Nüdlinger stehen Flüchtlingen offen gegenüber
Autor: Benedikt Borst
Nüdlingen, Donnerstag, 06. November 2014
Nüdlingen wird bis zu 42 Asylbewerber in vier dezentralen Unterkünften aufnehmen. Die ersten Objekte sind gegen Ende November bezugsfertig. Die Gemeinde investiert 15 000 Euro in die Renovierung.
Das Gasthaus Stern mitten im Ortszentrum steht seit Jahren leer und steht kurz davor wieder genutzt zu werden. Die Gemeinde Nüdlingen, die ihn vor etwa zwei Jahren gekauft hat, plant, die Wohnungen in den Obergeschossen als dezentrale Asylunterkunft an den Landkreis Bad Kissingen zu vermieten. "Unsere Verpflichtung als Kommune ist es, bei dieser gesamtstaatlichen Aufgabe mitzuhelfen. Es geht hier um Menschen", sagt Bürgermeister Harald Hofmann (CSU).
Die Gemeinde bietet außerdem ein Objekt in der Burgstraße in Haard und eine alte Lehrerwohnung über der Grundschule in Haard als Flüchtlingsunterkunft an. Ein Privatbesitzer hat in Haard noch eine weitere mögliche Unterkunft gemeldet. Bis zu 42 Menschen könnten so insgesamt in Nüdlingen untergebracht werden. "Das ist etwa ein Prozent der Bevölkerung. Wir sind eine kleine Gemeinde, wir müssen das erst einmal auf die Reihe kriegen", meint Hofmann. "Es wird nicht ohne Probleme ablaufen, aber wir gehen es positiv an."
Gegenstimmen im Landkreis
Derzeit wird das Thema Flüchtlinge überall heiß diskutiert und es gibt durchaus auch prominente Gegenstimmen. In Hammelburg formiert sich Widerstand gegen eine dezentrale Unterkunft in der Stadt, der Markt Wildflecken hofft, verschont zu bleiben und die Stadt Bad Kissingen kündigt an, keine Aufgabe zu übernehmen, zu der sie nicht rechtlich verpflichtet ist.
Gemeinderat ist sich einig
Wie ist die Stimmung in Nüdlingen? Zumindest politisch ist die Lage klar: Der Gemeinderat hat sich bereits Anfang September mit dem Thema befasst und einstimmig beschlossen, die drei Leerstände als Flüchtlingsunterkünfte zu vermieten. Und wie sehen es die Nachbarn? Laut Ritta Helfrich, Schulleiterin der Schlossbergschule, macht es keinen Unterschied, wer in der alten Lehrerwohnung in Haard lebe. "Sie ist abgetrennt vom normalen Schulgebäude, die Schüler kommen mit dem Bewohnern nicht in Berührung ", sagt sie. Die Wohnung wurde schon zuvor vermietet, ohne dass es Probleme gegeben hätte. Helfrich: "Es darf keine Rolle spielen, ob da Flüchtlinge einziehen oder eine andere Familie."
DJK will sich einbringen
DJK-Vorstand Michael Rendl betont das große Integrationspotenzial von Sport. Der Verein haben die Möglichkeit, den Flüchtlingen soziale Teilhabe in Nüdlingen zu ermöglichen. "Sport ist international. Sport verbindet. Integration ist im Sport, gerade für Kinder, viel leichter möglich", sagt er. Im Sport seien sprachliche Barrieren nicht so entscheidend, Handballregeln beispielsweise verstehe man schnell. Rendl kündigte an, dass der Verein bei der Integrationsarbeit eng mit der Gemeinde kooperieren und den Asylbewerbern finanziell (Stichwort: Mitgliedschaft) entgegen kommen werde. "Das ist das, was ein Verein leisten kann. Wir müssen da als größter Verein in Nüdlingen vorangehen."
Bürger mit einbeziehen
"Es gibt bestimmt kritische Stimmen, aber ich habe auch schon viele positive Rückmeldungen erhalten", meint Bürgermeister Hofmann. Er könne das Stimmungsbild in Nüdlingen derzeit nicht überblicken und wartet deshalb das Wochenende ab. Die Gemeinde hat einen Spendenaufruf gestartet. Die Nüdlinger können am Freitag (16 bis 18 Uhr) und Samstag (10 bis 12 Uhr) in der Alten Schule Alltagsgegenstände abgeben, damit die Gemeinde in der Lage ist, die Wohnungen einzurichten. "Wir versuchen, die Bevölkerung einzubinden", erklärt Hofmann. Deshalb ist auch für Freitag, 14. November, ab 19 Uhr ein Infoabend im Feuerwehrhaus angesetzt.
Bürgersaal vorerst auf Eis
Die Gemeinde lässt im Moment die drei Objekte bezugsfertig herrichten. Die Gemeinde investiert dafür etwa 15 000 Euro, das meiste für Möbel, Küchen und Waschmaschinen. Ende November ist nach Angaben Hofmanns das erste Objekt bezugsfertig, wahrscheinlich eines der beiden in Haard.
Das Gasthaus Stern hingegen entwickelt sich zum Problemkind. Die Abwasserrohre müssen überprüft und eventuell die Wände aufgeklopft werden. "Dann kann ich die Bäder auch gleich neu machen lassen", merkt er an. Außerdem seien die Wasserleitungen defekt. Installateure müssen die Obergeschosse mit fließend Wasser versorgen, erst dann kann der Stern als Flüchtlingsunterkunft dienen. Wie viel die Reparaturen kosten, ist unklar. Die Pläne des Heimatvereins, das Erdgeschoss zur Museumswirtschaft umzubauen, seien von der Nutzung als Unterkunft aber nicht betroffen. Einzig die Pläne, den Stern zum Bürgersaal umzufunktionieren, lägen auf Eis.