Neue Technik schon veraltet
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Montag, 23. Februar 2015
Whiteboards galten vor kurzem der neueste Schrei an den Schulen. Doch sie werden kaum noch benutzt. Sie wurden verdrängt von Dokumentenkameras und Flachbildschirmen - und einer uralten Technologie.
Über viele Generationen arbeiteten Lehrer und Schüler in den Schulen mit Tafel, Kreide und Schwamm. Dann nahm die Elektronik ihren rasanten Siegeszug auf und drang auch in die Klassenräume ein. "Neuester Schrei" waren erst vor wenigen Jahren die interaktiven Whiteboards. Doch deren Zeit scheint schon wieder vorbei zu sein.
Während es nach einer Studie vor wenigen Jahren in britischen Schulen etwa 500 000 Whiteboards gab und mehr als 60 Prozent der dortigen Schulen
diesen elektronischen Tafelersatz im Unterricht nutzten, waren es zur selben Zeit in Deutschland gerade einmal 25 000. Lehrer können im Unterricht die Bildschirminhalte ihres Laptops großformatig auf solche Whiteboards projizieren und im weiteren Unterrichtsverlauf notwendige Kommentare statt früher mit Kreide auf eine Tafel jetzt mit Filzstift auf das Whiteboard schreiben.
Als besonderer Vorteil wurde bei Aufkommen dieser Geräte die neue Möglichkeit gesehen, ein so erarbeitetes Tafelbild abspeichern und in einer späteren Unterrichtsstunde weiterverwenden oder den Schülern als Lernunterlage zur Verfügung stellen zu können.
"Diese Technik ist in der Praxis nicht so smart", formuliert es Jens Beck, stellvertretender Schulleiter am Kissinger Jack-Steinberger-Gymnasium, anfangs noch freundlich, wird später aber deutlicher: "Die Technik ist veraltet." Vor etwa 14 Jahren hat sein Gymnasium ein solches Whiteboard bekommen, das neuwertig bis zu 3000 Euro kosten kann. Jetzt wird dieses einst so moderne Gerät noch "irgendwo in einem Physikraum" genutzt. Heute schließen die Lehrer im Unterricht lieber ihren Laptop direkt an große Flachbildschirme an und arbeiten im weiteren Unterrichtsverlauf ergänzend mit modernen Dokumentenkameras als Nachfolger der veralteten Overhead-Projektoren und Beamern zur Projektion.
Dies bestätigt Schulleiter Joachim Schigon in Münnerstadt. Auch im Schönborn-Gymnasium gibt es nur ein einziges Whiteboard in einem Oberstufen-Kursraum. Die Geräte seinen nicht ganz unempfindlich, habe sich in der Praxis gezeigt. "Wer damit umgehen mag", überlässt er dessen Nutzung seinen Pädagogen. Doch er weiß, dass fast alle seiner Kollegen lieber Flachbildschirme zur Präsentation ihrer Laptop-Inhalte im Unterricht verwenden. Zusätzlich werden in den Fachräumen und demnächst in allen anderen Klassenräumen die Dokumentenkameras und Beamer eingesetzt. Schwigon: "Ganz tolle Geräte."
Auch im Frobenius-Gymnasium in Hammelburg hat längst die modernere Technik die veralteten Whiteboards abgelöst. Der als Mitglied der Schulleitung für den Multimedia-Bereich verantwortliche Ingo Schneider findet die Nutzung von Dokumentenkameras und Flachbildschirmen "im Unterricht flexibler". Einen Nachteil haben Flachbildschirme allerdings: "Laserpointer werden vom Bildschirm verschluckt." Der Farbpunkt ist also nicht sichtbar. Vorteile sieht Schneider aber im Fremdsprachenunterricht, da im Gegensatz zum Whiteboard im Flachbildschirm mit Ton gearbeitet werden kann.
Nicht anders ist es im Brückenauer Miltenberger-Gymnasium. Auch hier haben Whiteboards nach Aussage von Schulleiter Stefan Bub "als Medien nicht den zentralen Stellenwert". In seinem Gymnasium hängen zwar seit knapp zehn Jahren solche Geräte in zwei Oberstufen-Fachräumen, werden aber "nur von speziellen Kollegen genutzt". Die Anschaffung zusätzlicher Whiteboards ist nicht geplant.
Im Landratsamt, dem für alle Gymnasien im Landkreis zuständigen Sachaufwandsträger, liegen auch keine Bestellungen vor. Zwar habe man noch vor zwei Jahren für die Realschule drei Whiteboards angeschafft, erklärt EDV-Fachbereichsleiter Walter Manger, doch dies sei "eine auslaufende Technik". Und: "Die Technologie ist ständig in Bewegung."
Es scheint fast, als könne der Mensch mit der rasanten Entwicklung nicht mehr Schritt halten. Was gestern noch der "neueste Schrei" war, ist heute schon veraltet. Da tröstet vielleicht eine Aussage von Jens Beck: "Die gute alte Tafel ist an Schulen immer noch wichtig."