Mysteriöser Mordfall gibt weiter Rätsel auf
Autor: Ralf Ruppert
Zeitlofs, Donnerstag, 26. Sept. 2013
Ein 47-Jähriger aus Unterfranken wurde in der vergangenen Woche tot in Hessen gefunden. Seine Kopfverletzungen hatte er sich möglicherweise bei der Sprengung eines Fahrkartenautomaten 90 Kilometer südlich zugezogen. Aber was ist dazwischen passiert?
Der Mord an einem 47-Jährigen aus dem unterfränkischen Zeitlofs (Landkreis Bad Kissingen) bietet genug Stoff für einen abendfüllenden Krimi - allerdings keinem englischen mit einer Portion schwarzen Humor, sondern einem der blutrünstigen skandinavischen, bei dem sich einem die Haare sträuben: Vermutlich verletzte sich der Mann bei der Sprengung eines Fahrkartenautomaten, wurde dann eineinhalb Stunden verletzt durch die Gegend gefahren und im hessischen Salmünster (Main-Kinzig-Kreis) abgelegt. Trotz eines anonymen Hinweises auf den Verletzten kam jede Hilfe zu spät.
Die Detektivarbeit für die Polizei ist auch deshalb so kompliziert, weil sich die Tat auf drei Bundesländer aufteilt: Das Opfer kommt aus Unterfranken, der Fahrkartenautomat steht an der Bahnhaltestelle Gaubüttelbrunn wenige hundert Meter jenseits der baden-württembergischen Grenze und der Verletzte wurde dann wieder durch bayerisches Gebiet nach Hessen gefahren. Offen ist die Frage, wo er genau gestorben ist - und damit auch, welches Bundesland letztlich für die Ermittlungen zuständig ist. Bislang laufen alle Fäden in Hessen zusammen.
So könnte es gewesen sein: Der 47-Jährige soll dabei gewesen sein, als am Dienstag, 17. September, gegen 1.50 Uhr ein Fahrkartenautomat an der Bahnstrecke Würzburg-Tauberbischofsheim gesprengt wurde. Die Täter setzten dabei offenbar für wenig Münzgeld ihr Leben aufs Spiel: Wegen einer Blutlache am Tatort vermutete die baden-württembergische Polizei gleich, dass sich einer der Täter verletzt haben muss.
Ermittler schweigen noch immer
Im 90 Kilometer Luftlinie und 140 Kilometer über die Autobahn entfernten Salmünster fand eine Polizeistreife nach dem anonymen Anruf den 47-Jährigen um 3.20 Uhr auf einem Parkplatz in der Nähe des Bahnhofes. Nach erfolglosen Reanimationsversuchen wurde um 3.55 Uhr der Tod des Mannes festgestellt. Auch wenn die geringe Menge Blut die Polizisten stutzig machte, ging die hessische Polizei zunächst davon aus, dass der Zeitlofser erschlagen worden war. Auch die Obduktion kam zum Ergebnis, dass die Verletzung am Kopf von einem stumpfen Gegenstand verursacht worden war. Gemutmaßt wurde über einen Baseballschläger.
Dass es das umherfliegende Teil der Explosion war, kam vermutlich erst später als Möglichkeit in Betracht. Rätsel gibt auch der Wagen des Opfers auf: Der wurde etliche Stunden später mit jeder Menge Blut im Innenraum 18 Kilometer weiter in Schlüchtern gefunden. Die Vermutung liegt nahe, dass Komplizen damit das Opfer transportierten und dann weiterfuhren.
Offiziell bestätigt sind all diese Theorien jedoch nicht: Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hanau, Oberstaatsanwalt Jürgen Heinze, hüllt sich seit Tagen in Schweigen - aus "ermittlungstechnischen Gründen" werden die Vermutungen zwar nicht dementiert, aber auch nicht bestätigt. Wenn es sich alles so abgespielt hat, müssten sich die noch unbekannten Komplizen nicht nur wegen unterlassener Hilfeleistung, sondern wegen eines "Verdeckungsmordes durch Unterlass" verantworten.