Auch in Schweinfurt wird er angefeindet
Autor: Redaktion
Schweinfurt, Mittwoch, 06. April 2022
Alexej Schwarz hat für den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny gearbeitet und lebt jetzt in Schweinfurt. Er kritisiert Präsident Wladimir Putin öffentlich. Das ärgert Mitbewohner und missfällt der Heimleitung.
Alexej Schwarz warnt uns vor: Die Wände seines Zimmers im Übergangswohnheim für Spätaussiedler in Schweinfurt sind hellhörig. Und nicht allen Nachbarn würde gefallen, was er zu erzählen habe. Er möchte nicht, dass wir Ärger bekommen. Alexej Schwarz ist russischer Oppositioneller. Er ist nach Deutschland geflüchtet, weil ihn seine Regime-Kritik in Russland mehrfach hinter Gitter gebracht hat. Womit der 25-Jährige aber niemals gerechnet hätte: Auch hier will man nicht, dass er seinen Mund aufmacht. Mitbewohner in dem Schweinfurter Spätaussiedlerheim würden ihn anfeinden, weil er Putin und seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt und dies öffentlich kundtut, sagt Schwarz. Sie wollten ihn aus dem Haus haben. Am Briefkasten fehle schon sein Namensschild.
Alexej Schwarz ist in Russland kein Unbekannter. Er war Mitarbeiter in der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny. Er zeigt ein gemeinsames Foto mit dem namhaften Oppositionspolitiker auf seinem Smartphone. Es entstand 2019 im Moskauer Büro von Nawalny. "Wir sind uns sehr ähnlich", sagt der 25-Jährige und meint damit nicht nur das Aussehen, sondern auch den Kampfgeist. Doch selbst wenn Nawalny Präsident würde und ihn zurückrufe, werde er nicht mehr zurückkehren. "In Russland habe ich viel Schmerz erlebt."
Alexej Schwarz ist am 8. Juli 2021 aus Russland geflohen. Er war wegen seiner Arbeit für Nawalny und seinem Kampf gegen die Korruption im Land mehrfach inhaftiert und "psychisch gefoltert" worden. Man habe ihn mit Schwerverbrechern in eine Gefängniszelle gesteckt, seine Wohnung und sein Büro durchsucht, Unterlagen, Handy, Rechner und Reisepass beschlagnahmt, erzählt er.
"Ich wollte Russland eigentlich nie verlassen", sagt Schwarz. Doch nach mehreren Festnahmen und insgesamt 100 Tagen Gefängnisaufenthalt fühlte er sich nicht mehr sicher im Land. Nach einer abenteuerlichen Flucht über mehrere Monate, teils zu Fuß, per Anhalter, mit dem Bus, im Lkw und zuletzt mit dem Flugzeug hat der heute 25-Jährige als politischer Flüchtling in Deutschland Asyl und in Schweinfurt eine vorübergehende Bleibe gefunden.
Seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine fühlt sich Alexej Schwarz in seiner Unterkunft in Schweinfurt nicht mehr wohl. In dem Übergangswohnheim der Regierung von Unterfranken leben Spätaussiedler. Sie hätten ihn und seine Familie angefeindet, nachdem er in den Sozialen Netzwerken Kritik an Putin und seinen Unterstützern geäußert habe. Er hatte mit Blick auf das aktuelle Einreiseverbot für Russen gepostet: "Wer vernünftig ist, den soll man ins Land lassen. Wen man aber rausjagen soll, das sind die Russlanddeutschen, die hier zur Tafel gehen und Putins Krieg loben."
Mitbewohner hätten ihn daraufhin "brutal beschimpft" und bedroht, sagt Alexej Schwarz. Mehrere Personen hätten ihn umringt und geschubst. Die Heimleiterin habe ihn dann aufgefordert, keinen Hass im Haus zu entflammen. Als er daraufhin den nächsten Post absetzte, Putin müsse verhaftet und vor Gericht gestellt werden, hämmerte es am nächsten Morgen an seine Zimmertür. Ein Mann habe ihn noch einmal eindringlich gemahnt, die Anweisung der Heimleiterin zu befolgen. Alexej Schwarz ging daraufhin zur Polizei und ließ den Vorfall protokollieren.
Die Heimleiterin bestätigt auf Nachfrage dieser Redaktion, dass sie Alexej Schwarz aufgefordert habe, keine Unruhe und keinen Hass im Haus zu verbreiten. "Ich will nur, dass Ruhe unter den Bewohnern herrscht." Den Vorfall habe sie der Regierung von Unterfranken gemeldet.