Musikalisches Weihnachten mit den Klazz-Brothers
Autor: Thomas Ahnert
Bad Kissingen, Montag, 23. Dezember 2013
In der staden Zeit haben die "Klazz-Brothers" gezeigt, warum in Südamerika Weihnachten auch musikalisch ein fröhliches Fest ist. Für ruhige Tage ist immer noch Zeit.
Es ist ja eigentlich die "stade Zeit", in der die Ordnungsämter der Kommunen nicht müde werden, dass vor allem an dem Feiertagen dem ernsten Anlass Rechnung getragen werden müsse. Zum Glück gilt das noch nicht für den Vorabend des 4. Advent, sonst wäre uns ein höchst vergnüglicher Winterzauber-Abend im Großen Saal entgangen. Denn die Klazz Brothers & Cuba Percussion waren wieder einmal da.
Und es drängte sich der Eindruck auf, dass ganz Mittel- und Südamerika über derartige Verordnungen bestenfalls lachen würden. Denn dort hält man Weihnachten deutlicher als in unseren nordischen Breiten für ein echtes Freudenfest.
Man wusste ja ungefähr, was einen erwarten würde, denn die Markenzeichen des Quintetts sind bekannt. Und doch konnte man überrascht feststellen, dass die fünf Musiker noch besser geworden sind. Zum einen haben sie eine mitreißende Performance entwickelt mit kreativer Albernheit, mit viel Tempo und einer guten Light Show. Wenn sie Tschaikowsky beim Wort nehmen und den Russischen Tanz auf fünf Nussknackern spielen, schüttelt man vielleicht den Kopf, aber man hört auch zu, was die fünf Künstler den hölzernen Gesellen an Musik entlocken.
Ein Schwung, der einen mitnimmt
Wenn sie das Publikum zu immer aberwitzigeren Rhythmen auffordern, zu erzeugen mit Pfefferminzpastillen-Schachteln, die es in der Pause zu den CDs dazu gab, war das manchem vielleicht lästig, aber es war auch faszinierend, wie sich die Leute darauf einließen. Nein, ihr Auftritt hatte deutlich gewonnen an Schwung und Ideen. Oder anders gesagt, als Kompliment: Man konnte die Zeit vergessen.
Aber sie haben auch musikalisch zugelegt: Zum einen ist das Trio der Klazz Brothers - Kilian Forster (Kontrabass), Bruno Böhmer Camacho (Klavier), Tim Hahn (Schlagzeug) mit Cuba Percussion, Alexis Herrera Esteves (Timbales), Elio Rodriguez Luis (Congas) - noch enger zusammengewachsen. Und man muss auch sagen, dass die Gruppe durch den Eintritt des kolumbianischen Pianisten deutlich gewonnen hat: Bruno Böhmer Camacho ist ein "Buster Keaton des Klaviers": Er entwickelt die genialsten Streiche, ohne auch nur eine Miene zu verziehen, er kann jeden Unsinn aufgreifen und seinen Mitspielern wunderbare Vorlagen liefern.
Wenn Musik zur Soße wird
Klazz ist ja nicht anderes als die Summe aus Klassik und Jazz, und die Geschichten, mit denen sie ihre Grenzgänge begründen, sind mitunter etwas abenteuerlich: Dass etwa Bach 1722 den Salsa erfunden habe - in seinem wohltemperierten Klavier. Aber dann spielen sie das erste Präludium so aberwitzig schnell, dass die Musik Wirklich zu Salsa = Sauce wird. Da hätte man Bach nicht gebraucht, da hätte man auch Maggi vertonen können.
Aber insgesamt war es schon faszinierend, wie sie sich den klassischen Vorlagen eines Vivaldi, Beethoven (Mondscheinsonate und Ode an die Freude), eines Boccherini ("Ladykiller-Menuett") oder eines Grieg näherten und sich nach einer gewissen Blödelphase ganz ernsthaft mit ihnen auseinandersetzten, sie in den Jazz, Rock, Salsa transponierten und dabei mit enormer Virtuosität ihrer überbordenden Phantasie freien Lauf ließen, bis es krachte, wie sie den südamerikanischen Urwald in den aufgeräumten Großen Saal brachten.
Da ging die Post ab
Nix "stade Zeit"! Da ging die Post ab, da wurde getanzt, da ließ sich das Publikum mitreißen, da sang es, zum Runterfahren und Abkühlen, sogar "Stille Nacht" im synkopierten Viervierteltakt - und nicht einmal schlecht. Jetzt, aber wirklich erst jetzt, kann der ernste Charakter kommen.