Das Kommissariat Staatsschutz der Kriminalpolizei Schweinfurt ist wegen eines Falls in Bad Kissingen eingeschaltet. Die Ermittler beschäftigen sich mit einer E-Mail, die unter anderem die Redaktionen der lokalen Tageszeitungen erreicht hat und die ein angehängtes Drohschreiben an den Bad Kissinger Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) sowie seine Stellvertreter Thomas Leiner (CSU) und Anton Schick (DBK) enthält.

Gezeichnet ist die Mail nicht namenlich, sondern mit "We the people". Der Verfasser schreibt, er wolle die Redaktion unterstützen, die Menschen wahrheitsgemäß aufzuklären und zu informieren. Das angehängte Schreiben stellt eine Beziehung zwischen den Bürgermeistern und einer fiktiven "BRiD Finanzagentur GmbH" her - dabei handelt es sich um einen reichsbürgerlichen Begriff, der ausdrücken soll, dass die Bundesrepublik Deutschland kein souveräner Staat, sondern eine privatrechtliche GmbH sei. Was weiter folgt, sind nebulöse Formulierungen, die eine Drohkulisse aufbauen, indem sie die drei Bad Kissinger Lokalpolitiker in die Nähe zu toten Politikern setzen. So enthält das Schreiben auch eine Collage aus redaktionellen Nachrufen für verstorbene Bürgermeister, die deutschlandweit in diversen Lokal- und Regionalzeitungen erschienen sind. Zudem gibt es eine Passage, die herausstellt, warum aus Sicht des Verfassers die Bundesrepublik, die deutsche Verfassung sowie deutsches Recht nicht gelten würden. Es fällt dabei das Schlagwort "Shaef" (siehe Infobox) verbunden mit der Andeutung, dass in Deutschland noch eine Militärregierung existiert. Gezeichnet ist der Drohbrief mit: "Ihre besorgten Bürger, ihre noch Wähler".

Kripo und Staatsanwaltschaft Schweinfurt prüfen strafrechtliche Relevanz

Wie das Polizeipräsidium Würzburg auf Anfrage mitteilt, ist inzwischen das Kommissariat für Staatsschutzangelegenheiten der Kriminalpolizei Schweinfurt aktiv geworden. Die Kripo prüft "in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Schweinfurt den Inhalt des Schreibens aktuell in Hinblick auf seine strafrechtliche Relevanz", erläutert Polizeisprecher Björn Schmitt. Es geht also darum, zu bewerten, ob der anonyme und bislang unbekannte Schreiber mit dem Brief eine Straftat begangen hat.

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Verfasser aus der Reichsbürger-Szene stammt. Laut Schmitt hat die unterfränkische Polizei hin und wieder mit derartigen szenetypischen Schreiben zu tun. Der Brief, der die Redaktion der Saale-Zeitung erreicht hat und der sich an die Kissinger Bürgermeister richtet, ist dagegen für die Kripo neuartig. "In dieser Form ist das bislang jedoch noch nicht im Bereich des Polizeipräsidiums Unterfranken in Erscheinung getreten", sagt der Polizeisprecher. Hinweise auf eine konkrete Gefahr gebe es nicht.

Der Drohbrief ist nach Auskunft des Rathauses nicht bei den Bürgermeistern eingegangen. Dass die politischen Vertreter und die Bad Kissinger Stadtverwaltung mit Reichsbürgern konfrontiert sind, komme vor, sei aber kein alltägliches Problem. Das Schreiben in der Form sei eine neue Erfahrung.

Reichsbürger-Begriff Shaef

SHAEF Seit Frühjahr 2020 hat laut einer umfangreichen Recherche von t-online.de ein Arbeitsloser als "Major Jansen" mit öffentlichen Todesurteilen Angst verbreitet. Er agierte als selbsternannter Befehlshaber der alliierten "SHAEF"-Besatzungstruppen. SHAEF meint historisch das Hauptquartier der alliierten Streitkräfte in Europa im Zweiten Weltkrieg. Es wurde 1945 nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht wieder aufgelöst. Der falsche Major Hansen behauptete gegenüber tausenden Followern auf dem Messengerdienst Telegram, dass er an der Spitze von SHAEF stehe, dass in Deutschland SHAEF-Gesetze gelten und forderte sie auf, deutsches Recht nicht zu befolgen. Via Telegram verbreitete er auch die Todesurteile. Zwischenzeitlich wurde er festgenommen.