Bad Brückenau: Philosoph wird Aufbrecher
Autor: Ulrike Müller
Staatsbad Brückenau, Freitag, 10. Juni 2016
Dr. Gerhard Hofweber bringt zwei Dinge zusammen, die selten in einem Atemzug genannt werden: Philosophie und Wirtschaft. Sein Ansatz hat Charme.
Er hat Bücher im Schrank stehen, also echte Bücher aus Papier. Shakespeare, Jean Paul und die Bibel. Das Historische Wörterbuch der Philosophie, zwölf Bände. Und Seneca, natürlich. Seit Februar wohnt Dr. Gerhard Hofweber mit seiner Familie in der Philosophenvilla im Schlosspark. "Wir haben uns von Anfang an richtig wohlgefühlt. Wir blühen hier richtig auf", sagt er.
Hofweber ist Philosoph und Unternehmer. Er unterrichtete an den Universitäten Bamberg, Augsburg und der TU München, vor 14 Jahren gründete er das Institut für Philosophie und Wirtschaft. Seine Kunden sind vor allem Konzerne und größere Mittelständler. Er bietet Seminare für Führungskräfte an und hat darüber hinaus die Methode der philosophisch-systemischen Beratung entwickelt, die auch Privatpersonen in Anspruch nehmen. "Philosophie ist für mich eine Lebensaufgabe, kein Business. Auch wenn ich es zum Beruf gemacht habe", sagt Hofweber. Was aber hat ein Philosoph im Wirtschaftsforum der "Aufbrecher" verloren?
Kritik an ungebremsten Konsum
"Ein Philosoph ist jemand, der einen auf eine andere Art und Weise zum Nachdenken bringt", antwortet Hofweber. Er beobachtet, dass Firmenziele oft nicht mehr mit den persönlichen Wertvorstellungen der Arbeitnehmer vereinbar sind. Manch ein Konzern führe seine langfristige Strategie ad absurdum, wenn beispielsweise Sparauflagen trotz hoher Gewinne ausgerufen würden. Hofweber bringt es auf eine einfache Formel: "Ich finde, Erfolg ist eine schöne Sache. Aber Glück ist wichtiger." Mit zunehmendem Alter hätten viele Menschen das Gefühl, ihr Leben vergeudet zu haben, weil sie sich den Zahlen unterworfen haben. Überstunden, Erfolg, Geld. Das alles zähle plötzlich nicht mehr. "Wahrer Reichtum hat eine Grenze", sagt Hofweber und bezieht sich dabei auf den Philosophen Aristoteles. Die Aufgabe der Wirtschaft sei, dem Leben zu dienen. Zum Leben aber brauche man nicht unbegrenzt viel, stellt Hofweber fest.Dass diese Aussage ganz offensichtlich im Widerspruch zur herrschenden Wirtschaftsordnung steht, scheint den 46-Jährigen nicht zu kümmern. Er spricht von einer objektiven Ordnung des richtigen Denkens, vom Zusammengehen von Handeln und Fühlen und von einem glücklichen Leben. "Die Leute, die sich auf diesem Weg befinden, kann ich unterstützen", sieht er sich in erster Linie als Impulsgeber. So lautet sein Motto dann auch: Die Lösung ist größer als das Problem.
Hofweber plant nationalen Kongress
Den Kontakt zum Projekt "Aufbrecher" hat die Wirtschaftsförderung des Landratsamts Bad Kissingen vermittelt. Zwei Vorträge plant Hofweber im September: In der Philosophenvilla wird es um das Thema "Erfülltes Leben" gehen und in der Sparkasse Bad Kissingen um "Mut zur Entscheidung". Zudem möchte Hofweber einen nationalen Kongress veranstalten. "Da sind wir aber erst in der Planungsphase."Bereits umgesetzt sind die offenen Themenabende jeden Dienstagabend in der Philosophenvilla. Hofweber will Präsenz zeigen, die Philosophie im Angebot der Staatlichen Kurverwaltung fest etablieren. "Ich sehe es als meine innere Verpflichtung an, die Philosophie im Gespräch zu halten", sagt Hofweber.
Mitte Mai hat die Familie eine Eisdiele im Schlosspark eröffnet. "Die Idee hatte meine Frau", erzählt er. Der leer stehende Pavillon im Wandelgang hat es dem Paar angetan. "Carpe diem" wählten die Hofwebers als Namen aus. Das Zitat stammt vom römischen Dichter Horaz und heißt übersetzt "Pflücke den Tag". Zeit haben, Gespräche suchen und das Leben genießen, diese Einstellung gibt der Philosoph Kurgästen und Einheimischen mit - für 1,30 Euro pro Kugel. "Erfülltes Leben ist eine Kunst", sagt Hofweber abschließend. "Diese Kunst muss man lernen."