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Musik verbindet die Völker


Autor: Björn Hein

Bad Bocklet, Freitag, 02. Januar 2015

Der Auftritt des Moskauer St. Daniels-Chors bewies einmal mehr, wie nah sich die christlichen Konfessionen eigentlich stehen.
Der St. Daniels-Chor (von links): Pavel Klimeskov, Andrey Palamarchok, Dr. Vladislav Belikov und Anatoly Obrastzov. Foto: Björn Hein


Die Weihnachtskonzertreise des St.-Daniels-Chors aus Moskau führte die vier Sänger auch nach Bad Bocklet. Mit ihrem Auftritt begeisterten sie nicht nur das Publikum, ganz nebenbei gelang es Dr. Vladislav Belikov mit seinen Erläuterungen, eine Brücke von Moskau nach Bad Bocklet zu bauen.
Er gab Erläuterungen zur russisch-orthodoxen Liturgie und zeigte auf, wie nah sich doch alle christlichen Konfessionen stehen.

Dabei gab es auch einiges zu entdecken: Klingt doch die Kirchenmusik der Ostkirchen für westliche Ohren oftmals fremd und mystisch. In diese Welt nahm der St.-Daniels-Chor das Publikum mit.

Kräftige Stimmen

Dominierten im ersten Teil des Konzerts noch die geistlichen Weisen, widmete sich der Chor im zweiten Teil der weltlichen Musik und überzeugte in beiden Disziplinen auf ganzer Linie. Unglaublich war die Stimmgewalt der vier Musiker, denen es gelang, ganz ohne Instrumente den Saal nur mit dem Klang ihrer Stimmen auszufüllen.
Bereits beim Einzugslied übertrug sich die Stimmung der vier auf das Publikum, das sogleich sehr andächtig wurde. Stimmgewaltig und harmonisch kam das "Lobe den Herrn meine Seele" nach dem Psalm 103 von Nikolau Nikolajewitsch Dranitsyn daher. Bei den meditativ-sprechgesangähnlichen Passagen war die Leidenschaft, aber auch die Andacht in den Stimmen zu hören. Die Aussprache war - wie bei den anderen Stücken ebenso - sehr klar, auch in schwierigen Passagen.
Klatschten die Zuhörer bei den ersten beiden Stücken noch kräftig Applaus, so bat Belikov darum, sich bei den nächsten Liedern auf die Stimmung zu konzentrieren und sich das Klatschen für den Schluss aufzusparen. Das war ein guter Rat. Denn man fühlte sich wie in einer russisch-orthodoxen Kirche.
Dem "Abendopfer", einer uralten Klostermelodie, war anzumerken, dass es einem gregorianischen Choral entlehnt war. Hier begeisterte der 2. Bass Anatoly Obrastzov mit seiner Stimmgewalt. Der Chor fiel an den entsprechenden Passagen ein und untermalte die ruhigen, gefühlvollen Passagen.
Ein Glanzlicht des Konzerts war das "Mariengebet", einem Stück, dass im orthodoxen Ritus eigentlich zu Mariä Himmelfahrt gesungen wird. "Normalerweise singen dies Chöre mit bis zu 100 Sängern. Heute wollen wir es einmal als Quartett probieren" kündigte des Leiter des Ensembles an. Und er hatte nicht zu viel versprochen. Belikov machte deutlich, dass das "orthodox" nicht für "rechtgläubig", wie es wörtlich übersetzt heißen würde, steht, sondern für "Gott in rechter Weise lobpreisen". Lobpreis bedeutet für russisch-orthodoxe Christen, dass die Musik ein essenzieller Bestandteil des Glaubens ist.

Gemeinsame Gebete

Das "Otsche Nasch", das "Vater unser", das die Christen auf der ganzen Welt miteinander verbindet, zeigte dann, dass christliche Kirchen auf der ganzen Welt auf einen gemeinsamen Gebetsschatz zurückgreifen können. Mit dem russischen Kirchenklassiker "Ich bete an die Macht der Liebe" von Dmytro Bortnjanskyj wurde dann zum weltlichen Teil des Konzerts übergeleitet.

Blick in die Volksseele

Der russische Estrada-Schlager "Moskauer Nächte" von Solowjow-Sedoi, das anlässlich der Spartakiade 1955 geschrieben worden war, ließ tief in die russische Volksseele blicken. Tenor Pavel Klimeskov verstand es, die romantische Melodie mit viel Gefühl in der Stimme zu interpretieren, wobei er von Vladislav Belikov auf dem Klavier begleitet wurde. Der Applaus folgte dabei auf dem Fuß.
Unter die Haut ging auch das bekannte "Es stand ein Soldat am Wolgastrand" aus der Operette "Der Zarewitsch" von Franz Lehár, das Tenor Andrey Palamarchov geradezu meisterhaft zu interpretieren wusste.
Nach vielen weiteren Melodien folgte dann der russische Segenswunsch "Auf viele Jahre", dem sich die überaus gelungene Interpretation des Klassikers "Lady in Red" von Chris de Burgh anschloss. Mit viel Gefühl wusste Palamarchok dieses Stück zu interpretieren. Mit einem "Doswidanja" (russisch: Auf Wiedersehen) endete das Konzert. Dass es dem Publikum gefallen hatte, zeigte der große Applaus am Ende.
Und noch etwas hatte das Konzert erreicht: es zeigte auf, wie nah sich die russische und die deutsche Bevölkerung stehen. Musik verbindet Völker und weckt Verständnis für den anderen: Der Auftritt des St.-Daniels-Chors in Bad Bocklet hat das einmal mehr bewiesen.