sich um eine Steinacher Faschingsveranstaltung handle. Simon Snaschel